Bedrohte Schönheit

Neue Schau in Berlin: „Polar Experience“ entführt ins ewige Eis

In der neuen Infotainment-Ausstellung „Polar Experience“ in der Arena gehen Besucher auf eine Reise in die Arktis und Antarktis.

Author - Stefanie Hildebrandt
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Eis und Schnee in Berlin. Möglich wird das mit der immersiven Ausstellung in der Arena.
Eis und Schnee in Berlin. Möglich wird das mit der immersiven Ausstellung in der Arena.Benjamin Pritzkuleit/Berliner Kurier

Das Berliner Wintergrau verlassen, eintauchen in eine fremde, in eine bedrohte Welt. Das geht ab sofort in der Arena an der Spree, wo die neue Infotainment-Ausstellung  „Polar Experience“ für vier Monate zu Gast ist. Die immersive Reise in die Arktis und Antarktis will für die Schönheit der Polregionen werben. Denn sie brauchen unseren Schutz.

Keine andere Klimazone auf der Welt ist so extrem wie die Arktis im Norden und die Antarktis im Süden. Hier sehen Forscher besonders früh und eindrücklich, was der Klimawandel für Lebensräume, für Mensch und Tier bedeutet. Der Rückgang des Meereises, das Schmelzen des Grönländischen Eisschildes und das Auftauen der Permafrostböden etwa werden als Kipppunkte in der Entwicklung des Erdklimas besonders erforscht.

Polarforscher für den Schutz der Arktis und Antarktis

Für die Ausstellung haben sich die Macher die besten Forscher der Welt mit ins Boot geholt. Das Berliner Institut für Zoo- und Wildtierforschung ist beteiligt, der WWF sponsert und Prof. Markus Rex, Leiter der bahnbrechenden, internationalen Arktis-Expedition des Alfred-Wegener-Instituts „Mosaic“ persönlich, lädt die Besucher ein, diese faszinierende, kalte Welt zu entdecken.

Neue Show „Polar Experience“: Polarreise ist keine Kreuzfahrt

Man hört den Wind, sieht das Meer, die Spuren im Schnee. Die Show verbindet Abenteuer gekonnt mit Wissen. Schon der Einstieg macht Lust auf Meer! An Bord der „Polarstern“, des legendären, mittlerweile 40 Jahre alten Eisbrechers des Alfred-Wegner Instituts, gehen die Besucher mit auf große Forschungsreise. „Das wird keine Kreuzfahrt“, warnt die Stimme aus dem Off. Expeditionsleiter Markus Rex erklärt, was Forscher wie er im Eis suchen. Und warum die Ergebnisse uns alle angehen.

Mit eindrücklichen Bildern tauchen Besucher in eine Welt aus Eis und Kälte ein.
Mit eindrücklichen Bildern tauchen Besucher in eine Welt aus Eis und Kälte ein.Benjamin Pritzkuleit/Berliner Kurier

„Polar Experience“ thematisiert auch den Klimawandel

Wenn die Menschen vom Klimawandel hören, sind sie schnell in einer Abwehrhaltung. Sie scheuen die Veränderungen, die nötig wären, um die Erderwärmung zu begrenzen. Hier will die Ausstellung ansetzten und in erster Linie Emotionen für die wunderschönen Lebensräume wecken. „Wir machen das, damit sich die Menschen in die Schönheit des Planeten verlieben“, sagt Ausstellungsmacherin Nicole Srock.Stanley. Sie hat das Konzept der Schau entwickelt. Auch ein Ziel: Begeisterung für Forschung wecken.

Polarforscher über Monate im Eis gefangen

Denn es sind die Männer und Frauen in der Polarforschung, Deutschland gehört hier zur internationalen Spitze, die sich monatelang ins Eis und in die Dunkelheit des arktischen Winters begeben, die mit ihrer Arbeit eine solide Datengrundlage liefern und so die weitreichenden Veränderungen im Eis sichtbar machen.

Mosaic-Expeditionsleiter Markus Rex.
Mosaic-Expeditionsleiter Markus Rex.Polar Experience

Auf der 40 Jahre alten „Polarstern“ leben sie zu zweit in winzigen Kammern von zehn Quadratmetern, erfährt man. Eigentlich sei es sogar ganz gut, dass es extrem eng in den Kabinen ist. „Dann fliegt man bei dem brachialen Schaukeln des Eisbrechers nicht so weit umher“, scherzt Markus Rex. Er und seine Crew ließen sich im Sommer 2019 im arktischen Eis festfrieren und drifteten so erstmals mit den Eismassen im arktischen Winter über den Nordpol.

Polarforscher sicher: Lieber Arktis als Winter in Berlin!

Wie man die ständige Dunkelheit im arktischen Winter aushält, die Kälte des Eises?  „Ach, der graue Berliner Winter ist schlimmer“, sagt Markus Rex, der Professor an der Universität Potsdam ist und die Sektion Atmosphärenphysik des Alfred-Wegener-Instituts leitet.

Norwegen, Tromsö: Markus Rex 2019 auf de Brücke der „Polarstern“.
Norwegen, Tromsö: Markus Rex 2019 auf de Brücke der „Polarstern“.Alfred-Wegener-Institut

Wer nach der Ausstellung Lust bekommen hat, ebenfalls in die Polarforschung einzusteigen, der findet auf einer der Schautafeln, die das emotionale Erlebnis mit Wissenswertem über Flora und Fauna flankieren, auch dazu Hinweise und Tipps. Schließlich braucht auch die Polarstern II, die gerade in Wismar gebaut wird, irgendwann eine neue Crew.

Einwohner der Arktis fürchten um ihre Kultur

Für Kinder bereitet die Galileo-Figur Cosmo die Fakten verständlich auf. Es gibt einen eigenen Audioguide für sie. Ansonsten führt ein Audioguide auf Deutsch und auf Englisch durch die barrierefreie Ausstellung. Besonders eindrücklich wird sie, als die Menschen, deren Kultur und Lebensweise in der Arktis unmittelbar vom Klimawandel bedroht ist, zu Wort kommen.

Die Schamanin Yaari Walker vom Yupik-Stamm erzählt von den Folgen der Erderwärmung die die Kultur ihrer Verwandten und Vorfahren in der Arktis bedroht.
Die Schamanin Yaari Walker vom Yupik-Stamm erzählt von den Folgen der Erderwärmung die die Kultur ihrer Verwandten und Vorfahren in der Arktis bedroht.Benjamin Pritzkuleit/Berliner Kurrier

Yaari Waker, Schamanin im Stamm der Yupik, die auf St. Lawrence Island leben, berichtet mit ihren Verwandten in einem Film vom veränderten Alltag auf dem Eis. „Alles dreht sich in unserer Kultur um Verbundenheit“, sagt sie. „Verbundenheit mit der Natur, der Erde, unseren Vorfahren.“

Bevor die Wissenschaftler es wussten, hätten die Alten im Stamm schon vor vielen Jahren die Veränderungen im Eis und beim Wetter miterlebt. „Beschwere dich niemals über die Natur“, habe ihr Großvater sie gelehrt. Die sei immer viel größer als der Mensch. Wenn das Eis schwindet, können die Yupik nicht mehr jagen, mit dem Eis verschwindet auch ihr naturnahes Leben in der Arktis. Als einer von Yaaris Verwandten am Ende des Films vom „letzten Eis“ spricht, ist der Kloß im Hals schon spürbar. Gut, dass es nun nicht direkt in den Souvenirshop geht, sondern in den wichtigsten Raum: „Act now“ steht groß an der Wand und „Gute Nachrichten“.

Die Ausstellung will Wege aufzeigen, wie Besucher sich konkret für Naturschutz in Arktis und Antarktis einsetzen können.
Die Ausstellung will Wege aufzeigen, wie Besucher sich konkret für Naturschutz in Arktis und Antarktis einsetzen können.Benjamin Pritzkuleit/Berliner Kurier

Die großen und kleinen Besucher können sich hier darüber informieren, mit welchen Mitteln und Partnern Klimaschutz gelebt werden kann. Was ist, wenn im Jahr 2045 vieles besser geworden ist, fragt die Ausstellung. Was ist unsere Idee von der Zukunft und was muss getan werden, um dorthin zu kommen? „Es geht nicht darum, was man als Einzelner an CO₂  einsparen kann“, sagt Markus Rex. Es gehe darum, die Politik in die Verantwortung zu nehmen. „Nur wenn die politischen Rahmenbedingungen verändert werden, haben wir eine Chance, die Erderwärmung weiter zu begrenzen.“

Forscher rechnen mit Erderwärmung um drei Grad bis 2050

Von den schlimmsten Szenarien, einer Erhöhung um sechs, sieben Grad sprechen wir schon lange nicht mehr, denn die Menschheit hat sich auf einen anderen, besseren Weg gemacht. Momentan rechnet die Forschung mit einer Erderwärmung um drei Grad bis 2050. Immer noch ein erschreckendes Szenario: Doch anstatt zu resignieren, sei es nun Zeit, das Tempo für Umweltschutzmaßnahmen weiter zu erhöhen, sagt Rex. „Von alleine wird es nicht gut, es braucht schon Anstrengung.“

Expeditionsschlitten und Polaranzug. In der Arena wird es bis April frostig.
Expeditionsschlitten und Polaranzug. In der Arena wird es bis April frostig.Benjamin Pritzkuleit/Berliner Kurier

Als Wissenschaftler wollen er und seine Kollegen auch weiter dazu beitrage, neutrale, fundierte und verlässliche Daten und Aussagen zu liefern. Auf deren Grundlage kann Politik dann Weichen stellen. 2030 soll die neue Polarstern II fertig für ihre ersten Einsätze sein. Sie wird dann mit leiserem und umweltfreundlichen Motor in die Arktis aufbrechen und an verschiedenen Eissorten getestet. Markus Rex freut sich jetzt schon über den neuen Moonpool an Deck. Das ist nicht etwa eine Wellnesseinrichtung für die Crew, sondern eine große Öffnung, die bis unter die Wasserlinie reicht und es viel leichter macht, Forschungsgerät zu Wasser zu lassen.

Ausstellung „Polar Experience“: Alle Infos zur Schau in Berlin

Wann: vom 6. Dezember 2025 bis 6. April 2026
Wo: Arena Berlin, Eichenstraße 4, 12435 Berlin
Öffnungszeiten: Dienstag, Mittwoch, Sonntag 10 bis 18 Uhr. Donnerstag, Freitag, Samstag und an Feiertagen 10 bis 20 Uhr.
Tickets ab 21 Euro, am Wochenende 24 Euro

Transparenzhinweis: Der Berliner KURIER ist Partner der Ausstellung.

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