Ein letztes Mal Rogacki-Luft atmen. Das Aus des berühmten West-Berliner Feinkostladens in der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg ist längst bittere Gewissheit. Im Internet läuft bereits die Versteigerung des gesamten Inventars. Am Freitag öffnete Rogacki ein letztes Mal die Türen. Nicht zum Einkaufen, sondern zur Vorbesichtigung der Stücke, die online unter den Hammer kommen. Noch bis Montag (8. Dezember) um 11 Uhr kann auf die Schilder, Kassen und Kühlschränke geboten werden.
Nach 97 Jahren endet die Ära des Delikatessengeschäfts. Nach dem tragischen Tod von Geschäftsführer und Inhaber Dietmar Rogacki (†68) im Mai blieb der Laden seit Juni geschlossen. Im Juli wurde dann Insolvenz angemeldet.
Tränen um Rogacki: Ex-Mitarbeiterin nimmt weinend Abschied
Zwischen Stehtischen, alten Kassen, Porzellan und dem berühmten Räucherfleisch steht plötzlich eine Frau mit wässrigen Augen: Bärbel Pross (64) aus Charlottenburg. Sie hat von 1980 bis 1986 bei Rogacki an der Wursttheke gearbeitet und kehrt nun ein letztes Mal an den Ort zurück, der für viele West-Berliner ein Stück Heimat war.
„Ich habe hier immer gerne gearbeitet, wir waren damals eine richtige Clique“, sagt sie, während sie mit der Hand über die abgenutzte Thekenkante streicht. Ab und zu hat sie bei den Salaten ausgeholfen, nur an die Fischtheke ging sie nie. „Da hat man danach immer so nach Räucherfisch gestunken.“

Kartoffelsalat von Rogacki hat auch Bärbel Pross geschmeckt
Je länger sie an der Wursttheke steht, desto enger wird ihre Stimme. „Die Wurst hat in den 80ern aber besser geschmeckt als kurz vor Schluss“, sagt sie. Plötzlich laufen ihr die Tränen. Der berühmte Rogacki-Kartoffelsalat? „Der hat mir nie geschmeckt“, sagt sie und lacht. Bärbel hat mit 18 bei Rogacki angefangen. Im Abstellraum „um die Ecke“ haben sie damals heimlich geraucht, und wenn es mal besonders chaotisch war, wurde mit Papierkügelchen auf Kunden geschnipst. „Wir waren jung“, sagt sie.

Ihr erster Besuch bei Rogacki liegt noch weiter zurück. Bereits in den 60er Jahren kam sie mit ihrer Mutter zum Einkaufen. Auch nachdem sie längst nicht mehr dort arbeitete, kam sie immer mal wieder als Kundin vorbei. „Irgendwann wurde es mir aber alles zu teuer“, sagt die 64-Jährige. Eine Freundin fürs Leben hat sie durch die Arbeit an der Wursttheke trotzdem hier gefunden.




