U3-Verlängerung

Wegen 800 Meter mehr U-Bahn gibt es Zoff am Mexikoplatz

Der Senat will die U3 im Westen Berlins bis 2030 ausbauen. Dagegen wehrt sich nun eine Bürgerinitiative. Sie fürchtet um Bäume und um Häuser am Mexikoplatz.

Teilen
Die U-Bahnlinie U3, die noch an der Krummen Lanke endet, soll zum Mexikoplatz verlängert werden.
Die U-Bahnlinie U3, die noch an der Krummen Lanke endet, soll zum Mexikoplatz verlängert werden.Markus Wächter/Berliner KURIER

Damit die Berliner auch im Westen Berlins besser an den öffentlichen Nahverkehr angebunden werden, will der Senat die U-Bahn-Linie U3 von Krumme Lanke zum Mexikoplatz verlängern. Es geht dabei um nur 800 Meter. Aber die sorgen für großen Ärger im feinen Zehlendorf. Denn dort geht nun eine Bürgerinitiative auf die Barrikaden, um den Streckenbau zu verhindern. Anwohner fürchten nicht nur jahrelangen Baulärm. Sie machen sich auch Sorgen um die schönen Bäume und um ihre Häuser am Mexikoplatz.

Rot-Rot-Grün hatte die Idee und machte erste Pläne. Doch erst der schwarz-rote Senat will eines der wichtigsten Nahverkehrsprojekte umsetzen. Im Februar 2024 beschloss er, dass die U-Bahn-Linie 3 ab 2030 bis nach Mexikoplatz fahren soll.

Der Grund: Mit der kurzen Verlängerung soll die U3, die noch an der Station Krumme Lanke endet, künftig mit dem S-Bahnhof Mexikoplatz (S1) verbunden werden. Der Vorteil für dortige Bewohner und auch für Pendler aus Brandenburg: Sie kommen nun schneller an das Berliner U-Bahnnetz. Bisher muss man mit Bussen von der Krummen Lanke zum Mexikoplatz fahren.

Aber Senat und BVG haben bei ihrem Plan die Rechnung ohne die betroffenen Anwohner gemacht.  Sie gründeten eine Bürgerinitiative, um den Mexikoplatz vor dem U3-Ausbau zu retten. Überall auf dem Platz sind ihre Protestplakate sehen. Und Holzkreuze, die für die Bäume stehen, die wegen des U-Bahnbaus möglicherweise gefällt werden. Am 15. November endet das sogenannte Einwendungsverfahren, bei dem die Anwohner ihre Bedenken gegen den Bau einreichen können. Über 800 Anwohner-Unterschriften gegen das Projekt wurden bereits gesammelt.

„Rettet den Mexikoplatz“: Das Motto der Bürgerinitiative ist überall vor Ort zu lesen.
„Rettet den Mexikoplatz“: Das Motto der Bürgerinitiative ist überall vor Ort zu lesen.Emmanuele Contini/imago

Gegenüber dem RBB machten Mitglieder der Bürgerinitiative nun deutlich, warum sie sich gegen die U3-Verlängerung mit aller Macht wehrt. Die Planungen würden „ganz starke Eingriffe für einen sehr geringen Nutzen“ für die Anwohner bedeuten, sagt Hubertus Primus, der einst Alleinvorstand der Stiftung Warentest war. Der Jurist führt unter anderem die große Baugrube, 175 abgeschlagene Alleebäume und einen ungeklärten Verbleib des Grundwassers als Bedenken an.

U3-Verlängerung: Anwohner befürchten, dass 175 Bäume gefällt werden

Laut Senat und BVG soll die Streckenverlängerung unterirdisch unter der Argentinischen Allee gebaut werden. Allerdings kommt dabei nicht eine Tunnelbohrmaschine zum Einsatz, so wie es bei der Verlängerung der U5 vom Alexanderplatz bis zum Hauptbahnhof der Fall war.

Der S-Bahnhof Mexikoplatz: Ganz in der Nähe soll die U-Bahnstation entstehen.
Der S-Bahnhof Mexikoplatz: Ganz in der Nähe soll die U-Bahnstation entstehen.Emmanuele Contini/imago

Die Bauarbeiten sollen so umweltschonend wie möglich stattfinden, versicherte im Februar die Senatsverkehrsverwaltung, die damals noch unter Leitung der Senatorin Manja Schreiner (CDU) stand. Sie sagte, dass der künftige U-Bahnhof südlich des Mexikoplatzes entstehen wird. Somit soll der bepflanzte Platz, der unter Denkmalschutz steht, in seiner jetzigen Form erhalten bleiben.

Das Bezirksamt Steglitz-Zehlendorf, das mit in den Planungen eingebunden ist, hatte damals erklärt, dass während der Bauphase viele Bäume in der Argentinischen Allee erhalten bleiben sollen. Und als Nebenprodukt der U-Bahn-Streckenverlängerung könnte der verschmutzte und verschlammte Zehlendorfer Waldsee ein neues Absetzbecken erhalten, womit das Gewässer in Zukunft sauberer werden könnte. Nur die Mitglieder der Bürgerinitiative wollen daran nicht so recht glauben.

Hubertus Primus gehört zu der Bürgerinitiative, die sich gegen den U3-Ausbau wehrt.
Hubertus Primus gehört zu der Bürgerinitiative, die sich gegen den U3-Ausbau wehrt.Eventpress/imago

In dem RBB-Beitrag kommt ein weiteres Mitglied der Initiative und Mexikoplatz-Anwohnerin mit ihren großen Sorgen zu Wort. Claudia Jünemann sagt: „Ich befürchte für mein 120 Jahre altes Haus, was auf Sand gebaut ist, mit einem Ziegelsteinfundament, bei absinkendem Grundwasser erhebliche Bauschäden.“

U3-Verlängerung: Jahrelanger Baulärm und Häuserschäden befürchtet

Auch die Gewerbetreibenden am Mexikoplatz würden Auswirkungen durch die jahrelange Baustelle befürchten. Geplant seien fünf bis sechs Jahre Baustelle, man wisse aber aus Erfahrung, dass es bei derartigen Großprojekten auch zu Verzögerungen kommen könne, so Jünemann.

Ob die U3-Verlängerung zum S-Bahnhof-Mexikoplatz überhaupt von den Fahrgästen der Öffis massenhaft angenommen wird, wie Senat und BVG glauben, wird von der Bürgerinitiative stark bezweifelt. „Woher die kommen sollen, ist völlig unklar, denn es ist ja auch jetzt eine Verbindung mit Bussen da, die funktioniert“, sagt Jurist Hubertus Primus.

Dagegen erklärt der verkehrspolitische Sprecher der CDU, Johannes Kraft, dem RBB: „Die U-Bahn-Verlängerung hat eine erhebliche Netzwirkung.“ Schon jetzt nutzen etwa 12.000 Fahrgäste täglich die U3. Für sie wäre die Verlängerung zum Mexikoplatz künftig eine direkte Verbindung zur S-Bahn. Kraft: „Diese Erweiterung halten wir daher für sehr wichtig und für das Netz für dringend notwendig.“

Daher seien die Baukosten gut angelegtes Geld, auch in diesen Zeiten, wo das Land Berlin kräftig sparen muss. Insgesamt 103 Millionen Euro soll die U3-Verlängerung kosten. Verkehrsforscher wie Andreas Knie vom Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung sehen deshalb die U3-Verlängerung kritisch.

Eine solche Maßnahme sei heutzutage wegen der hohen Kosten „aus der Zeit gefallen“, sagte Knie dem RBB. Die öffentlichen Haushalte seien zu „klamm“ und müssten statt neue U-Bahnstationen oder -Linien zu bauen, mit dem vorhandenen Budget ihren Bestand sichern. In der Tat verschlingt schon die Instandhaltung des BVG-Fuhrparks Millionen von Euro.

CDU-Verkehrsexperte Johannes Kraft sieht das anders. Drei Viertel der Finanzierung für die U3-Verlängerung würden aus Bundesmitteln kommen, sagt er. Das sei „für Berlin, das Netz, für die BVG und für ihre Nutzer ein riesiges Geschenk“.