Rückblick

Stars, Sex-Szenen, Skandale – die größten Aufreger der Berlinale

Die 75. Filmfestspiele starten in Berlin. In der langen Zeit der Berlinale gab es auch einige Eklats und Furore wegen anstößiger Filme.

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Hollywood-Star Jayne Mansfield war 1961 als Stargast zur Berlinale eingeladen, stellte aber gar keinen Film vor. Ihrem Image als „<a href="https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/nichts-aus-hollywood-ist-erotisch-8107213.html">Sexbombe“</a> dieser Zeit wurde sie gerecht.
Hollywood-Star Jayne Mansfield war 1961 als Stargast zur Berlinale eingeladen, stellte aber gar keinen Film vor. Ihrem Image als „Sexbombe“ dieser Zeit wurde sie gerecht.Günter Bratke/dpa

Glanz und Glamour, Stars und Sternchen - die Filmwelt versammelt sich wieder in Berlin zu den internationalen Filmfestspielen, kurz Berlinale genannt. 75 Jahre gibt es das Festival nun schon, da kam auch einiges an Zoff und Skandalen zusammen. Auf dem roten Teppich und wegen der gezeigten Filme. Hier eine Auswahl der größten Aufreger.

1961: Die „Busen-Berlinale“

Die elfte Ausgabe des Filmfests 1961 geht unter dem Label „Busen-Berlinale“ in die Geschichte ein. Hollywoodstar Jayne Mansfield zeigt schon auf dem roten Teppich ihr tiefes Dekolleté. Auf einer wilden Party dann platzt der Schauspielerin vor versammelter Fotografenschar das Kleid.

Hollywood-Star Jayne Mansfield kommt im Juni 1961 mit Ehemann Mike Hagerty zur Eröffnung der XI. Internationalen Filmfestspiele in Berlin.
Hollywood-Star Jayne Mansfield kommt im Juni 1961 mit Ehemann Mike Hagerty zur Eröffnung der XI. Internationalen Filmfestspiele in Berlin.Günter Bratke/dpa

1970: Der Abbruch-Skandal

Erstmals wird der Wettbewerb abgebrochen. Sogar die Zukunft der Berlinale steht infrage. Auslöser ist der Film „o.k.“ des deutschen Regisseurs Michael Verhoeven über die Vergewaltigung eines Mädchens durch US-Soldaten. Das erhitzt zu Zeiten des Vietnamkriegs nicht nur in der Jury die Gemüter.

Szene aus dem Film„ o.k“. von Michael Verhoevenvon 1970.
Szene aus dem Film„ o.k“. von Michael Verhoevenvon 1970.Rob Houwer Film Produktion

1976: Porno? Die Zensur-Debatte

Wegen Pornografie-Verdachts beschlagnahmt die Polizei den Film „Ai No Corrida“ (deutsch: „Im Reich der Sinne“) des Japaners Nagisa Oshima über die Geschichte eines einander sexuell verfallenen Paares. Die Aufführung wird verboten. Unter einem Tarn-Titel wird der Film heimlich dennoch gezeigt.

Eine Szene auf dem Film „Im Reich der Sinne“ des Japaners Nagisa Oshima.
Eine Szene auf dem Film „Im Reich der Sinne“ des Japaners Nagisa Oshima.UnitedArchives / Imago

1979: Rückzug der sozialistischen Länder

Die sozialistischen Staaten verlassen protestierend das Festival. Grund ist der amerikanische Vietnam-Kriegsfilm „The Deer Hunter - Die durch die Hölle gehen“ mit Robert De Niro. Die Ostblock-Delegationen sehen in dem mehrfach oscarprämierten Film von Michael Cimino das vietnamesische Volk beleidigt. Das Festival wird mit den restlichen Teilnehmerländern fortgesetzt.

Filmplakat von „The Deer Hunter - Die durch die Hölle gehen“ mit Robert De Niro.
Filmplakat von „The Deer Hunter - Die durch die Hölle gehen“ mit Robert De Niro.Universal/Courtesy Everett Collection /Imago

1986: Gina Lollobrigida schert aus

Jury-Präsidentin Gina Lollobrigida versucht vergeblich, die Auszeichnung des RAF-Films „Stammheim“ von Reinhard Hauff mit dem Goldenen Bären zu verhindern, den sie öffentlich als „lousy film“ – miesen Film – bezeichnet. „Ich war gegen diesen Film“, sagt sie bei der Verleihung. Eigentlich dürfen Jury-Mitglieder keine Informationen über interne Diskussionen nach außen tragen.

2001: Provokation mit Sex pur

Mit der Verleihung des Goldenen Bären an das provozierende Erotik-Drama „Intimacy“ des Franzosen Patrice Chéreau beweist die Jury Mut. Wegen seiner teils drastischen Sex-Szenen ist der Film umstritten. Festivalchef Moritz de Hadeln kontert: „Pornografie? Wo leben wir denn? Die Berlinale ist nicht der Vatikan.“

Mark Rylance und Kerry Fox im Film&nbsp; „Intimacy“ von Patrice Chereau 2001.
Mark Rylance und Kerry Fox im Film „Intimacy“ von Patrice Chereau 2001.Mary Evans/AF Archive Studio Canal / Imago

2020: NS-Verstrickungen aufgedeckt

Das Festival wird mit NS-Vorwürfen gegen seinen ersten Leiter Alfred Bauer (1951 bis 1976) konfrontiert. Eine historische Untersuchung findet später heraus, dass das NSDAP-Mitglied durch seine Tätigkeit bei der Reichsfilmintendanz einen nicht unwesentlichen Beitrag zum Funktionieren des deutschen Filmwesens während der NS-Diktatur geleistet hat. Der nach ihm benannte Preis wird ausgesetzt und in nachfolgenden Festivals stattdessen der Silberne Bär Preis der Jury verliehen.

Festspielleiter Alfred Bauer empfängt 1971 US-Star Shirley MacLaine auf dem Flughafen Tempelhof.
Festspielleiter Alfred Bauer empfängt 1971 US-Star Shirley MacLaine auf dem Flughafen Tempelhof.Konrad Giehr/dpa

2024: Antisemitismus-Vorwürfe

Vor dem Hintergrund des Gaza-Kriegs spricht der israelische Filmemacher Yuval Abraham, der zusammen mit dem Palästinenser Basel Adra für den Dokumentarfilm „No Other Land“ über die Siedlungspolitik in der West-Bank ausgezeichnet wird, auf der Berlinale-Gala von einer „Situation der Apartheid“, im Saal gibt es Applaus.

Yuval Abraham (li.) und Basel Adra, die Regisseure des Films „No Other Land“ bei der Preisverleihung im Berlinale-Palast 2024.
Yuval Abraham (li.) und Basel Adra, die Regisseure des Films „No Other Land“ bei der Preisverleihung im Berlinale-Palast 2024.Monika Skolimowska/dpa

Den Filmemachern wird nachträglich eine einseitige Positionierung im Nahost-Konflikt und teils auch Antisemitismus vorgeworfen, weil sie das terroristische Massaker der Hamas an Israelis vom 7. Oktober 2023 unerwähnt lassen. Die Berlinale-Leitung distanziert sich in der Folge von den Preisträgern. ■