In Berlin-Prenzlauer Berg

Stargarder Straße wird gesperrt: Der irre Poller-Trick der CDU-Stadträtin

Weil viele Autofahrer illegal die Fahrradstraße nutzen, werden jetzt Poller in den Asphalt gerammt. Um Klagen zu verhindern, trickst die Politik.

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Die Stargarder Straße ist seit 2022 eine Fahrradstraße: Doch viele Autofahrer nutzen sie als Durchgangsstraße.
Die Stargarder Straße ist seit 2022 eine Fahrradstraße: Doch viele Autofahrer nutzen sie als Durchgangsstraße.Stefan Henseke

Von wegen, nur die Grünen pollern in Berlin Straßen zu. Die CDU kann das auch. In Prenzlauer Berg wird jetzt ein Teil der Stargarder Straße für Autos blockiert. Zuständig dafür ist die Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU). Zwischen Schönhauser Allee und Pappelallee lässt das Bezirksamt Poller in den Asphalt rammen, um die Durchfahrt für Autos zu verhindern. Und wendet dabei einen Trick an, um Klagen von Autofahrern und Anwohnern zu verhindern ...

Die Stargarder Straße ist schon seit 2022 eine Fahrradstraße, nur Anlieger dürfen hier auch mit ihren Pkw unterwegs sein. Doch Zählungen des Bezirksamtes zeigen etwas anderes: Hunderte Autofahrer nutzen wohl täglich unbefugt die Straße, fahren nur durch, um abzukürzen.

Stargarder Straße: Der Trick vom Bezirksamt

Das Problem: Die Stargarder Straße ist eine der wenigen direkten Verbindungen zwischen Schönhauser und Prenzlauer Allee, die Alternativen Danziger Straße und Wichertstraße sind oft keine, da sie zugestaut sind. Die Zählungen zeigen: Auf der Stargarder Straße, zwischen Schönhauser Allee und Pappelallee, liegt der Anteil des eigentlich verbotenen Durchgangsverkehrs bei über 70 Prozent.

Fast handstreichartig hat das Bezirksamt jetzt ein paar Meter – neun sind es genau – der Stargarder Straße als öffentliches Straßenland entwidmet, wie der Tagesspiegel berichtet. „Ja, die Teileinziehungsverfügung wurde am 6. Dezember im Amtsblatt veröffentlicht“, bestätigt eine Sprecherin der Bezirksstadträtin Manuela Anders-Granitzki (CDU).

Ein Trick, um Klagen zu entgehen. Anfang des Jahres hatten Anwohner im Pankower Stadtteil Rosenthal erfolgreich das Verwaltungsgericht angerufen. Wegen Pollersperren im Nesselweg. Und die Kläger bekamen Recht. Begründung des Gerichts: Durchgangsstraßen dürften nur bei besonderen Gefahren für Sicherheit und Ordnung des Straßenverkehrs gesperrt werden. Auch die Stargarder Straße war bislang eine Durchgangsstraße. Nach dem Trick des Bezirksamtes aber nicht mehr.

Nach Paragraf 4 des Berliner Straßengesetzes ist „die Teileinziehung einer Straße ist zulässig, wenn nachträglich Beschränkungen auf bestimmte Benutzungsarten, Benutzungszwecke oder Benutzerkreise aus überwiegenden Gründen des öffentlichen Wohls festgelegt werden sollen.“ Weiter heißt es, dass die Teileinziehung möglich sei, „wenn zur Realisierung von Maßnahmen der Verkehrslenkung und Verkehrsberuhigung bestimmte Verkehrsarten auf Dauer von dem durch die Widmung der Verkehrsfläche festgelegten verkehrsüblichen Gemeingebrauch ausgeschlossen werden sollen.“ Klagen seien dagegen nicht möglich, schreibt der Tagesspiegel.

Genau gegenüber Hausnummer 9 sollen in der Stargarder Straße Poller in den Asphalt gerammt werden.
Genau gegenüber Hausnummer 9 sollen in der Stargarder Straße Poller in den Asphalt gerammt werden.Stefan Henseke

Mit der Maßnahme soll der widerrechtliche Kfz-Durchgangsverkehr in der Fahrradstraße reduziert werden, heißt es, die erforderlichen Verkehrszeichen und Verkehrseinrichtungen sollen demnächst von der Straßenverkehrsbehörde angeordnet werden. Noch aber fahren Autofahrer über die neun Meter, die auf einmal kein öffentliches Straßenland mehr sein sollen. Genau gegenüber der Hausnummer 9, an der Gethsemanestraße. Hier werden auch die Poller hinkommen, die die Stargarder Straße blockieren sollen.

Die tatsächliche Absperrung der Straße ist fürs kommende Frühjahr geplant, „witterungsbedingt voraussichtlich März/April“, so die Sprecherin der Stadträtin gegenüber dem Tagesspiegel. Pkw und Lieferwagen können dann immer noch in die Stargarder Straße einfahren, aber nur bis zu der blockierenden Pollerreihe. Das heißt auch: Die Zufahrt zur Gethsemanekirche ist nur noch aus Richtung Schönhauser Allee möglich.

Dauerbaustelle vermüllt Stargarder Straße

Die CDU-Stadträtin hofft auch, dass sich die Pollersperre positiv auf den anderen Teil der Stargarder Straße auswirkt, weniger Autos in Richtung Prenzlauer Allee durchfahren. Doch das ist seit über einem Jahr sowieso nicht mehr möglich. Eine Dauerbaustelle, an der kaum gearbeitet wird, blockiert seit Oktober 2023 die Einfahrt zur Prenzlauer Allee.

Das eine Ende der Stargarder Straße (zur Prenzlauer Allee) ist seit über einem Jahr Dauerbaustelle. Die Mülltonnen stehen auf der Straße, weil die Müllwagen nach mehr an die Häuser kommen.
Das eine Ende der Stargarder Straße (zur Prenzlauer Allee) ist seit über einem Jahr Dauerbaustelle. Die Mülltonnen stehen auf der Straße, weil die Müllwagen nach mehr an die Häuser kommen.Stefan Henseke

Die Anwohner sind genervt, weil auch die Müllabfuhr nicht mehr zu den Grundstücken kommt, stehen Mülltonnen auf der Straße, quellen über, die Straße wird als Müllablageplatz missbraucht. Im Dezember sollten die Straßensperrungen wieder aufgehoben werden. Aber noch immer sind Löcher in der Straße – und weit und breit keine Bauarbeiter in Sicht ... ■