Berliner Kleingarten-Skandal

Gemeinnützigkeit futsch! Tausende Kleingärtner zittern um ihre Lauben

Finanzamt greift durch. Nach der Korruptionsaffäre drohen dem Pankower Kleingartenverband hohe Nachzahlungen. Die Hälfte der 5400 Parzellen ist in Gefahr.

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Kleingärtner Axel Quandt hatte den Pankower Skandal ans Licht gebracht.
Kleingärtner Axel Quandt hatte den Pankower Skandal ans Licht gebracht.Markus Wächter

Nächster Paukenschlag im Berliner Bezirk Pankow: Ein Kleingartenverband hat seine Gemeinnützigkeit verloren, und die Folgen für Tausende Kleingärtner könnten dramatisch sein.

Wegen des Skandals um mutmaßlich veruntreute Gelder in Höhe von Hunderttausenden Euro gerät der Bezirksverband der Gartenfreunde Pankow immer tiefer in die Krise. Die Aberkennung der steuerlichen Gemeinnützigkeit durch das Finanzamt betrifft den Zeitraum 2021 bis Ende August 2023 – und könnte den Verband endgültig in die Knie zwingen, schreibt der Tagesspiegel (Bezahlschranke).

Bereits jetzt kämpft der Verband mit rund 5400 Kleingärtnern mit einer Insolvenz, die durch einen Schuldenberg von 600.000 Euro ausgelöst wurde. Währenddessen läuft eine staatsanwaltschaftliche Untersuchung wegen Veruntreuungsverdachts.

Hauptverantwortlich für das Desaster soll der ehemalige Vorstand sein. Der agierte unter der Führung von Viola Kleinau. Der Vorwurf: Pflichtverletzungen und Vertuschungen, die jahrelang unentdeckt blieben.

Besonders pikant: 2021 sollen die sieben Vorstandsmitglieder fast eine Million Euro an Gehältern kassiert haben – in einem Verband, der inzwischen auf finanzielle Hilfe angewiesen ist. Dies dürfte maßgeblich zur finanziellen Misere beigetragen haben.

Kleingärtner zittern auch wegen möglicher finanzieller Mehrbelastungen

Trotz Rücktritten und der laufenden Aufarbeitung durch einen Insolvenzverwalter steht der Verband vor einer ungewissen Zukunft. Die nachträglich fällige Körperschaftssteuer belastet die ohnehin angespannte Lage zusätzlich, wobei die genaue Höhe noch offen ist.

Die Kleingärtner zittern aber nicht nur um ihre Parzellen, sondern auch wegen möglicher finanzieller Mehrbelastungen. Zwar betont der derzeitige Vorstand, dass es im Rahmen des Insolvenzverfahrens keine zusätzlichen Zahlungsaufforderungen geben werde. Doch interne Beschlüsse des Verbands weisen auf mögliche Beitragserhöhungen hin, sobald ein abgestimmter Insolvenzplan vorliegt.

Tausende Berliner Kleingärtner zittern um ihre Lauben.
Tausende Berliner Kleingärtner zittern um ihre Lauben.Jochen Eckel/imago

Eine erneute Anhebung könnte notwendig werden, um den Verband zu stabilisieren – eine bittere Pille, nachdem die Beiträge erst vor Kurzem reduziert wurden.

Kleingärtner in Pankow vor einer unsicheren und finanziell belastenden Zukunft

Axel Quandt, der als Whistleblower die Missstände ans Licht brachte, sieht sich laut Tagesspiegel in seiner Kritik bestätigt. Der Vorstand versuche weiterhin, die Lage zu beschönigen und Kritiker zu diskreditieren, so Quandt. Er zweifelt daran, dass die Gemeinnützigkeit jemals zurückgewonnen wird. Hier werde die Wahrheit nur stückweise zugegeben, so sein Urteil.

Noch größer ist die Sorge um die Zukunft der Parzellen. Während die Grundstücke auf öffentlichem Land wahrscheinlich gesichert sind, befinden sich etwa die Hälfte der Gärten auf Privatland. Hier ist völlig unklar, ob die Eigentümer einer Fortführung der kleingärtnerischen Nutzung zustimmen würden, falls der Bezirksverband aufgelöst wird. Ein Szenario, das bei vielen Pächtern zum Verlust ihrer grünen Oasen führen könnte.

In den kommenden Monaten wird sich entscheiden, ob der Verband gerettet oder endgültig zerschlagen wird. Klar ist jedoch: Die Kleingärtner in Pankow stehen vor einer unsicheren und finanziell belastenden Zukunft. ■