Wenn man an die DDR zurückdenkt, erinnert man sich nicht unbedingt zuerst an die gehobene Küche. Aber die gab es natürlich. Vor allen Dingen, wenn der oberste DDR-Bürger, Erich Honecker, Gäste zu bewirten hatte. Dann kamen Speisen auf den Tisch, die sonst nicht in der HO-Gaststätte serviert wurden. Besonders für das letzte große Staatsbankett der DDR wurden die erlesensten Speisen gekocht. Lesen Sie, wie die Menüfolge für den Abend des 7. Oktober 1989 aussah – und was es sonst bei Festessen mit Honecker gab.
Zum 40. Jahrestag der DDR: Der festliche Empfang am Abend des 7. Oktober 1989 im Palast der Republik war das letzte große Festessen der DDR. Geladen waren Staatsgäste aus aller Welt. Der Palästinenserführer Jassir Arafat, der rumänische Staatschef Nicolae Ceausescu, der polnische Präsident Wojciech Jaruzelski. Und natürlich der sowjetische Staatschef Michael Gorbatschow, der den ganzen Tag über verärgert war, dass die DDR, dass der DDR-Staatschef nicht auf die Forderungen der Bürger nach mehr Glasnost (Offenheit) und Perestroika (Umgestaltung) reagierte.
Gorbatschow kam nur kurz zum Festbankett und verschwand
Gorbatschow sah jetzt in Ost-Berlin aus erster Hand, dass Honecker die Situation nicht mehr im Griff hatte. An diesem Tag soll er auch einen Satz gesagt haben, der in die Geschichtsbücher einging: „Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben.“ Tausende wütende Demonstranten zogen durch die Innenstadt, auch der Palast der Republik wurde regelrecht belagert. Rufe wie „Gorbi, Gorbi“ und „Gorbi, hilf“ waren auch im Innern des von Polizei und Stasi gesicherten Gebäudes zu hören.
Gorbatschow hat auch keine Lust, den ganzen Tag mit Erich Honecker zu verbringen. Der sowjetische Staatschef kam nur kurz zum Festbankett und verschwand dann wieder. Siegfried Pasternak, 14 Jahre lang Chefgastronom im Palast der Republik, erinnerte sich später in einem Interview: „Es ist ja nicht normal, wenn der Hauptgast, der da ist, in diesem Fall war das Gorbatschow, sich nur kurz an den Tisch setzt und an dem ganzen Menü nicht mehr teilnimmt und aufsteht und geht, weil er zum Flughafen muss. Also das ist schon ein Punkt, da kam mir das Grauen, weil sie haben ja immer eine Verantwortung für diese Veranstaltung.“
Der Musiker Andrej Hermlin, der engagiert worden war, um zum Fest Swing zu spielen, erinnerte sich bei Arte an den späten Abend jenes 7. Oktobers: „Dieser ganz große Tisch war vollkommen leer. Bis auf einen Stuhl. Und auf diesem Stuhl saß Erich Honecker – völlig allein.“
Auch für Palast-Kellner Heiko Schultz ist dieser Abend unvergessen: „Ich war 18, das war spannend. Gorbatschow zu sehen, Honecker zu sehen“, erzählte er vor Jahren dem Deutschlandfunk. „Die hatten natürlich ihre eigenen Kellner, die ließen sich nicht von Kellnern aus dem Palast der Republik bedienen.“ Doch die Palast-Kellner hatten aber auch etwas davon. Unmengen der feinsten Speisen blieben übrig, für die Kellner war das ein großes Fest, sagte er damals.

Das Menü zum Republikgeburtstag bestand aus vier Gängen: Vorspeise, Suppe, Hautgang und Dessert. Bei den Getränken wurde ganz auf die DDR gesetzt. Auf der Karte standen: DDR-Sekt, DDR-Weine aus Saale-Unstrut und Meißen, Kasoff-Wodka (aus Wilthen), Wilthen Feiner Alter Weinbrand, Edelliköre und Spezialbier aus der DDR sowie Mokka zum Dessert.
Drei Vorspeisen wurden laut Menükarte serviert: Zuchtwachtelbrüstchen auf Maispurée, Forellenröllchen mit Dillsauce und Lachskaviar sowie Schaumbrot von der Räucherzunge. Dazu wurde Weißgebäck gereicht. Danach stand eine Putensuppe mit Pistazienklößchen und Tomatenroyal auf der Karte.
Erich Honecker mochte Forellenröllchen
Beim Hauptgang hatte Erich Honecker für seine Gäste ein Fleisch-Dreierlei ausgesucht – das Filetensemble Trianon. Bestehend aus Kalbsfilet mit Schinkenduxelles, Rinderfilet mit Gemüsebukett und Hühnermédaillons mit Pfirsichhälfte. Dazu gab es Madeirasauce und Kartoffelspezialitäten.
Das Dessert „Surprise“ rundete die Menüfolge ab – verschiedene Eisspezialitäten auf Schokoladen-Marzipan-Biscuit.
Forellenröllchen scheinen auf jeden Fall ein Lieblingsgericht von DDR-Staats- und SED-Parteichef Erich Honecker gewesen zu sein. Denn die standen auch am 13. Januar 1978 auf der Karte, als der passionierte Jäger Honecker zur Jagd in die Wälder bei Erfurt einlud und die Gäste anschließend bewirtete.
Eine der Menükarten von damals wurde vor wenigen Wochen im Internetportal kleinanzeigen.de verkauft. Für 15 Euro. Da las man dann, dass zu den geräucherten Forellenröllchen„ Thüringer Art“ zum Auflockern gleich ein „Feiner alter Korn“ kredenzt wurde.

Danach standen dann überbackene Bohnensuppe mit Kümmelstange, gespickter Rehbraten in Champignon, gegrillte Masthähnchenkeule in Röstspeck und Kasselerrücken in Brotteig in Rotweinsauce auf der Menüfolge. Dazu wurden Thüringer Klöße, Kartoffelgebäck, gebackener Chicorée, Apfelrotkohl, und verschiedene Salate (Spargel, Champignon, Rosenkohl, Kaut, Blumenkohl) serviert.
Wer nach der Völlerei noch Platz hatte, konnte zum Abschluss auf eine Käseplatte zurückgreifen. Abgerundet wurde das Dinner von einem Mokka und Weinbrand „Edel“ aus der DDR.

Ein wenig exotischer war da das Menü, das „zu Ehren seiner Exzellenz des Vorsitzenden des Staatsrats der Deutschen Demokratischen Republik Herrn Doktor Erich Honecker“ bei einem Staatsbesuch in Japan serviert wurde – am 30. Mai 1981 in Osaka, gesponsert von der Nippon Steel Corporation. Auf der Menükarte, die im DDR Museum (Karl-Liebknecht-Straße 1, Mitte) zu sehen ist, werden zehn Gänge aufgelistet. Hier war Erich Honecker mal der Gast.
Los ging es mit verschiedenen gebratenen Vorspeisen (Huhn, Garnele, Eiklösschen, Saubohnen), gefolgt von Sushi (Meerbrasse, Thunfisch, Hummer) und einer klaren Hühnersuppe mit Baumpilzen.
Geschmacksprobe: Honecker musste Seeigel probieren
Beim nächsten Gericht hätte man gerne das Gesicht von Erich Honecker beim Verkosten gesehen. Die Gänseleberpastete wurde nämlich mit Seeigel und Lilienwurzen gereicht. Danach wurde es wieder weniger herausfordernd, fast schon deutsch. Die nächsten Gänge waren grillierte Garnele mit Bratkartoffeln und Bratrost-Rindfleisch mit Baumpilzen und Paprika.