Blaue Jacke, rote Bäckchen

Kennen Sie noch „Peter im Tierpark“? Das Geheimnis des DDR-Gemäldes

Dieses Gemälde weckt Erinnerungen bei vielen, die im Osten aufwuchsen. Und das nicht ohne Grund. Warum wurde „Peter im Tierpark“ so berühmt?

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Das Gemälde „Peter im Tierpark“ gehört zu den berühmtesten Bildern der DDR, hing in nahezu allen Kindergärten und Schulen.
Das Gemälde „Peter im Tierpark“ gehört zu den berühmtesten Bildern der DDR, hing in nahezu allen Kindergärten und Schulen.Archiv

Jeder Mensch hat beim Nachdenken über vergangene Phasen seines Lebens andere Erinnerungen – Erinnerungen, die bei vielen gleich sind, sind äußerst selten. Doch beim Blick auf dieses Bild dürfte bei vielen ein Glöckchen im Kopf klingeln: „Peter im Tierpark“ gehörte zu den berühmtesten Gemälden in der DDR und ist bei den Menschen, die damals aufwuchsen, fest im Kopf verankert. Der Grund: Es hing in den meisten Schulen und Kindergärten der DDR, wurde in zahlreichen Lehrbüchern abgedruckt. Ob man es gruselig fand oder mit Freude darüber staunte: An dem Bild kam, wer im Osten aufwuchs, eigentlich nicht vorbei. Was hat es mit dem Gemälde auf sich, welche Geschichte verbirgt sich dahinter – und warum wurde es zum berühmtesten Bild der DDR?

Peter im Tierpark von Harald Hakenbeck ist eines der berühmtesten Bilder der DDR

Es gibt Dinge, an denen wir im Alltag eher vorbeigehen – und die doch einen festen Platz in unseren Erinnerungen bekommen. Weil sie einfach immer da sind, weil wir nicht an ihnen vorbeikommen. Dazu gehört auch dieses berühmte Gemälde: „Peter im Tierpark“ von Maler und Grafiker Harald Hakenbeck gehört neben dem bekannten Bild „Am Strand“ von Walter Womacka zu den populärsten Bildern der DDR. Ein kleiner Junge steht in einem Waldstück, eingehüllt in einen dicken, blauen Wintermantel, im Hintergrund stehen Wildschweine zwischen den Bäumen: Das einfache Motiv weckt noch heute bei vielen Menschen Erinnerungen an das Aufwachsen in der DDR.

Der Junge in dem Gemälde – es ist der kleine Peter – war zu der Zeit, als das Bild entstand, etwa vier Jahre alt. Er trägt seine blaue Jacke und eine Mütze mit Ohrenklappen, hat die Hände in den Taschen seiner Jacke vergraben. Seine Wangen sind gerötet. Er blickt dabei den Betrachter des Bildes direkt an. Im Intergrund sieht man einen Ausschnitt des Berliner Tierparks: Mehrere kahle Bäume sind abgebildet, dazwischen Tiere: Wildschweine auf der rechten Seite, ein Kamel auf der linken, in der vorderen rechten Ecke des Bildes versteckt sich Pfau. Das Bild ist 66 mal 46 Zentimeter groß, wurde mit Ölfarbe auf Leinwand gemalt und ist unten rechts von Harald Hakenbeck signiert.

Wer in der DDR Kindergarten oder Schule besuchte, kennt vermutlich auch das Gemälde „Peter im Tierpark“.
Wer in der DDR Kindergarten oder Schule besuchte, kennt vermutlich auch das Gemälde „Peter im Tierpark“.Detlev Konnerth/imago

Der kleine Peter im Bild ist der Sohn des Künstlers selbst, allerdings entstand das Bild laut Berichten nicht in dem berühmten Berliner Park, sondern in einem Atelier in der Nähe der Wohnung von Hakenbeck in Berlin. Gemalt wurde es 1960, die Erfolgsgeschichte des Gemäldes begann aber erst zwei Jahre später: Auf der Fünften Deutschen Kunstausstellung in Dresden wurde es 1962 erstmals gezeigt, dann kaufte das Ministerium für Kultur das Bild an. Es wurde in Ausstellungen gezeigt, wo sich die Menschen in der DDR regelrecht in das Gemälde verliebten! Die Folge: „Peter im Tierpark“ wurde zu einem der am meisten reproduzierten Bildern der DDR.

„Peter im Tierpark“ zeigt den Sohn des Künstlers im Berliner Tierpark, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, im Hintergrund Wildschweine und ein Kamel.
„Peter im Tierpark“ zeigt den Sohn des Künstlers im Berliner Tierpark, die Hände tief in den Manteltaschen vergraben, im Hintergrund Wildschweine und ein Kamel.Archiv

Wie auch „Am Strand“ von Walter Womacka in vielen Wohnzimmern hing, schaffte es „Peter im Tierpark“ von Harald Hakenbeck in die Kindergärten und Schulen des Landes. Außerdem wurde es in Schulbüchern in verschiedenen Fächern abgedruckt – und natürlich in Form von Portkarten oder Kunstdrucken verbreitet. Erst kürzlich weckte ein Beitrag in der Facebook-Gruppe „Kind der DDR“ bei vielen Nutzern die Erinnerungen an vergangene Zeiten. „Hing in fast jeder Kindereinrichtung – Krippe, Kindergarten. Ist aber auch ein schönes Bild“, schreibt eine Nutzerin. „Hat in unserem Klassenraum gehangen“, erinnert sich eine andere.

Eine Frau gibt sogar an, sie habe in der Schule einen Aufsatz über das Bild schreiben müssen. Andere erinnern sich daran, dass „Peter im Tierpark“ in ihrem Raum für Kunsterziehung in der Schule hing oder in bestimmten Büchern abgedruckt war. „Das Bild hing, wie Honi, überall“, heißt es in einem Kommentar. Eine Nutzerin kommentiert, dass das Bild noch heute in der Kindertagesstätte hänge, in der sie arbeitet. Und eine schreibt: „Ich fand das damals so gruselig im Kindergarten.“ Das liegt womöglich an Peters starrem und ernstem Blick, der direkt auf den Betrachter gerichtet ist.

Nachdrucke von Peter im Tierpark schmückten Kindergärten und Schulen der DDR

Übrigens: Während unzählige Nachdrucke Kitas und Schulen schmückten und schmücken, ist das Original heute sicher verwahrt. Es befindet sich aktuell als Dauerleihgabe der Bundesrepublik Deutschland in den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und wird in der Gemäldegalerie Neue Meister ausgestellt. Auch in mehreren Sonderausstellungen war es in der Vergangenheit zu sehen, etwa von Juni 2018 bis Januar 2019 in einer Schau zum Thema Malerei in Ostdeutschland der Staatlichen Kunstgalerie in Dresden. Und was wurde aus Harald Hakenbeck, dem Maler? Ihm verhalf das Bild „Peter im Tierpark“ zum Durchbruch, seine Kunst wurde auf nahezu allen wichtigen Ausstellungen der DDR gezeigt. Heute ist er 98 Jahre alt und lebt in Berlin. ■