Jeden ersten Montag im Monat wird das Nachbarschaftscafé im Stadtteilzentrum Pankow zur Werkstatt. Kaum sind die Tische zu einer Arbeitsfläche zusammengestellt, die grüne Schutzdecke drübergelegt und zwei Arbeitsleuchten an die Tischkanten geklemmt, stehen die ersten „Kunden“ an. Ab fünf Uhr abends öffnet das Repair-Café. Für alle, die sich von kaputten Geräten nicht trennen wollen und auf die Hilfe der ehrenamtlichen Tüftler hoffen.
Die erste Besucherin holt vorsichtig eine Kuckucksuhr aus der Tasche: „Ich war schon vor ein paar Wochen damit hier. Da wurde die Uhr gerichtet – und zuhause ging sie nicht mehr.“ Nun also ein zweiter Versuch, das gute Stück zu erhalten. Gaby, die im Repair-Café Stammkundin ist, hat ihren defekten sprechenden Eierkocher auf die Arbeitsfläche gestellt. Mit dabei hat sie auch einen kleinen Herrnhuter Stern – „ist ’ne Sonderedition“ – der wieder zum Leuchten gebracht werden soll.
Der Spaß am Reparieren kommt den Besuchern zugute
„Ach, schau an, ein Herrnhuter Stern. Es geht auf Weihnachten zu“, scherzt Hajo Jürgens. Der 70-jährige Medizintechniker ist einer der fünf Ehrenamtlichen, auf deren Fähigkeiten die Besucher setzen. Seit sechs Jahren ist er dabei. „Als ich in Rente gegangen bin, hatte ich Bedenken, dass ich irgendwann nur noch zu Hause herumsitze.“ Eine Beschäftigung, die Spaß macht und auch Gutes bewirkt ist, sollte es sein. „Mein Sohn hat mich auf das Konzept Repair-Café aufmerksam gemacht.“ Inzwischen ist er bei gleich bei mehreren aktiv.

Während Hajo Jürgens einen Stromumwandler in der Mache hat, der einem Wohnwagen-Besitzer den Dienst versagt, prüft gegenüber Bernd Wagner, ob der Handstaubsauger einer jungen Frau noch zu retten ist.
Der 66-Jährige hat sein Handwerk bei AKA elektric („ … in jedem Haus zu Hause“) gelernt – zu Zeiten, als das schnelle Entsorgen defekter Geräte keine Option war. „Wegwerfen fällt mir schwer, bei mir wird alles, was geht, repariert“, so Bernd. Und: Er hat ein „Helfersyndrom“, wie er selbst sagt. Davon profitieren die Repair-Café-Besucher. „Ich habe auch schon kaputte Geräte mit nach Hause genommen, um sie wieder fit zu bekommen.“

Auf dem Werkstisch brodelt Wasser im Eierkocher, er scheint wieder zu funktionieren. Daneben zieht eine zarte Rauchfahne von einem Lötkolben auf. Mit dem hat Moritz Tscherner (27) den Weihnachtsstern wiederhergestellt, der nun in kräftigem Rot erstrahlt. Der junge Industriedesigner kam über seinen Vater zu der ehrenamtlichen Repair-Café-Truppe im Stadtteilzentrum Pankow.
Peter Tscherner (58) sitzt am anderen Ende der improvisierten Werkbank und kümmert sich um den Plattenspieler eines jungen Mannes. „Ich habe von jeher Sachen repariert, die andere weggeworfen haben“, sagt der Maschinenbau-Ingenieur. „Mir macht das Freude und ich kann anderen Menschen eine Freude machen.“

Auch die Nachhaltigkeit ist Herzenssache
Nachhaltigkeit liegt allen Ehrenamtlichen hier am Herzen. „Es ist nicht einzusehen, dass viele Produkte eine viel zu kurze Lebensdauer haben und nicht repariert werden können“, findet Dirk Kohmann (54), der sich der unzuverlässigen Kuckucksuhr angenommen hat. Der Bauingenieur hat sich in das Uhrwerk vertieft, die Uhren-Besitzerin sitzt daneben und hält ihm das Licht. Auch das gehört zum Konzept: Die Leute geben ihre defekten Stücke nicht einfach ab, sondern sind bei der Reparatur dabei, können und sollen gern mitwerkeln.

Über das Repair-Café kommen Nachbarn in Kontakt
„Das Repair-Café soll auch ein Ort der Begegnung sein“, sagt Ira Freigang vom Stadtteilzentrum-Team. Seit 2017 gibt es das Projekt hier im Haus. „Menschen aus der Nachbarschaft finden über das gemeinsame Reparieren leichter zueinander.“
Unter den Besuchern sind viele junge Leute, wie Hajo Jürgens sagt. „Ihnen geht es um Nachhaltigkeit. Sie wollen weg von der Wegwerfgesellschaft, wollen ihre Sachen reparieren können. Und wir geben ihnen das Know-how dazu.“
Etwa 50 bis 70 Prozent der defekten Dinge können die ehrenamtlichen Tüftler in der Pankower Schönholzerstraße erfolgreich reparieren. Hauptsächlich sind es elektrische Geräte. Bezahlen müssen ihre „Kunden“ dafür nicht. Wer mag, kann eine Spende in das pinkfarbene Sparschwein stecken, das auf dem Tisch steht. Die meisten machen das. „Von dem Geld geht nichts an uns persönlich“, betont Bernd Wagner. „Das investieren wir in neue Werkzeuge.“




