Sie ist eine der Attraktionen in der Köpenicker Altstadt. Die Schloßplatzbrauerei, die mit 35 Quadratmetern die kleinste Bierbrauerei Deutschlands ist. Ganz in der Nähe hatte einst Schuster Wilhelm Voigt als falscher Hauptmann von Köpenick die Rathauskasse geplündert. Über 100 Jahre später sorgt nun der Bezirk für eine neue Posse, die auch viel Unterhaltungswert hat. Die Behörden verbieten einen Pavillon, den Brauerei-Wirtin Astrid Rubbert (75) zum Schutz ihrer Gäste im Freien aufgestellt hat. Begründung: Der Pavillon würde das Erscheinungsbild der denkmalgeschützten Altstadt verschandeln.
Momentan sind in der Mini-Brauerei die Handwerker. „Nach 20 Jahren gönnen wir dem Bier-Lokal eine Schönheitskur“, sagt die Wirtin. Nebenbei läuft der Ausschank aber für die Gäste. Denn die Besucher kommen weiter, freuen sich auf die zehn Biersorten, die die Brauerei im Wechsel anbietet. Besonders beliebt ist das Kirsch-Chili-Bier, das Rubberts Sohn Maximilian (32) braut. Es erinnert an eine Weiße mit Himbeerschuss, soll aber noch besser schmecken.

Da die kleinste Brauerei Deutschlands naturgemäß im Innern nicht viel Plätze hat (momentan sind es 35, nach der Renovierung werden es knapp 50 sein), müssen Besucher auf die etwa 60 Außenplätze ausweichen. Im Freien schmeckt ja auch Bier am besten. Und damit dort die Gäste bei allen Wetterlagen gut geschützt sind, hat sich die Wirtin vergangenes Jahr einen Pavillon für knapp 2000 Euro angeschafft und aufgestellt.
Recht schmuck sieht er aus. Auf vier Metallstangen steht der Pavillon da, die ein Plexiglasdach stützen. Nach allen Seiten ist er offen, damit die Gäste an den Tischen neben dem frisch gezapften Gerstensaft auch den schönen Blick auf die Köpenicker Altstadt genießen können.

Nicht nur das: „Der Pavillon bietet nicht nur Schutz vor Regen, sondern auch vor starker Hitze“, sagt Rubbert. Schließlich habe Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ja nicht umsonst 2023 einen Hitzeschutzplan für die Kommunen vorgelegt, um die Bevölkerung besser gegen sehr hohe Temperaturen im Sommer zu schützen, meint die Wirtin. Und ihr Pavillon trage dazu bei, denn mit seinen zwölf Quadratmetern sorgt er für genug schattige Plätzchen.
Ärger wegen Pavillon: Köpenicker Amt macht Brauhaus-Wirtin Probleme
Alle könnten zufrieden damit sein. Doch die Brauerei-Wirtin hat die Rechnung ohne die Behörden gemacht. Denn das Bezirksamt Treptow-Köpenick teilt nicht ihre Ansicht und findet das Konstrukt alles andere als schön. Es fordert, dass das Gebilde jetzt sofort verschwindet.
Der Ärger fängt bereits vor einem Jahr an, als im März 2023 ein aufmerksamer Mitarbeiter des Straßen- und Grünflächenamtes den Pavillon auf dem Schloßplatz in Köpenick sichtet und seine Beobachtung meldet. Die Reaktion folgt prompt.
Es meldet sich die Straßenverkehrsbehörde, die moniert, dass der Pavillon auf öffentlichem Straßenland steht und die Wirtin dafür keine Genehmigung hat. Rubbert spricht im Bezirksamt vor. Da macht man ihr den Vorschlag, sie solle doch Sonnenschirme zum Schutz statt des Pavillons aufstellen.
„Die hatte ich doch zuvor“, sagt die Wirtin. „Doch diese drohen, trotz Verankerung, bei Windböen auf dem Schloßplatz umzustürzen. Und in den Boden des Platzes darf ich die großen Schirme auch nicht einbetonieren, damit sie genug Standfestigkeit haben.“ Darum hat Rubbert sich doch den Pavillon besorgt, der an Pflanzensteinen verankert, nun viel sicherer gegen Windböen sei.

Also beantragt sie eine Ausnahmegenehmigung. Die wird aber nicht erteilt. Denn nun argumentiert der Bezirk: Im Notfall könne man den so beschwerten Pavillon nicht „zügig“ vom Platz räumen, wenn es die Sicherheitslage einmal erfordern würde. Die Wirtin sagt dagegen: „Den Pavillon kann man genauso leicht entfernen, wie die Stühle, Tische und Schirme anderer Lokale in der Altstadt, die auch auf öffentlichem Straßenland im Freien stehen.“
Doch das Bezirksamt pocht auf sein Recht und beglückt im Sommer 2023 die Brauerei-Wirtin mit einem Beräumungsbescheid. Dagegen legt sie im vergangenen Juli Widerspruch ein.
Köpenicker Amt droht: Räumt Brauerei-Wirtin nicht den Pavillon, macht es der Bezirk

Erst neun Monate später flattert der Wirtin jetzt das Antwortschreiben der zuständigen Stadträtin Claudia Leistner (Grüne) ins Haus. Diese weist nun Rubberts Widerspruch endgültig als „unbegründet“ zurück. Die Wirtin muss jetzt den Pavillon räumen. Wenn nicht, droht die Stadträtin damit, dass „unweigerlich die Ersatzmaßnahme“ zulasten der Brauerei-Chefin erfolgen würde, also die Beräumung durch den Bezirk, die man ja nicht anstreben wolle.
In dem Schreiben (liegt dem KURIER vor) führt die Grünen-Politikerin nicht nur die alten Ansichten des Bezirksamtes noch einmal auf. Sie erklärt nun auch, warum ihre Behörde keine Sondergenehmigung für den Pavillon erteilen wird. Denn diese würde das Interesse des Denkmalschutzes entgegenstehen, heißt es.
„Der Schloßplatz ist ein eingetragener Bestandteil des denkmalgeschützten Ensembles Alt-Köpenick“, steht in dem Schreiben der Stadträtin. „Die Problematik ist … die Veränderung des denkmalgeschützten Lokalkolorits der Altstadt Köpenick.“

Köpenicker Amtsposse wegen Pavillon: Brauerei-Wirtin will sich nicht kampflos ergeben
Mit anderen Worten: Der Pavillon passt nicht in das Erscheinungsbild, würde ein schlechtes Beispiel für andere Bauherren und Grundstückseigentümer vor Ort sein, so Stadträtin Leistner.
Wirtin Rubbert versteht die Welt nicht mehr. Da wiehert doch mächtig der Amtsschimmel. Sonnenschirme, die nun sicher auch nicht denkmalgerecht in das Altstadtbild passen, sind dem Bezirk genehm, die sie laut dem Schreiben der Stadträtin auch wieder aufstellen darf, aber so ein Pavillon nicht. „Der ist doch in Prinzip auch nur ein großer Schirm, nur dass dieser auf vier Beinen statt auf einem Bein steht“, sagt die Wirtin.