40. Todestag

DDR-Schlagerstar Bärbel Wachholz: Ihr Name lebt in der Rock-Welt weiter!

Sie war eine Legende, hatte mit dem Schlager „Damals“ einen Hit in Ost und West: Bärbel Wachholz. Der KURIER erinnert an eine großartige Sängerin, die am 13. November 1984 viel zu früh starb.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Bärbel Wachholz in ihrem Garten in Berlin-Buchholz: Das Foto entstand 1979. Es ist eines der letzten Bilder von ihr.
Bärbel Wachholz in ihrem Garten in Berlin-Buchholz: Das Foto entstand 1979. Es ist eines der letzten Bilder von ihr.Gueffroy/imago

Er ist einer der größten Schlager-Hits der DDR. „Damals“ (1960), das Lied, das für so manche bis heute im Osten Deutschlands unvergessen geblieben ist, genauso wie die Künstlerin, die es damals sang: Bärbel Wachholz. Viel zu früh ist der DDR-Star am 13. November 1984 im Alter von 46 Jahren gestorben. 40 Jahre später sind mehr als nur die Erinnerungen an Bärbel Wachholz geblieben. Ihr Name lebt jetzt sogar in der Welt der Rockmusik weiter.

„Damals, damals, damals war alles so schön …“, sang Bärbel Wachholz, einer der wenigen Superstars, die die DDR hatte. Ihr Lied war nicht nur im Osten der Mega-Hit, sondern auch im Westen Deutschlands. Denn am Anfang ihrer Karriere erschienen die Schlager von Bärbel Wachholz zeitgleich auf „Amiga“ und auf dem West-Label „Fontana“.

Und wie es sich für einen echten Superstar gehört, rankten sich damals auch um Bärbel Wachholz wilde Gerüchte. Luxus-Autos, teuren Schmuck dichtete man ihr an. Ein syrischer Scheich wollte Wachholz für 300 Kamele kaufen, Kosmonaut Juri Gagarin reiste ihr hinterher. Lotte Ulbricht, zweite Ehefrau des DDR-Staatsratsvorsitzenden Walter Ulbricht, wollte sie sogar adoptieren – was ihr neben den Gerüchten, sie wäre eine Gespielin des SED-Chefs, den Namen „Ulbrichts Nachtigall“ einbrachte.

DDR-Superstar Bärbel Wachholz: „Ihre Stimme hatte eine besondere Strahlkraft“

An Bärbel Wachholz erinnert heute ein Museum in Angermünde. Noch immer erscheinen ihre Platten, Bücher über sie gibt es. Sogar einen Fan-Klub hat die verstorbene Sängerin, der sich jährlich an ihrem Todestag am Grab des Stars in Berlin-Buchholz trifft. Doch wie war Bärbel Wachholz wirklich? Eine, die es wissen muss, ist ihre Halbschwester Christine Wachholz-Siara (69).

Bärbel Wachholz bei einem Auftritt im alten Friedrichstadt-Palast: Die Sängerin feierte auch im Westen Erfolge, galt damals als gesamtdeutscher Star.
Bärbel Wachholz bei einem Auftritt im alten Friedrichstadt-Palast: Die Sängerin feierte auch im Westen Erfolge, galt damals als gesamtdeutscher Star.United Archives/imago

„Bärbel war nicht nur eine schöne Frau“, sagt sie dem KURIER. „Sie war vor allem eine tolle Sängerin. Ihre Stimme hatte eine ganz  besondere Strahlkraft, einen Umfang von vier Oktaven.“ Damit kam Bärbel Wachholz auch im Westen an. „Dort gab es in den 60er-Jahren kaum echte deutsche Schlagersängerinnen, die vergleichbar mit Bärbel gewesen waren“, sagt die Halbschwester.

Die Künstlerinnen, die im Westen Deutschlands zu jener Zeit auftraten, kamen aus Skandinavien wie Gitte und Wenke Myhre, aus Griechenland wie Nana Mouskouri, aus den USA wie Peggy March oder aus Frankreich wie Caterina Valente. „Letzte brachte Bärbel auch ihren Spitznamen im Westen ein. Man nannte sie die ‚Valente des Ostens‘“, sagt Wachholz-Siara.

Bärbel Wachholz mit Armin Kämpf, den sie später heiratete.
Bärbel Wachholz mit Armin Kämpf, den sie später heiratete.United Archives/imago

Kein Wunder, dass Bärbel Wachholz im Westfernsehen auftrat oder auch auf dem „Feindsender“ Radio Luxemburg zu hören war. Sie galt in den 60ern als gesamtdeutscher Star, der auf internationalen Festivals Preise gewann, sogar auf Tournee-Reisen in Nordafrika und in der arabischen Welt war. Über 600 Lieder krönten am Ende das Schaffen der Sängerin, darunter auch weitere Hits wie „Musik im Blut“, „Treu sein“ oder „Sole, sole“, mit dem sie ein Hauch Italien in die DDR brachte.

Am 20. Oktober 1938 wurde Bärbel Wachholz in Angermünde geboren, wuchs nach Kriegsende und  der Scheidung ihrer Eltern beim Vater und dessen neue Ehefrau in Eberswalde auf. „Das künstlerische Talent hatte sie von unserem gemeinsamen Vater geerbt“, sagt die Halbschwester.

Schlagerlegende Bärbel Wachholz: Die Höhen und Tiefen des DDR-Supertars

Alfred Wachholz war Schauspieler, hatte eine Theatergruppe. Und in der trat auch Tochter Bärbel auf, die eigentlich Fotografin werden wollte. Sie spielte in Märchen mit und sang in Operetten wie das „Im weißen Rössel“ mit. „Für die Aufführungen gab es auch ein Orchester. Dessen Leiter, Max Reichelt, fand Bärbel so gut, dass er sie als Sängerin nahm. Da war meine Halbschwester 16 oder 17 Jahre alt“, sagt Christine Wachholz-Siara.

Bärbel Wachholz bei einem Konzert in den 60er-Jahren.
Bärbel Wachholz bei einem Konzert in den 60er-Jahren.Archiv/BV

Mit ersten Rundfunkaufnahmen in Berlin (1957) begann ihre Karriere. „Auch Heinz Quermann wurde auf Bärbel aufmerksam, das gab ihrer Karriere noch einen weiteren Schub“, so die Halbschwester.

Beim Rundfunk lernte Bärbel Wachholz den Schlagersänger Armin Kämpf kennen. Ihren Mentor und Manager heiratete sie am 9. April 1962. Als 1970 ihr Sohn Stephan zur Welt kam, zog sich die Sängerin aus der Öffentlichkeit zurück.

Nicht nur die Geburt des Sohnes war der Grund. Bärbel Wachholz erlebte auch die Tiefen ihres Star-Lebens. Sie trank vor ihren Auftritten. Und sie war schwer krank. Wegen Probleme mit Leber und Bauchspeicheldrüse musste sie zweimal operiert werden, später hatte sie noch Diabetes.

„Es war tragisch“, sagt ihre Halbschwester. „Sie versuchte alles zu kaschieren, wollte wieder auf die Bühne.“ Doch die Comeback-Versuche scheitern. Im Januar 1984 hat Bärbel Wachholz in der TV-Show „Spiel mir eine alte Melodie“ von Heinz Quermann ihren letzten öffentlichen Auftritt. Zehn Monate später stirbt sie im Alter von nur 46 Jahren.

Dass der Name Wachholz aber musikalisch bis heute weiter lebt, dafür sorgt Halbschwester Christine Wachholz-Siara mit ihrer Familie. Auch sie ist Sängerin geworden – aber eine Rocksängerin. Nach der Wende war sie 28 Jahre lang mit der Band Fifties And Later unterwegs.

DDR-Schlagerstar Bärbel Wachholz: Ihre Familie lässt ihre Songs so richtig rocken

„Wenn ich auf der Bühne auch Songs von Bärbel mit der Band sang und diese jetzt auch solo singe, klangen diese natürlich richtig rockig“, sagt Wachholz-Siara. „Blues, Rock und Soul sind mein Leben.“

Und Schlager? „Damit kann ich nichts anfange. Ich kam 16 Jahre nach Bärbel auf die Welt, bin mit den Beatles aufgewachsen. Das hat mich geprägt.“

Christine Wachholz-Siara: Sie singt viele Songs ihrer Schwester Bärbel, nur viel rockiger.
Christine Wachholz-Siara: Sie singt viele Songs ihrer Schwester Bärbel, nur viel rockiger.Privat

Dabei befürchtete Bärbel Wachholz, ihre Halbschwester könnte zur „Konkurrenz“ werden. „Als ich 1975 an der Musikhochschule ,Hans Eisler‘ erfolgreich meinen Abschluss machte, fragte mich Bärbel, unter welchen Namen ich auftreten würde. ,Denn zwei Sängerinnen mit dem Namen Wachholz verträgt die Branche nicht‘, sagte sie mir. Aber Bärbel hatte sich schnell beruhigt, als sie merkte, dass ich ganz andere Wege gehen werde.“

Ingo und Helge Siara (Mi. und li.) haben mit ihrer Band The Wake Woods (Die Wachhölzer) den Namen ihrer berühmten Tante in die Rockwelt gebracht.
Ingo und Helge Siara (Mi. und li.) haben mit ihrer Band The Wake Woods (Die Wachhölzer) den Namen ihrer berühmten Tante in die Rockwelt gebracht.Christoph Mangler

Aber nicht nur Halbschwester Christine sorgt heute dafür, dass der Name Wachholz heute richtig rockt. Auch ihre Söhne Ingo und Helge Siara, die Neffen von Bärbel Wachholz, bringen den Namen in der Rock-Welt so richtig zum Klingen – und das weltweit.

Vor fast zehn Jahren gründeten sie die Berliner Band The Wake Woods – als Anspielung auf den Familiennamen ihrer Mutter und Tante, die in der DDR ein Star war. „Bärbel wäre sicher stolz auf die Jungs“, sagt Halbschwester Christine. Denn die „Wachhölzer“ tourten mit Deep Purple und Status Quo, spielten vergangenes Jahr mit der Rocklegende The Who, unter anderem in der Berliner Waldbühne.

„Mit meinen Söhnen habe ich auch einige Songs von Bärbel gespielt. Jetzt sind sie gerade mit dem neuen Album ,Berlin Bang!‘ auf ihrer ersten Spanien-Tour“, sagt Christine Wachholz-Siara. Erst Schlager, jetzt Rock – der legendäre Name Wachholz erobert weiter die Musikwelt. ■