In den Familien der über 30.000 Berliner Sechstklässler wird derzeit mehr gerechnet als sonst. Gerade haben in den Schulen die Gespräche zur Förderprognose, die mit dem Halbjahreszeugnis am 31. Januar 2025 ausgegeben wird, stattgefunden. Und eine Zahl ist für die jetzigen Sechstklässler entscheidend:
Wer einen Notendurchschnitt von bis zu 2,2 hat, bekommt die Empfehlung für das Gymnasium. Wessen Notendurchschnitt schlechter ist, muss zum Probeunterricht antreten, wenn er dennoch aufs Gymnasium gehen will. Der Elternwille, der bisher noch ausschlaggebend war, zählt nicht mehr.
Der Notendurchschnitt berechnet sich in diesem Jahr noch aus den Fächern Deutsch, Mathematik, Naturwissenschaften, Gesellschaftswissenschaften und der ersten Fremdsprache, die doppelt zählen; und den restlichen Fächern aus dem zweiten Halbjahr der 5. Klasse und dem 1. Halbjahr der 6. Klasse.
Ehrgeizige Eltern können Kinder nicht mehr einfach aufs Gymnasium schicken
Bisher war es in Berlin so, dass Lehrkräfte innerhalb der Notenspanne von 2,3 bis 2,7 selbst entscheiden konnten, ob sie eine Gymnasialempfehlung geben oder nicht. Auch außerfachliche, soziale Komponenten flossen in die Bewertung mit ein. Und selbst wer keine Empfehlung für das Gymnasium hatte, konnte sein Kind dennoch dort anmelden. Eltern mussten lediglich ein zusätzliches Beratungsgespräch an einem Gymnasium wahrnehmen. Das alles fällt jetzt weg.
Ebenso wie das Probejahr an Gymnasien, welches ab dem Schuljahr 2025/26 entfällt. Gut so! Immerhin mussten im vergangenen Schuljahr 2023/24 von den 10.955 an Gymnasien aufgenommenen Schülern 502 trotz Gymnasialempfehlung nach dem Probejahr wieder vom Gymnasium abgehen.
37 Prozent ohne Gymnasialempfehlung mussten wieder gehen
Von den 998 Schülern, die es mit einer Sekundarschulempfehlung doch aufs Gymnasium geschafft hatten, musste deutlich mehr als ein Drittel (370) im Rahmen des Probejahres wieder auf eine Sekundarschule wechseln. Diesen Schritt will man den Schülern mit der neuen Zugangsregel ersparen.
Wichtig zu wissen: der neue Notendurchschnitt 2,2 als Eintrittskarte für das Gymnasium gilt ebenso für Geschwisterkinder, deren ältere Brüder oder Schwestern schon auf dem Gymnasium sind. „Mit der Abschaffung des Probejahres zum Schuljahr 2025/2026 galt es, ein geeignetes Verfahren aufzulegen, das allen an den Gymnasien aufgenommenen Schülerinnen und Schülern einen möglichen Bildungserfolg im gymnasialen Bildungszweig prognostiziert“, erläutert ein Sprecher der Bildungssenatorin.
So läuft der Probeunterricht fürs Gymnasium ab
Beim Probeunterricht bearbeiten, so die Planung, Sechstklässler innerhalb von drei Stunden genormte schriftliche Aufgaben und müssen in Unterrichtssequenzen überzeugen. Die Tests sind unter fachlicher Expertise in der Senatsverwaltung für Bildung, Jugend und Familie für alle einheitlich konzipiert worden.
In den Fächern Deutsch und Mathematik gibt es schriftliche Tests zu fachlichen Kompetenzen. „Die Aufgabenstellungen zielen, in Verknüpfung mit fachlich orientierten Fragestellungen, auch auf die Feststellung von überfachlichen Kompetenzen ab. Zu den nachzuweisenden überfachlichen Kompetenzen zählen Kompetenzen im Bereich des selbstständigen Arbeitens, des Problemlösens, der Kooperation und der Kommunikation“, so eine Handreichung aus der Senatsschulverwaltung.
Die Aufgabenstellungen und Erwartungshorizonte werden für alle Teststandorte zentral seitens der Schulaufsichtsbehörde einheitlich vorgegeben. Wo der Probeunterricht stattfinden soll, wird ebenso einheitlich für alle auf der Anmeldung mitgeteilt. Diese Anmeldung erhalten Interessierte mit der Förderprognose am 31. Januar.
Um die Chancengleichheit für alle Teilnehmer zu wahren, verzichtet die Senatsschulverwaltung darauf, einzelne Schulen, an denen der Probeunterricht stattfinden soll, schon vorher zu kommunizieren.
Termine für den Übergang von der Grundschule auf weiterführende Schulen
- Im aktuellen „Übergangsjahrgang“ – das sind die jetzigen Sechstklässler – wird der Notenschnitt noch aus allen Zeugnisnoten gebildet, wobei die Fächer Deutsch, Mathematik, Fremdsprache, Gesellschaftswissenschaften und Naturwissenschaften doppelt zählen. Alle anderen Fächer fließen in einfacher Wertung in die Förderprognose ein.
- Vom kommenden Jahrgang an zählen nur noch Mathematik, Deutsch und erste Fremdsprache doppelt. Alle anderen Fächer fließen einfach in die Förderprognose ein. ·
- Für die Förderprognose zählen das 2. Halbjahr der 5. Klasse und das 1. Halbjahr der 6. Klasse.
- Bis zu einem Notendurchschnitt von 2,2, bekommt das Kind die Empfehlung für das Gymnasium
- Bei schlechteren Noten kann es einen Probeunterricht am Gymnasium absolvieren.
- Eltern erhalten alle notwendigen Informationen zum Probetag mit der Förderprognose zusammen mit dem Halbjahreszeugnis am 31.01.2025
- Die Anmeldung zum Probeunterricht erfolgt an der bisherigen Grundschule am 10. und 11.02.2025
- Probeunterricht am Gymnasium am 21. Februar 2025
- Kinder, die am Probeunterricht teilnehmen, erhalten von der Schulbehörde einen abschließenden Eignungsbescheid, der rechtzeitig vor Beginn des Anmeldezeitraums (6. März) durch die Grundschule ausgeteilt wird, sie nehmen bei Eignung mit der ursprünglichen Förderprognose am Anmeldeverfahren an Gymnasien teil
- 6. bis 14. März: Anmeldung an der Erstwunschschule
- 26. Juni: Versand der Bescheide über die Aufnahme oder Nichtaufnahme an einer der Wunschschulen
Kommt jetzt der Run auf die Integrierten Gesamtschulen ISS?
Ob es mit dem neuen Verfahren eine Verschiebung in den Anmeldezahlen hin zu den Integrierten Gesamtschulen geben wird, lässt sich nicht abschätzen. „Das Verfahren des Probeunterrichtes zielt nicht darauf ab, die Schulplatzkapazitäten an den Gymnasien und ISS/GemS zu koordinieren“, heißt es dazu aus der Schulverwaltung. „Der Probeunterricht ermöglicht lediglich derjenigen quantitativ kleinen Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die zwar anhand ihrer Noten nicht die Förderprognose für ein Gymnasium erhalten, aber trotzdem aufgrund ihrer Kompetenzentwicklung und allgemeinen Leistungsfähigkeit für den Besuch eines Gymnasiums geeignet sind, ihre Eignung nachzuweisen.“
An den beliebten Schulen bleibt es eng
An der bisher schon häufig kritisierten komplizierten Schulwahl ändert das neue Übergangsverfahren nichts. Es bleibt weiter dabei, dass drei Schul-Wünsche angegeben werden müssen, ohne zu wissen, welche Schulen schon mit Erstwunsch-Schülern voll belegt sind. An den Schulen werden weiterhin 60 Prozent der Plätze über den NC, 30 Prozent übers Losverfahren, 10 Prozent für Härtefälle vergeben. Gerade bei beliebten Wunschschulen ist der interne NC durch die extrem hohe Bewerberzahl noch viel niedriger.