Streit um die Rente

Zwei junge Ossis könnten uns richtig die Rente vermiesen

Friedrich Merz' Nachwuchs in der CDU probt den Aufstand und droht damit, das Rentenpaket der Koalition platzen zu lassen.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Philipp Amthor und Bundeskanzler Friedrich Merz haben gerade nicht viel Spaß miteinander. Es gibt Beef wegen der Rente.
Philipp Amthor und Bundeskanzler Friedrich Merz haben gerade nicht viel Spaß miteinander. Es gibt Beef wegen der Rente.dpa

Achtzehn junge CDU/CSU-Abgeordnete, allesamt unter 35 Jahren, wirbeln die Renten-Republik gerade richtig durcheinander. Eigentlich war die Rentenreform der schwarz-roten Koalition bereits beschlossene Sache. Das Rentenniveau soll, wenn es nach Friedrich Merz und Bärbel Bas geht, mindestens bis 2031 bei 48 Prozent, und am liebsten auch darüber hinaus, gesichert werden. Mehrkosten sollen durch Steuern finanziert werden.

Doch diese Rechnung haben Merz und Co. ohne die Jungen gemacht, denn die müssten schlussendlich zahlen. Die Junge Union (JU) erhöht den Druck auf die Partei: In einem Interview mit der dpa drohte der JU-Vorsitzende Johannes Winkel erneut mit Ablehnung des Rentenpakets im Bundestags, falls es keine Änderungen gibt. „Das ist die Position der Jungen Gruppe, diese folgt aus einem Beschluss, und dieser Beschluss gilt.“

Zwergenaufstand in der Union

Der CDU/CSU-Nachwuchs probt den Zwergenaufstand in der Union. Mittendrin, neben Helmut Kohls Enkel Johannes Volkmann, auch zwei Ossis in der „Jungen Gruppe“: Philip Amthor aus Greifswald und Anna Aeikens aus dem Wahlkreis Börde – Salzlandkreis.

Stets korrektes Auftreten: Philipp Amthor in seinem Abgeordnetenbüro im Paul-Löbe-Haus in Berlin Mitte.
Stets korrektes Auftreten: Philipp Amthor in seinem Abgeordnetenbüro im Paul-Löbe-Haus in Berlin Mitte.Thomas Meyer/OSTKREUZ

Das Vorhaben sei eine zu große Hypothek für die junge Generation, findet die „Junge Gruppe“ in der Unionsfraktion und drohen damit, das Rentenpaket der schwarz-roten Regierung im Parlament platzen zu lassen. Die nötige Mehrheit dazu hätten sie.

Generationen-Sprengstoff in der CDU

Die „Junge Gruppe“ in CDU/CSU hat 18 Mitglieder, viele Männer, meist aus dem Westen, drei Frauen, zwei Ossis. Zusammen verfügen Union und SPD im Bundestag über 328 Stimmen – das sind nur zwölf mehr, als für eine absolute Mehrheit notwendig sind. Wenn sich also die 18 Jungen sich querstellen, wird es brenzlig für die kommenden Rentner.

Generationen-Sprengstoff, den auch die zwei Mitglieder der Jungen Gruppe der CDU/ CSU-Bundestagsfraktion aus dem Osten mittragen.

Zwei Ossis rütteln an der Rente

Da ist zum einen Philipp Amthor, mit einem Bundestagsmandat für die Mecklenburgische Seenplatte und Vorpommern-Greifswald. Der 33-Jährige ist wegen seines konservativen Auftretens mit Anzug und Aktentasche schon einmal als „der älteste 26-Jährige Deutschlands“ verspottet worden. Neulich versuchte er sich in einem TikTok-Video am Slang der Generation-Z.

Wenn es um die Rentengerechtigkeit geht, versteht der 33-Jährige aber keinen Spaß. Geboren in Ueckermünde, wuchs er bei seiner alleinerziehenden Mutter, die Werkzeugmacherin lernte und später als Callcenteragent arbeitete, in Torgelow auf. Eine üppige Rente dürfte sie aus diesen Jobs nicht erwarten.

Anders Sohnemann: Nach dem Politikstudium in Greifswald, das Amthor mithilfe eines Adenauer-Stipendiums absolvierte, ist er seit 2008 Mitglied der CDU und leitete den dortigen Landesverband in Meck-Pomm bis Mai 2025 als Generalsekretär.

Konservativ, bis es knarzt

Amthor ist konservativ bis es knarzt, spricht sich gegen Gender-Mainstreaming, Abtreibung und die Einführung der gleichgeschlechtlichen Ehe aus. Einst stolperte er darüber, dass er seine Beteiligung an einem US-Start-up samt Aktienoptionen nicht sauber von gleichzeitigen Lobby-Aktionen trennen konnte. Amthor zog daraufhin seine Kandidatur für den CDU-Landesvorsitz in Mecklenburg-Vorpommern zurück.

Heute ist der Mann mit der Brille und dem Seitenscheitel Staatssekretär im Ministerium für Digitales. Dass sein Büroleiter Mitglied einer richtig rechten Greifswalder Burschenschaft mit jeder Menge AfD-Kollegen gewesen sein soll, stört ihn nicht, Privatsache sei das.

Arbeitnehmer sollen länger arbeiten

Im Hinblick auf die Menschen im Land, ist Amthor dafür, dass sie länger arbeiten, wenn sie können: „Wir wollen den Menschen ein Bild geben, dass es sinnvoll ist, dass diejenigen, die länger arbeiten können und motiviert sind, länger zu arbeiten, dafür auch belohnt werden“, sagte er der Welt.

Den Entwurf zur Rentenreform lehnt die CDU/CSU-Landesgruppe Mecklenburg-Vorpommern ab: „Er verlagert einseitig Lasten auf die Beitragszahler. Diese Leistungsausweitung ist nicht solide gegenfinanziert und wird die bestehenden finanziellen Schwierigkeiten weiter verschärfen.“

Gegenwind gegen Rentenpläne aus dem Osten

Auch Amthors Kollegin und stellvertretende Vorsitzende der „Jungen Gruppe“, Anna Aeikens, spricht sich für mehr Generationengerechtigkeit aus. Aeikens hat Politik-Luft schon von ihrem Vater geschnuppert. Sie ist die Tochter des CDU-Politikers Hermann Onko Aeikens und stammt aus Magdeburg.

Anna Aeikens im Deutschen Bundestag, sie ist stellvertretende Chefin in der „Jungen Gruppe“ der CDU/CSU-Fraktion.
Anna Aeikens im Deutschen Bundestag, sie ist stellvertretende Chefin in der „Jungen Gruppe“ der CDU/CSU-Fraktion.IMAGO/dts Nachrichtenagentur

Seit 2025 sitzt sie für den Wahlkreis Börde – Salzlandkreis im Deutschen Bundestag. Generationengerechtigkeit ist auch dort ein Thema. In einer ihrer Reden sagte Aeikens, dass Tradition und Fortschritt keine Gegensätze seien, sondern sich ergänzen müssten. Die Verantwortung gegenüber künftigen Generationen sei zentral.

Stimmt der CDU-Nachwuchs gegen das Rentenpaket?

Auf eine Frage bei Abgeordnetenwatch.de, ob sie gegen das Rentenpaket stimmen wolle, antwortetet sie: „Ich möchte zunächst betonen, dass sich die auch von mir mitgetragene Kritik der Jungen Gruppe der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nicht darauf bezieht, das Rentenniveau bei 48 Prozent bis zum Jahr 2031 festzuschreiben. Dazu stehen wir. Kritisch sehen wir aber, dass der aktuelle Gesetzentwurf von Bundesministerin Bas zur Stabilisierung der Renten deutlich über die Vereinbarungen des Koalitionsvertrages hinausgeht, wodurch bis zum Jahr 2040 geschätzte Mehrkosten von rund 115 Milliarden Euro entstehen würden. Diese Kritik haben wir in den letzten Wochen an mehreren Stellen zum Ausdruck gebracht.“

Der Knackpunkt für Friedrich Merz Nachwuchs ist, dass im aktuellen Entwurf das Rentenniveau auch nach 2031 einen Prozent höher liegen soll als nach derzeit geltendem Recht. Die Jungen rechnen vor, dass damit bis 2040 etwa 115 Milliarden Folgekosten entstünden, und über 370 Milliarden bis 2050.

Showdown im Rentenstreit

Seit Freitag kommt die Junge Union zu ihrem diesjährigen Deutschlandtag in Rust in Baden-Württemberg zusammen. Die gesamte Führungsriege der Union reist an, am Samstag spricht Friedrich Merz, der das Thema zur Chefsache erklärt und versprach, sich persönlich um eine Lösung zu kümmern. Showdown im Rentenstreit, bei dem Wolfgang Bosbach (CDU) schon im Vorfeld die Jungen warnt, mit dem Scheitern der Koalition zu kokettieren: „Ich möchte mir gar nicht vorstellen, wie es im Land weitergeht, wenn die Koalition keinen Erfolg hat.“  Die Jungen hingegen warnen vor einem „brutal harten Kongress“, sollte der Kanzler weiter auf SPD-Linie bleiben.

Wie sehen Sie es, sollten immer weniger Junge für immer höhere Renten der Boomer aufkommen müssen? Schreiben Sie uns an leser-bk@berlinerverlag.com