Nach SPD und CDU

Neue Seilbahn in Berlin: AfD kommt mit altem Schwachsinns-Plan

Statt über die Müggelberge oder dem Wannsee soll es nun eine Seilbahn in Reinickendorf geben. Darauf pocht die AfD, als hätten wir keine anderen Sorgen.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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Die Seilbahn über den Kienberg in Marzahn: Sie wird wohl die einzige in Berlin bleiben.
Die Seilbahn über den Kienberg in Marzahn: Sie wird wohl die einzige in Berlin bleiben.Benjamin Pritzkuleit

In Wien sind sie, die Mitglieder der Berliner AfD-Fraktion. An der schönen blauen Donau waren sie gerade zur Klausurtagung. Was dabei herauskam? Eine Alternative zu Bus, Tram, S- und U-Bahn. Die AfD kommt uns nun auch mit dem Wunsch, in Berlin eine weitere Seilbahn bauen zu wollen. Nur ist diese grüne Verkehrsidee im blauen Gewand ein alter Hut. Denn SPD und CDU nervten uns bereits vor Jahren mit Plänen für einen Seilbahn-Neubau, den keiner haben will.

Schließlich hat Berlin ja ganz andere Sorgen – und seit 2017 auch schon eine Seilbahn. Zwischen den Hochhaus-Schluchten von Marzahn und Hellersdorf verläuft sie über die „Gärten der Welt“, die als Attraktion für die damalige Internationale Gartenausstellung gebaut wurde. Bis zu 3000 Fahrgäste pro Stunde können mit dieser Seilbahn fahren. Dass sie bis heute keine weiteren Ableger in Berlin bekam, hat seine Gründe.

Doch bevor wir darauf kommen, stellen wir doch erst einmal die Idee vor, die da der Berliner AfD so vorschwebt. Zwischen der Wasserstadt Spandau und dem geplanten Schumacher-Quartier auf dem einstigen Areal des Flughafens Tegel würden sie gerne eine neue Seilbahn-Strecke bauen.

„Eine solche Verbindung dieser zwei Neubauquartiere, die durch den bisher existierenden ÖPNV nur sehr unzulänglich miteinander verbunden sind, wäre absolut sinnvoll“, sagt der AfD-Experte Rolf Wiedenhaupt. „Eine aufgeständerte Seilbahn würde Flächenressourcen sparen; sie würde Wald, Kleingärten und Badeplätze kaum beeinträchtigen und wäre leicht barrierefrei zu errichten. Zudem erhielte die Urban Tech Republic (der neue Name des einstigen Flughafenareals in Tegel, Anm. d. A.) eine weitere Verkehrsanbindung.“

Daher beschloss man auf der Klausurtagung im fernen Wien, den Senat aufzufordern, eine Machbarkeitsstudie für diesen Schwachsinns-Plan in Auftrag zu geben. Schwachsinns-Plan deshalb, weil schon in den Jahren zuvor der Senat diverse Träume von Seilbahn-Strecken im Vorfeld irgendwelcher Studien im Keim erstickte.

Neue Seilbahn für Berlin ist ein alter Hut, den die AfD neu verkauft

Da wäre etwa die SPD von Treptow-Köpenick, die mit dem Bezirksbürgermeister Oliver Igel auf die Idee kam, eine Seilbahn zum Müggelturm zu bauen. Vor fünf Jahren versuchte dann die Spandauer CDU den Treptow-Köpenickern nachzueifern. Ihr Plan: Der Bau einer Seilbahn, die quer von Kladow über den Wannsee zum gleichnamigen S-Bahnhof führt. Beide Projekte wurden nie umgesetzt.

Auch die Linken wollten mit dem „Bus der Lüfte“ punkten. Pankows einstiger Bürgermeister Sören Benn wollte mit einer Seilbahn die Wohngebiete im  Blankenburger Süden erschließen. Alle Projekte sah die Senatsverkehrsverwaltung mit großer Skepsis.

Eine braune Kuh weidet auf dem Gelände neben der Rollbahn des ehemaligen Flughafens Berlin-Tegel.  Auf diesem Areal soll der Forschungs- und Industriepark Urban Tech entstehen. Und die AfD will eine Seilbahn.
Eine braune Kuh weidet auf dem Gelände neben der Rollbahn des ehemaligen Flughafens Berlin-Tegel. Auf diesem Areal soll der Forschungs- und Industriepark Urban Tech entstehen. Und die AfD will eine Seilbahn.Soeren Stache/dpa

„Für Bau und Betrieb müsste sich ein Investor finden“, stellt eine Behördensprecherin schon vor fünf Jahren gegenüber dem KURIER fest. Damals wie heute will das Land Berlin für so ein Projekt nicht zahlen. So kosteten der Bau und der Betrieb der IGA-Seilbahn 14 Millionen Euro.

Und auch ein Betreiber müsste her. Die BVG lehnte schon bei diesem Thema in der Vergangenheit ab. Außerdem haben die Verkehrsbetriebe genug zu tun, damit die Straßenbahnen, Busse, und U-Bahnen vernünftig rollen. Der alte Fuhrpark bedarf auch einer Auffrischung – und die kostet. Da Berlin sparen muss, käme die BVG auch als Investor nicht infrage.

Aber auch formell hat ein weiterer Seilbahn-Bau keine Chance – und das müsste auch die AfD wissen. Denn laut dem Nahverkehrsplan des Senats ist der Bau von Seilbahnen als öffentliches Verkehrsmittel nur unter bestimmten Kriterien vorgesehen.

Das wäre in Gebieten der Fall, in denen der Einsatz von Straßenbahn und Bus deutlich längere Fahrzeiten und zusätzliche Umsteigevorgänge bedeuten würde. Oder in Kiezen, wo eine Seilbahn sinnvoll in das bestehende Nahverkehrsnetz eingebunden werden kann. Das gilt auch für den Seilbahnplan der AfD zwischen Spandau und Tegel.

Eine neue  Straßenbahnstrecke wäre vermutlich effektiver. Denn eine Seilbahn hat gegenüber den traditionellen Verkehrsmitteln wie Bus oder Straßenbahn viele Nachteile: Sie ist langsamer und bietet vor allem weniger Umsteigemöglichkeiten in andere Verkehrsmittel des Öffentlichen Nahverkehrs.