Bald auch in Berlin?

SPD und Wagenknecht-Partei für Handyverbot an Schulen in Brandenburg

Kein Handy im Unterricht an Grundschulen: So steht es im Koalitionsvertrag der künftigen Brandenburger Regierung. Ob Berlin nachzieht?

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Ein Handyverbot an Grundschulen: Das will die neue Brandenburger Landesregierung.
Ein Handyverbot an Grundschulen: Das will die neue Brandenburger Landesregierung.MiS/imago

In Schweden sind Handys an Schulen tabu. In Deutschland und in der Hauptstadtregion gibt es dagegen keine einheitliche Regelung. Es ist den Schulen überlassen, ob Schüler Smartphones benutzen dürfen oder nicht. Das soll sich in Brandenburg ändern. Dort sollen Handys und Tablets an Schulen künftig verboten werden – zunächst im Unterricht an Grundschulen. So steht es im Koalitionsvertrag zwischen der SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW), die die neue Landesregierung in Brandenburg bilden werden.

Das Thema wird schon seit langem heiß diskutiert. Auf der einen Seite sind Eltern und Lehrer dagegen, dass Schüler auch noch in der Schule mit den Handys herumspielen müssen. Andererseits wird erklärt, wie wichtig es sei, dass Kinder den richtigen Umgang mit den digitalen Medien erlernen.

In Berlin brannte das Thema gerade wieder neu auf – im Zusammenhang mit einem Brandbrief, den Lehrer der Friedenauer Friedrich-Bergius-Schule schrieben. Sie berichteten über katastrophale Geschehnisse an der Bildungseinrichtung, die auch den Umgang der Schüler mit Handys betrafen.

Ein Grundschüler benutzt ein Handy im Unterricht – damit soll in Brandenburg nun Schluss sein.
Ein Grundschüler benutzt ein Handy im Unterricht – damit soll in Brandenburg nun Schluss sein.Shotshop/imago

So heißt es in dem Schreiben: Die „größte Angst“ vieler Schüler sei es, beim Besuch der Toiletten „in kompromittierenden Situationen“ von anderen Schülern mit Handys unterhalb oder oberhalb der Trennwand fotografiert oder gefilmt zu werden – obwohl Handys an dieser Schule verboten sind.

Handyverbot an Brandenburger Grundschule: Das Erlernen von Schreiben, Lesen und Rechnen ist wichtiger

Auch an anderen Schulen kommt es hierzulande zu Fällen, wo etwa Schulhofschlägereien mit Handys gefilmt und dann ins Netz gestellt werden. Oder Schüler in den Sozialen Medien öffentlich gemobbt werden. Lehrer scheinen dagegen machtlos zu sein. Auch die bezirklichen Schulaufsichten, weshalb die Lehrer der Friedenauer Schule den Brandbrief schrieben.

In Brandenburg will man nun die Handynutzung an Schulen eindämmen. Vor allem das BSW machte schon im Wahlkampf klar, dass die Wagenknecht-Partei für ein einheitliches Handyverbot an Schulen in dem Bundesland sei. Im gerade mit der SPD vereinbarten Koalitionsvertrag hat sich die BSW mit diesem Thema daher durchgesetzt.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und BDW-Fraktionschef Robert Crumbach präsentieren den Koalitionsvertrag. Darin steht auch das Handyverbot, das die künftige Landesregierung umsetzen will.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) und BDW-Fraktionschef Robert Crumbach präsentieren den Koalitionsvertrag. Darin steht auch das Handyverbot, das die künftige Landesregierung umsetzen will.Michael Bahlo/dpa

In dem Papier heißt es, dass die neue Landesregierung es will, dass an Brandenburger Grundschulen künftig das Erlernen von Lesen, Schreiben und Rechnen das Wichtigste sein soll, was eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte. Nicht nur mit verbindlichen Lehrplänen, die eingeführt werden, will dies das Bündnis aus SPD und BSW durchsetzen. Sondern auch mit einem Handyverbot.

Im Koalitionsvertrag heißt es dazu: Private Tablets und Mobiltelefone sollen an Brandenburger Grundschulen während des Unterrichts verboten werden. Zwar dürften Schüler Handys zur Schule mitbringen. Aber die müssen in Taschen oder Schließfächern verschwinden.

Bisher wurde die Handybenutzung an Brandenburger Schulen recht unterschiedlich gehandhabt. Die Bildungseinrichtungen konnten bisher die Nutzung von Mobiltelefonen einschränken oder generell untersagen. Der Landeselternrat in Brandenburg hält dies für sinnvoll. Denn zum Lernen gehöre heute der Zugang zum Internet, etwa um Quellen einzuschätzen. Das könne man nicht mehr allein mit Schulbüchern leisten, heißt es.

Handyverbot an Schulen: Bisher gibt es keine einheitlichen Regeln

Allerdings müsse dabei der Kinder- und Jugendschutz eingehalten werden. Dies fordern auch Elterngruppen an Brandenburger Schulen etwa in Kleinmachnow, Beelitz und Falkensee, die sich für handyfreie Schulen einsetzen. Aber: Die Eltern sind auch dafür, dass man erst Kindern ab 14 Jahren ein internetfähiges Handy gibt.

In einigen Schulen in Brandenburg, etwa in Velten, sind Handys wie in Schweden generell verboten. In anderen Bildungseinrichtungen wie in einem Gymnasium in Potsdam ist das Benutzen von Handys im Unterricht (wenn es erforderlich ist) und in den Pausen erst Schülern ab der 11. Klasse erlaubt.

Auch in Berlin gibt es keine einheitliche Regelung, wie die Landesvorsitzende der Erziehergewerkschaft GEW, Martina Regulin, dem KURIER bestätigte. „Jede Schule regelt es für sich.“ Allerdings müsse man schon an Schulen die Handynutzung begrenzen.

Das John-Lennon-Gymnasium in Berlin-Mitte
Das John-Lennon-Gymnasium in Berlin-MittePimax/imago

Es gibt sinnvollere Beschäftigungen, als sich als Schüler in den Pausen nur mit dem Smartphone zu beschäftigen, sagt die GEW-Chefin. Außerdem sorge die Handybenutzung bei Schülern in der Tat für „unschöne Probleme“, wie Regulin sagt. Unschöne Probleme etwa, wie sie von den Lehrern der Friedenauer  Friedrich-Bergius-Schule in dem Brandbrief beschrieben wurden.

Handyverbot an Schulen: So sieht die Praxis in Berlin aus

Wie es in der Praxis aussieht, wenn Berliner Schulen selbstständig Regeln für die Handynutzung aufstellen, zeigt das Beispiel des John-Lennon-Gymnasiums in Berlin-Mitte. Auf der Interseite der Bildungsstätte ist zu lesen, dass es dort bereits ein striktes Handyverbot gab. Dieses wurde aber 2018 durch die Schulkonferenz aufgehoben.

In der Regelung, die dann im Kraft trat, heißt es: „Die Nutzung von Smartphones, Smartwatches, Tablets, etc. bleibt im Unterricht zu jeder Zeit, auch zu Beginn und am Ende der Stunde, grundsätzlich verboten – es sein denn, die jeweilige Lehrkraft erlaubt die Nutzung zu Unterrichtszwecken ausdrücklich.“ Auf den Fluren und auf dem Pausenhof ist die Nutzung dagegen gestattet.

Doch in der Praxis erwies sich diese Regel an dem Gymnasium als zu kompliziert, wie der RBB vor Wochen berichtete. Denn auf den handyfreien Flure seien dennoch immer wieder Schüler mit ihren Smartphones unterwegs und „viele Lehrkräfte drücken ein Auge zu“. Denn die Schüler benutzten ihr Handy nicht nur, um Filme auf You Tube zu schauen oder Computerspiele zu spielen. Sie brauchten es auch, um sich über eine Schul-App über Stunden-, Vertretungs- und Raumpläne zu informieren.

Laut dem RBB-Bericht wünschte sich die Schulleiterin damals ein komplettes Handyverbot. An sich findet sie es gut, wenn Schulen selbst entscheiden können, angepasst an ihre jeweilige Schüler- und Lehrerschaft. Aber: „Ich glaube, eine landesweite Regelung würde Ruhe schaffen. Das gilt dann einfach für alle“, wird Schulleiterin Antoneta Berisha vom RBB zitiert.

Eine einheitliche Regelung für Berlin wird es derzeit aber seitens der Senatsschulverwaltung nicht geben. Auch GEW-Chefin Martina Regulin hält es nicht für sehr sinnvoll, wenn die Hauptstadt den Brandenburger Handyverbotsplänen folgt. „An den meisten Berliner Grundschulen ist das Benutzen von Handys während des Unterrichts bereits untersagt“, sagt sie.

Inzwischen hat das John-Lennon-Gymnasium eine neue Handyregelung getroffen, die von der Schulkonferenz vor kurzem beschlossen wurde und die ab dem 2. Dezember gilt. „Diese sieht vor, dass Schüler Smartphones oder Tabletts komplett nicht mehr benutzen dürfen, außer in bestimmten Lernräumen und dann speziell nur zu Lernzwecken“, teilte das Gymnasium auf KURIER-Anfrage mit.

Wer sich über die Schul-App über Vertretungspläne informieren will, könne dies auch im Beisein der Lehrer. Oder einfach die Lehrer fragen, so wie man das auch zu Zeiten getan hatte, als es noch keine Handys gab. ■