Ach, der goldene Westen! Was gab es dort für schöne Produkte. Da staunte man als DDR-Bürger. Die Reklame aus dem Westfernsehen zeigte uns im Osten, was zum Glück uns fehlte. In der bunten und duften Intershop-Welt konnten DDR-Bürger sogar die Ware von drüben bestaunen – von Schallplatten, Radio-Rekordern, Fernsehern bis zur Seife. Und wer die richtigen Geldscheine oder Forum-Schecks besaß, konnte sie sogar kaufen. Oder man bekam die Sachen von den Verwandten. Doch nicht alles war immer ein West-Produkt. Selbst die Nivea-Creme nicht. Manches war in Wahrheit „made in GDR“.
Die DDR hatte seit ihrer Gründung ein Problem. Die Ost-Mark war keinen Pfifferling wert. Mit den wertlosen Alu-Chips konnte man nun wirklich nicht auf dem Weltmarkt einkaufen. Da waren D-Mark und US-Dollar gefragt.
Genau die brauchte die DDR, um etwa an Rohstoffe (wie Kaffee) oder technische Waren zu kommen, die die sozialistischen Bruderländer nicht liefern konnten. Mit fast zehn Milliarden US-Dollar stand die DDR bereits in den 70er-Jahren bei westlichen Banken im Minus, heißt es in einem damaligen Stasi-Bericht.
Um an Westkohle zu kommen, bot sich die DDR so manchen Westunternehmen als Billiglohnland an. Gestattungsproduktion hieß das offiziell. Denn der SED-Staat „gestattete“ seit den 70er-Jahren Markenfirmen und großen Versandhäusern, dass sie ihre Waren im Osten für wenig Geld produzieren ließen. Westware in Topqualität. Selbst im Westen ahnte so mancher Käufer nicht, dass er in Wahrheit ein Ostprodukt erwarb.
In Berlin-Oberschöneweide kann man heute noch so einen Betrieb an der Wilheminenhofstraße sehen. Eine Batteriefabrik, die zu DDR-Zeiten Akkus für den Varta-Konzern herstellte. Die Batterien lieferten vor allem den Westtaschenlampen oder Kofferradios die nötige Energie, falls diese nicht auch aus dem Osten kamen.
Vom Autoradio bis zum Kakao-Pulver: So manches Westprodukt war „made in GDR“
Manche Radiorekorder von Stern-Radio oder dem EAW-Treptow wurden auch in westdeutschen Versandhäusern angeboten. Auch RFT-Farbfernseher aus Staßfurt (Sachsen-Anhalt), deren Bildröhren in Lizenz des japanischen Toshiba-Konzerns im VEB Werk für Fernsehelektronik (Berlin-Oberschöneweide) hergestellt wurden, wurden etwa bei „Quelle“ angeboten.

Elektronik-Unternehmen wie Blaupunkt ließen im Osten auch Autoradios in Lizenz herstellen. Im VEB Antennenwerke in Bad Greifenstein (Thüringen) war dies der Fall. Das Modell „Greifenstein“ gab es auch für den DDR-Markt.
So manches Westprodukt, das in der DDR hergestellt wurde, gab es für viele Alu-Chips auch im SED-Staat. Produkte der Schokoladenfirma Trumpf etwa: Deren Kakaopulver-Getränke standen in den Regalen der hochpreisigen Delikat-Läden – oder im Intershop.
Insgesamt 120 Produkte sollen Westfirmen als Gestattungsproduktion in der DDR produziert haben. Dazu gehörten auch Schuhe der Firma Salamander. Ab 1976 wurden sie in mehreren Schuhfabriken des Ostens produziert. Fünf Millionen Paar davon sollen jährlich in DDR-Läden angeboten worden sein.

Auch die legendäre Nivea-Creme kam aus der DDR. Im sächsischen Waldheim wurde sie ausgerechnet in einem Werk hergestellt, das auch die beliebte Florena-Creme produzierte. Allerdings lief dort die blauweiße West-Creme neben der blauweißen Ost-Creme erst im September 1989 vom Band. Zwei Monate später fiel die Mauer.

Selbst Ami-Brause wurde in der DDR hergestellt. Ab 1974 lies Pepsi-Cola in Rostock seine braune Limonade herstellen. Ein Teil der Cola gab es auch in DDR-Läden und in noblen Gaststätten. ■