In Sachen Klimawandel macht Deutschland ja gern einen Schritt vor und zwei zurück. Anders kann man die Geschichte, die derzeit in Karlsruhe die Gemüter bewegt, nicht deuten. In der zweitgrößten Stadt in Baden-Württemberg steht ein Windrad, das nun stillgelegt werden muss. Doch nicht etwa, weil es kaputt ist. Nach wie vor produziert es 80.000 kWh im Jahr. Und doch muss es weg.
Seit 1997 drehte sich das Windrad beim Hofgut Maxau am Rhein und gilt seit dem als Pionierprojekt in der Region. Errichtet wurde es von Thomas Müllerschön, einem engagierten Landwirt und damaligen Pächter des Hofguts. Es sollte zum Umweltschutz beitragen und den Ausbau erneuerbarer Energien vorantreiben.
Die Anlage, für die Bauer Müllerschön damals 300.000 Mark zahlte, wurde zwar erst immer wieder abgelehnt, dank Hartnäckigkeit schlussendlich doch genehmigt. Das Windrad produzierte bis zu 80.000 Kilowattstunden Strom pro Jahr, der hauptsächlich an die Stadtwerke verkauft wurde, schreibt die Badische Neueste Nachrichten.
Doch nun, mehr als zwei Jahrzehnte später, sieht sich Müllerschön gezwungen, das Windrad stillzulegen. Doch nicht, weil es kaputt ist. Die Förderung nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) ist ausgelaufen, und die Vorgaben des Gesetzes erzwingen eine Modernisierung. Grund ist die sogenannte Direktvermarktung des Stroms. Die schreibt vor, dass jede Viertelstunde alle Daten des Windrades erfasst werden müssen.
1100 Euro Strafe im Monat bei fortgesetzter Stromproduktion
Doch die Kosten für die technische Aufrüstung sind happig, sie belaufen sich auf 30.000 bis 40.000 Euro. Und das ist eine Investition, die sich für das bereits alte Windrad nicht mehr rentiert.
Die Stadtwerke und die Aufsichtsbehörden bestehen darauf, dass ohne die Einrichtung einer Direktvermarktung die Einspeisung des Stroms in das Netz rechtlich nicht zulässig ist, schreibt die Seite efahrer.com. Die Weigerung, die teure Umrüstung vorzunehmen, hat Müllerschön in eine schwierige Lage gebracht. Ohne die Möglichkeit zur Direktvermarktung droht ihm eine Strafzahlung von 1100 Euro monatlich, sollte das Windrad weiterhin Strom liefern.
Nun musste das Ehepaar Müllerschön eine traurige Entscheidung treffen. Obwohl es ihnen schwerfällt, stellen sie den Betrieb des Windrads ein. Thomas Müllerschön empfindet die Stilllegung als Zwangsabschaltung. Seine gute Tat, etwas für den Umweltschutz zu tun und den Ausbau erneuerbarer Energien voranzutreiben, sieht er behindert.
Die endgültige Demontage des Windrads kann aus Naturschutzgründen erst gegen Ende des Jahres erfolgen. Trotz des unschönen Endes seines Windradtraums betrachtet Müllerschön seine Investitionen rückblickend als lohnenswert. Er wollte ein Pionier sein, bei dem es nicht um das Geldverdienen ging, sondern um die Förderung einer nachhaltigeren Zukunft. ■