Kampf gegen Korruption

Zoff am Zaun: Neue Schlammschlacht im Pankower Kleingartenverband

Axel Quandt, der die Ermittlungen im Pankower Kleingartenskandal ins Rollen brachte, teilt weiter aus – doch Berlins Obergärtner widerspricht.

Author - Stefanie Hildebrandt
Teilen
Ein hängender Gartenzwerg im Garten von Axel Quandt
Ein hängender Gartenzwerg im Garten von Axel QuandtMarkus Wächter

Ein Gartenzwerg hängt am Galgen, er streckt seine Zunge heraus, die Arme sind auf dem Rücken verschränkt. „Genau hier lag die Morddrohung“, sagt Axel Quandt Reportern der Berliner Zeitung und zeigt mit dem Finger in Richtung des Gartentisches.

Axel Quandt hat die Ermittlungen im Pankower Kleingartenskandal ins Rollen gebracht, seine Geschichte hat er schon oft erzählt. Nun liefert er sich eine neue Schlammschlacht mit Berlins Obergärtner. Die alten Strukturen, die Filz in Kleingartenverbänden begünstigen, sie seien noch immer da, sagt Quandt gegenüber der Berliner Zeitung. Der Präsident des Landesverbands der Berliner Kleingärtner, Gerd Schoppa, hält dagegen.

Pankower Kleingartenskandal noch nicht aufgeklärt

Rückblende: Die Pankower Kleingartenwelt wird in den vergangenen Monaten von einem Skandal großen Ausmaßes erschüttert. Gelder in Millionenhöhe wurden vom Vorstand veruntreut, der Bezirk Pankow stellte Strafanzeige, das LKA ermittelt bis heute. Axel Quandt hatte schon lange vorher auf seinem Blog „Liebe Grüße vom Gartenzwerg“ auf die Unregelmäßigkeiten im Pankower Bezirksverband hingewiesen. Über 40 Strafanzeigen gegen unbekannt hatte Quandt gestellt. Damit, dass nun von offizieller Seite gegen den zurückgetretenen Vorstand des Pankower Kleingartenverbands ermittelt wird, könnte er zufrieden sein. Ist er aber nicht.

Axel Quandt ist Pächter einer Parzelle im Kleingartenverein Am Koppelgraben, der zum Bezirksverband der Gartenfreunde Pankow gehört. Letzterer ist für die Pachtverhältnisse verantwortlich und übermittelt die Parzellenmiete dem Eigentümer des Grundstücks, beschreibt die Berliner Zeitung das komplexe Geflecht der Zuständigkeiten im Berliner Kleingartenwesen.

In Berlin gibt es derzeit 712 Kleingartenvereine und 18 Bezirksverbände mit mehr als 70.000 Parzellen. An der Spitze der kleinteiligen Kleingartenstruktur agiert der Landesverband der Gartenfreunde Berlin als zentrale Interessenvertretung. Hier bemüht man sich seit dem Kleingartenbeben in Pankow um Schadensbegrenzung. Das Schlachtfeld, das die kriminellen Verantwortlichen hinterlassen haben, wird von einem Insolvenzverwalter konsolidiert.

Kleingartenbesitzer Axel Quandt will mehr Kontrollmechanismen im Kleingartenwesen.
Kleingartenbesitzer Axel Quandt will mehr Kontrollmechanismen im Kleingartenwesen.Markus Wächter

Längst ist es in Pankower Gärten Folklore, dass die ehemalige Vorsitzende des Vereins Gartenfreunde Pankow Gelder veruntreute, Personalkosten an Familienmitglieder überwies. Im ersten Bericht des Insolvenzverwalters werden beispielsweise die Personalkosten im Jahr 2021 mit 982.000 Euro beziffert – für ganze sieben Angestellte.

Doch zu Beginn, als alles ins Rollen kommt, ist Axel Quandt Attacken von Unbekannten ausgesetzt. „Ich habe öffentlich kritisiert, dass hier etwas nicht stimmt, und daraufhin fingen Attacken gegen mich an. Alles anonym“, sagt er der Berliner Zeitung. Der Höhepunkt: eine Morddrohung auf dem Gartentisch.

Mit den Ermittlungen gegen den Pankower Vorstand und der Übernahme durch einen Insolvenzverwalter könnte nun Ruhe in den Pankower Kleingärten einkehren. Stattdessen gründet der Kleingärtner Quandt einen neuen Verein, den Brandbrief-Verein, und setzt sich bis heute mit mehr als 100 Mitgliedern gegen Korruption im Kleingartenwesen ein, so die Berliner Zeitung. Axel Quandt und seine Mitstreiter kritisieren, dass weiterhin Strukturen bestehen, die den Weg für anhaltende Veruntreuung und familiäre Bevorzugung frei machen.

Quandt kritisiert: Die Familienwirtschaft im Kleingartenwesen muss aufhören

„Diese Familienwirtschaft muss aufhören“, kritisiert Quandt gegenüber den Reportern und fordert, dass der neue Pankower Vorstand nicht aus „Altkameraden besteht, nicht aus Angehörigen der Clique, die für das alles hier verantwortlich sind“. Um Korruption auch langfristig verhindern zu können, plädiert Quandt laut Berliner Zeitung dafür, unabhängige Wirtschaftskontrollen durchführen zu lassen. „Es braucht Kontrollmechanismen, damit so etwas nicht mehr passiert, und dann kehrt auch wieder Ruhe ein“, sagt er.

Im Kleingarten sollte es eigentlich friedlich zugehen, doch in Pankow gibt es schon länger Zoff.
Im Kleingarten sollte es eigentlich friedlich zugehen, doch in Pankow gibt es schon länger Zoff.Dirk Sattler/imago (Symbolfoto)

Dem Präsidenten des Landesverbands der Gartenfreunde Berlin, Gerd Schoppa, wirft Quandt „mangelhaftes Engagement bei der Korruptionsbekämpfung“ vor. Der wiederum sieht sich diffamiert und hält Quandt entgegen, „einen Generalverdacht gegen alle Funktionsträger im Kleingartenwesen der Bundesrepublik Deutschland“ zu schüren. Gegenüber der Berliner Zeitung teilte der Präsident des Landesverbands mit, dass ihn der Skandal erschüttert habe und jegliche kriminelle Energie nichts im Kleingartenwesen zu suchen habe. „Die Kontrollmechanismen haben versagt, und nun gilt es, diese zu verbessern“, so Schoppa.

Neuer Verein gegen Korruption im Kleingarten

Quandts neuem Verein steht er kritisch gegenüber: „Mit Unterstellungen, falschen Verdächtigungen und bewussten Verkürzungen wird insbesondere in den sozialen Medien der Eindruck erweckt, dass Betrug, Korruption und Veruntreuung zum Geschäftsmodell des gesamten Kleingartenwesens in Deutschland gehören würden. Dem muss ich, auch im Auftrag unserer Mitglieder, mit aller Deutlichkeit und mit Nachdruck widersprechen“, so Schoppa gegenüber der Berliner Zeitung.

Ungeachtet der Schlammschlacht im Pankower Kleingartenwesen ist die Nachfrage nach Gärten weiterhin ungebrochen. Der Landesverband teilte auf Anfrage der Berliner Zeitung mit, dass „die Wartezeiten je nach Lage der Kleingärten stark variieren; nach dem statistischen Durchschnitt müssen sich Interessenten auf Wartezeiten zwischen vier und sechs Jahren einstellen.“ Jährlich geben bis zu 4000 Pächter ihren Kleingarten auf, dem stehen jedoch mehr als 20.000 Interessenten gegenüber. ■