Tausende feiern sie wieder

In der DDR war sie ein Muss: Jugendweihe heißt jetzt nur Jugendfeier!

Die DDR gibt es nicht mehr, aber so manche Rituale sind geblieben. Dazu gehören die Jugendweihefeiern, die in Berlin und Brandenburg in diesen Tagen wieder starten. Nur manche nennen das Fest nicht mehr so.

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Eine Jugendweihe-Urkunde liegt neben einem Blumenstrauß: Die Jugendweihefeiern starten wieder - vor allem im Osten Deutschlands.
Eine Jugendweihe-Urkunde liegt neben einem Blumenstrauß: Die Jugendweihefeiern starten wieder - vor allem im Osten Deutschlands.Andreas Lander/dpa

„Weltall, Erde, Mensch“: So einige Exemplare dieses Buches werden noch in ostdeutschen Bücherregalen zu finden sein. Als Erinnerung an die Jugendweihe, dem Fest, dass Mädchen und Jungen in der DDR zum Eintritt ins Erwachsensein feierten. Eine Feier, die in dem SED-Staat ein Muss war. Die DDR gibt es schon lange nicht. Aber die Jugendweihe lebt in diesen Tagen wieder auf. Nur heißt sie nicht mehr so.

An diesem Wochenende war es so weit. 190 Mädchen und Jungen aus Berlin wurde im Friedrichstadt-Palast die große Bühne bereitet, von der sie nun ins Erwachsenenleben gingen. Eine Aufführung gab es, gestaltet von Jugendlichen. Dann wurden die Jugendweihe-Kandidaten einzeln auf die Bühne gerufen.

Die Feier, mit der die Kindheit beendet wird – sie war am Samstag die Auftaktveranstaltung der Jugendfeiern des Humanistischen Verbands, die besonders beliebt sind. Jugendfeiern: Nein: Das ist mit dem Wort ist kein Schreibfehler. Für die Bezeichnung Jugendfeier hat sich der Verband entschieden, um sich so von den Jugendweihe-Feiern der DDR und deren ideologischer Grundlage abzugrenzen.

Menschlich zu bleiben, sei heute einer der wichtigsten Grundsätze, die man den Jugendlichen auf den Weg geben will, sagt David Driese vom Humanistischen Verband Berlin-Brandenburg. „Bleib du selbst, sei glücklich, mit dem, wie du bist. Gucke nicht nach woanders, sondern schau auf dich selbst und setze dir Ziele“, sagte er im RBB.

Mädchen und Jungen bei einer Jugendfeier im Friedrichstadt-Palast
Mädchen und Jungen bei einer Jugendfeier im Friedrichstadt-Palastepd/imago

Ein Erfolg für den Verband: Die Jugendfeiern als Alternative zu der kirchlichen Konfirmation beziehungsweise Firmung ist schwer im Kommen. Allein in Berlin und Brandenburg haben sich für die Feiern in diesem Jahr etwa 8350 Jugendliche angemeldet, teilte der Verband mit. Damit stiegen die Zahl im Vergleich zum Vorjahr. 2024 nahmen 7374 Jugendliche an der Jugendfeiern des Verbandes teil.

„Über diese Bestätigung und dieses Vertrauen freuen wir uns sehr. Sicherlich spielt dabei auch unser lebensnahes Vorbereitungsprogramm, das im Winterhalbjahr über mehrere Monate hindurch läuft, eine wesentliche Rolle“, sagt Verbandschef Driese.

Die DDR war es nicht: Wer hat die Jugendweihe erfunden?

Aber auch andere Verbände, die an dem Wort Jugendweihe festhalten, vermelden mehr Teilnehmer. Beim Verein Jugendweihe Berlin/Brandenburg haben sich in diesem Jahr über 2.600 junge Menschen für diese Feier entschieden.

Die Alternative zu den kirchlichen Festen: Sie ist keine Erfindung der DDR. Jugendweihe-Feiern gibt es viel länger. Um 1840 gab es in Deutschland in freireligiösen Kreisen diese Feiern. Damit nicht immer das Wort „Konfirmationsersatzfeier“ benutzt wird, schuf der Breslauer Theologe Eduard Baltzer im Jahr 1852 den Begriff „Jugendweihe“.

Jugendweihe in der DDR: Eine Klasse aus Falkensee bei Berlin hat gerade die Zeremonie hinter sich. Die Schüler halten Blumen und ein Buch in den Händen. Das Foto entstand 1982.
Jugendweihe in der DDR: Eine Klasse aus Falkensee bei Berlin hat gerade die Zeremonie hinter sich. Die Schüler halten Blumen und ein Buch in den Händen. Das Foto entstand 1982.imagebroker/imago

Das Ritual ging damals, wie auch in der DDR, vor allem von den Schulen aus: Es gab in den freireligiösen Kreisen „kulturgeschichtlich fundierten Moralunterricht“ für Kinder. Die abschließende Jugendweihe war vor allem eine Feier zur Schulentlassung, deshalb erhielt man sie im Alter von 14 Jahren. Es gab einen Vortrag über die freigeistige Weltanschauung, es wurden Erinnerungsblätter, ein Gelöbnis und ein Gedenkbuch überreicht.

In der DDR war die Jugendweihe fast ein Pflichtprogramm für Achtklässler und ideologisch aufgeladen. Mit der Feier beschließen die Mädchen und Jungen rund um das 14. Lebensjahr symbolisch ihre Kindheit. ■