Kann da nicht mal ein Trupp mit dem Unkrautbrenner durchgehen? Jeder Gartenbesitzer weiß: Fugen sind der Albtraum, es wächst und wuchert nach jedem Regenguss knallgrün aus jeder kleinsten Ritze. Aber dass man am Berliner Reichstag der Natur keinen Einhalt zu gebieten vermag, ist dann doch echt peinlich. Entweder man plant es wild und grün und sagt, das muss so. Oder pflastert preußisch und pflegt dann ebenso gewissenhaft.
Am Platz der Republik gibt's derzeit eine vernächlässigt wirkende Kombi, wie Reporter der Berliner Zeitung beschreiben. Das Herz der Demokratie sieht aus wie ein naturnaher Garten nach sechs Wochen Abwesenheit des Gärtners. Die Kollegen assoziieren gar ein verlassenes Festivalgelände.
Dieser repräsentative Ort in Berlin, an dem täglich tausende Touristen, Schulklasssen und andere Besucher vorbei kommen, hat so oder so mehr Pflege verdient. Denn bei einem Besuch bietet sich folgendes Bild:

Zwischen rot-weißem Flatterband, Baustellenzäunen, Kabelbrücken und leeren Glasflaschen sprießt Unkraut aus allen Fugen. „Dort, wo irgendwann mal grünes Gras wuchs, befindet sich nun ein hügeliger Acker“, heißt es in der Berliner Zeitung. „Selbst auf den Stufen zum Reichstagsgebäude wächst reichlich Unkraut. Ablagerungen färben den Stein pechschwarz.“
Klar, dass eine Baustelle nicht wie geleckt aussehen kann, doch gleich den ganzen Platz der Verwilderung anheimstellen ist auch keine Lösung. Zumindest abseits der Geräte und Baumaterialien könnte man auf dem Platz der Republik für Ordnung und Sauberkeit sorgen. Die Republik präsentiert sich hier erschreckend alltagsnah: nachlässig, verschlufft, in bekleckerter Jogginghose irgendwie.

Bauarbeiten auf dem Platz der Republik
Derzeit wird auf dem Platz vor dem Reichstagsgebäude gebaut. Das Abwasserkanal- und Trinkwassernetz wird von den Berliner Wasserbetrieben erneuert. Auch ein neuer Graben soll um das Parlamentsgebäude entstehen. Mit zehn Metern Breite und 2,50 Meter Tiefe soll man ihn aus der Ferne nicht sehen, sondern ihn erst erkennen, wenn man näher kommt.
Wegen Baumaßnahmen einen zentralen Platz in der Stadt komplett zur Brache werden zu lassen, passt zu Berlin. Das Provisorium verstetigt sich allerorten. So wie auch die Container, die seit 2011 vor dem Reichstag stehen. Hier werden die 2,5 Millionen Besucher im Jahr vor dem Einlass kontrolliert. Ein angemessener Bau als Entree für das Parlament lässt weiter auf sich warten.
„Vielleicht passt dieser verwilderte Platz der Republik aber am Ende ganz gut zum Zustand der Bundesrepublik im Jahr 2025: ein bisschen im Umbau, ein bisschen im Arsch, aber am Ende läuft’s irgendwie“, so das Urteil der Berliner Zeitung. Wir Deutschen seien längst nicht mehr immer nur regelkonforme Kleinbürger. „Wir drücken auch gern mal ein Auge zu und akzeptieren viel: ein Volk der Wildpinkler, der Unter-den-Teppich-Kehrer und Zu-schnell-Fahrer. Ordnung lieben wir meist nur, solange sie nicht zu anstrengend ist.“