Nach zwölf Jahren Bauzeit wird es so weit sein: Im Juni bekommt Berlin eine neue Autobahn, wird die Verlängerung der A100 ans Netz gehen. Doch dem Kiez in Treptow, wo die neue Asphaltpiste endet, droht das komplette Verkehrschaos. Denn die Autofahrer werden von der Autobahn direkt in die nächste Baustelle hineingeführt – die Elsenbrücke über die Spree wird nicht rechtzeitig fertig sein. Die zuständigen Stadträte von gleich drei Berliner Bezirken schlagen Alarm.
Klar ist: Die Bauarbeiten auf der 3,2 Kilometer langen und bis zu sechs Spuren breiten Autobahnverlängerung sind im Endspurt. „Die Inbetriebnahme wird gegen Ende der ersten Jahreshälfte 2025 erfolgen“, sagt Ralph Brodel, Sprecher der bundeseigenen Autobahn GmbH, in der Berliner Zeitung. Das Stückchen A100 zählt zu den teuersten, jemals in Deutschland gebauten Autobahnen. Kosten: 225.000 Euro pro Meter – insgesamt 720 Mio. Euro.
Neue A100: Tausende Autos werden die Kieze fluten
Auf Google Maps kann man den breiten Betonstreifen schon sehen, der direkt auf die Kreuzung Am Treptower Park/Elsenstraße zuführt. Mit bis zu drei Spuren pro Richtung. Das heißt, hier werden Tausende Autos ankommen, die irgendwohin abfließen müssen. Auf Straßen, die schon ohne Baustellen ein Nadelöhr sind, zu den staugefährdetsten in Berlin gehören. Doch seit 2018 geht hier im Berufsverkehr fast nichts mehr, als im Beton der 1968 erbauten Elsenbrücke Risse entdeckt wurden. Seit 2022 wird der Verkehr über eine Behelfsbrücke geleitet. Mit lediglich drei Fahrspuren – eine stadtauswärts, zwei stadteinwärts.
An der neuen Elsenbrücke wird gebaut, doch der für die Ableitung des Verkehrs nötige westliche Überbau wird nicht rechtzeitig fertig werden. Und jetzt rechnen die Bezirksstadträte für Verkehr von Friedrichshain-Kreuzberg, Neukölln und Treptow-Köpenick mit einem Verkehrskollaps in ihren Kiezen, wenn der 16. Bauabschnitt der Bundesautobahn A100 eröffnet, bevor der westliche Überbau der Elsenbrücke fertiggestellt ist.
Die drei Bezirke gehen von drei bis sechs Monaten aus, in denen der Verkehr über den neuen Bauabschnitt der A100 rollt, der Überbau der Elsenbrücke jedoch noch nicht fertig ist. „Wir rechnen mit massiven Stauerscheinungen und hohe Belastungen für die Anwohnenden der umliegenden Quartiere, wenn die Kapazitäten der Spreequerung an dieser Stelle nicht ausreichend sind“, erklärt Jochen Biedermann (Grüne), der zuständige Bezirksstadtrat von Neukölln.
Bezirksstadträtin Annika Gerold (Grüne) aus Friedrichshain-Kreuzberg sieht weitere Verkehrsbelastungen im umliegenden Straßennetz, „da alternative Querungen der Spree angefahren werden müssen.“ Vor allem in Friedrichshain und Kreuzberg, da es auf der Treptower Seite der Spree keine weiteren Flussquerungen in der Nähe gibt. Betroffen wären dann zum Beispiel auch die Straßen und Kieze rund um die Oberbaum- und Schillingbrücke.
A100: Befürworter wollen Weiterbau Richtung Osten
Laut Jochen Biedermann würde eine Eröffnung der A100-Verlängerung mit der derzeitigen Verkehrssituation auch dem Planfeststellungsbeschluss widersprechen. Denn in dem sei festgehalten, „dass für die Leistungsfähigkeit der Anschlussstelle drei Fahrspuren vorgesehen werden, die durchgängig bis zur Elsenbrücke den Verkehrsstrom in der Hauptfahrrichtung aufnehmen können“, wie der Grünen-Politiker sagt.
Über die Verlängerung der A100 gibt es sowieso schon seit vielen Jahren Streit. Gegner halten den Autobahnausbau für Ideen von gestern, wollen den Autoverkehr in den Städten zurückdrängen. Aber auch die Befürworter sind mit der derzeitigen Lösung, einer Autobahn, die mitten an einem Verkehrsknotenpunkt endet, nicht zufrieden. Sie wollen den 17. Bauabschnitt, eine Weiterführung der A100 von der Frankfurter Allee bis zu Storkower Straße, um den Ostteil der Stadt besser an den Verkehr anzuschließen. Dafür würde die A100 die Spree überqueren und vor dem Bahnhof Ostkreuz in einen Tunnel geführt werden.
