Sie gilt mittlerweile weltweit als die Mutter aller Silvesterpartys: Die große Show am Brandenburger Tor in Berlin, bei der Millionen Menschen zusammen mit Stars das neue Jahr begrüßen. Ihren Ursprung hatte sie am 31. Dezember 1989, als kurz nach dem Mauerfall die Deutschen aus Ost und West am Berliner Wahrzeichen zum ersten Mal ein gemeinsames Silvester-Fest feierten. Für die DDR war es die letzte Jahresend-Party – und sie endete in einer Katastrophe.
Das Brandenburger Tor: 28 Jahre lang war es weltweit das Symbol der Teilung Deutschlands und Berlins. Das Bauwerk, an dem die Mauer verlief, die die Menschen in Ost und West trennte, sollte nun der Ort sein, an dem die Deutschen aus allen Teilen des Landes in jenem historischen Jahr 1989 ihr erstes gemeinsames Silvester feiern wollten.
Es wurde ein Spektakel. Über eine Million Menschen kamen, standen dicht gedrängt um das Brandenburger Tor herum. Das DDR-Fernsehen baute Gerüste mit Videoleinwänden auf, auf dem die Silvester-Sendung von „Elf 99“ für die Feiernden am Tor übertragen wurde. Eine dieser Konstruktionen sollte weit nach Mitternacht ein Teil einer Katastrophe werden.
Auch die Westkollegen von SFB und ZDF waren im Einsatz. Höhepunkt auf der Westseite des Brandenburger Tores war der Auftritt von „Knight Rider“-Star David Hasselhoff für das ZDF. Mit einer Lederjacke aus funkelnden Glühlampen stand er dort auf einer Hebebühne, schwebte fast über die Köpfe der Feiernden und sang seinen Hit „Looking for freedom“.

Silvester 1989: Kurz nach 22 Uhr klettern Menschen auf das Brandenburger Tor
Etwa kurz nach 22 Uhr wurde der Grundstein für die Silvester-Katastrophe gelegt. Ein Mann erklomm über einer Videoleinwandbühne am Nordflügel das 26 Meter hohe Brandenburger Tor. Ihm folgten weitere Waghalsige.
Ein hoher Offizier der DDR-Volkspolizei berichtete später, dass die jungen Männer mit Bergsteigerausrüstung angerückt waren: „Also ein typischer Fassadenkletterer war der erste, der das Brandenburger Tor enterte und von oben Seile herab warf und weitere Personen an den Seilen nachstiegen. Wir haben versucht, diese Dinge zu begrenzen, aber wir sind dort leider auch auf ein gehöriges Maß an Unvernunft und an Rücksichtslosigkeit gestoßen.“
Die Brandenburger Tor-Kletterer hatten es bis auf das Dach zur Quadriga geschafft. Und dann wurde klar, was die Leute da oben eigentlich wollten. Sie holten die DDR-Fahne, die über der Quadriga wehte, herunter und zerschnitten sie in Streifen. Dann hissten die Kletterer die Deutschland-Fahne.
Immer mehr Feiernde wagten den Weg aufs Brandenburger Tor. Die meisten kletterten über das 15 Meter hohe Videoleinwand-Alugerüst des DDR-Fernsehens. Die Konstruktion hielt das nicht lange aus. Um 1.40 Uhr brach das Gerüst zusammen, riss Kletterer in die Tiefe, begrub Leute, die unter der Leinwand standen.
Von der Katastrophe bekamen die meisten Feiernden erst dann etwas mit, als plötzlich zwei DDR-Krankenwagen mit Blaulicht und lautem Martinshorn am Brandenburger Tor auftauchten. Sie hatte es schwer, durch die dichte Menschenmenge zur Unglücksstelle durchzukommen.

Es folgten weitere Rettungsfahrzeuge aus dem Osten und dem Westen Berlins, die die Verletzten der Katastrophe in Krankenhäusern brachten. Insgesamt 135 Menschen wurden verletzt, die meisten davon schwer.
Letztes DDR-Silvester 1989: Ein Mann aus dem Westen überlebt die Party nicht
Für einen Charlottenburger (24) kam jede Hilfe zu spät. Er schaffte es zwar, von dem Unglücksort wegzukommen. Denn seine Leiche fand man auf dem Grünstreifen des Boulevards Unter den Linden. Dass er an den Folgen des Gerüsteinsturzes verstarb, ergab später die Obduktion des Toten: eine Wirbelsäulenfraktur und der Riss der Hauptschlagader infolge eines Sturzes.
Die Kletter-Tour auf das Brandenburger Tor hatte auch Folgen für die Quadriga. Randalierer hatten Kupferteile und das Geschirr der Pferde abgerissen sowie Metallblätter vom Siegerkranz der Göttin abgebrochen und abgerissen. Das Kunstwerk hatte durch Wettereinflüsse weitere Schäden.
Daher wurde die Quadriga vom Brandenburger Tor geholt und restauriert. 1991 kam sie im neuen Glanz zurück. ■