„Es macht mich so traurig“

Sozialisten-Friedhof: Russische Kriegspropaganda auf 100 Grabsteinen

Schrecklicher Fall von Vandalismus in Friedrichsfelde: Unbekannte schänden willkürlich Gräber. Friedhofsbesucher sind erschüttert.

Author - Veronika Hohenstein
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Schrecklicher Vandalismus auf dem Friedhof in der Gudrunstraße in Lichtenberg: Unbekannte sprühten ein „Z“ auf mehr als 100 Grabsteine. Der Berliner Hans, der den Friedhof regelmäßig besucht, ist bestürzt über die Attacke.
Schrecklicher Vandalismus auf dem Friedhof in der Gudrunstraße in Lichtenberg: Unbekannte sprühten ein „Z“ auf mehr als 100 Grabsteine. Der Berliner Hans, der den Friedhof regelmäßig besucht, ist bestürzt über die Attacke.Veronika Hohenstein

Am frühen Dienstagmorgen bot sich dem Team des Friedhofs in der Gudrunstraße in Lichtenberg in Berlin ein Bild der Verwüstung. Über 100 Grabsteine sind mit Farbe beschmiert! Ein großer, greller Buchstabe prangte auf den Gedenksteinen – in Pink, Weiß, Schwarz oder Braun. Wer macht so etwas? Das fragen sich auch Anwohnerinnen und Anwohner, die den Friedhof der Sozialisten regelmäßig besuchen. Sie sind von diesem heftigen Vandalen-Angriff entsetzt. Die Polizei ermittelt.

Vandalen beschmieren mehr als 100 Grabsteine: Anwohner sind entsetzt!

Einige Grabstätten wirken, als seien sie willkürlich gewählt worden. Andere wiederum scheinen bewusst ausgelassen worden zu sein. Ein Muster ist bislang nicht erkennbar. „Ich habe große Zs gesehen, manche in Pink, manche in Schwarz, ohne erkennbaren Sinn. Es ist eine unsägliche Schändung von Gräbern“, sagt Anwohner Hans, der eigentlich anders heißt. Er besucht den Friedhof häufig. Heute ist er gekommen, um sich selbst ein Bild vom Ausmaß des Vandalismus zu machen. „Ich kann nur den Kopf schütteln. Es macht mich so traurig. Wer reinigt das? Und wer übernimmt die Kosten? Die Angehörigen nehme ich an.“

Beate steht zum ersten Mal auf dem Lichtenberger Friedhof – und ist schockiert über den Vandalismus. „Für die Hinterbliebenen muss das ein Albtraum sein. Ist das Z etwa für Zerstörung?“
Beate steht zum ersten Mal auf dem Lichtenberger Friedhof – und ist schockiert über den Vandalismus. „Für die Hinterbliebenen muss das ein Albtraum sein. Ist das Z etwa für Zerstörung?“Veronika Hohenstein

„Z wie Zerstörung?“ Anwohner rätseln über Angriff auf Lichtenberger Friedhof

Auch Beate, eine Besucherin aus einem anderen Berliner Stadtteil, ist entsetzt. „Ich bin zum ersten Mal hier, und dann so etwas. Es tut weh, das zu sehen. Für die Angehörigen muss das ein Albtraum sein.“ Sie fragt sich, ob das Z für „Zerstörung“ stehen könnte. Tatsächlich könnte es sich auch um eine Aktion prorussischer Schmierfinken handeln: Das große „Z“, hatten die russischen Truppen auch auf Panzer und andere Fahrzeuge geschmiert, als sie am 24. Februar 2022 in die Ukraine einmarschierten.

Sandro Schulze (38) wohnt in Lichtenberg, nicht weit vom Friedhof entfernt. Er geht täglich mit seinem Hund hier spazieren, manchmal sogar mehrmals. „Gestern war hier noch alles normal“, sagt er. Erst heute Morgen habe seine Freundin gesehen, wie die Polizei die Anzeige aufgenommen hat. Auch er versteht die Tat nicht: „Graffiti gibt’s in Berlin an jeder Ecke, aber doch nicht auf Friedhöfen. Das weiß doch jeder, das ist der Kodex!“

Sandro Schulze (38) geht täglich mit seinem Hund über den Friedhof in Lichtenberg. Die Farbschmierereien machen ihn betroffen: „Ich hoffe, die Hinterbliebenen müssen die Grabsteine nicht alleine säubern. Ich bin sicher, der Kiez würde mit anpacken, ich würde auch helfen."
Sandro Schulze (38) geht täglich mit seinem Hund über den Friedhof in Lichtenberg. Die Farbschmierereien machen ihn betroffen: „Ich hoffe, die Hinterbliebenen müssen die Grabsteine nicht alleine säubern. Ich bin sicher, der Kiez würde mit anpacken, ich würde auch helfen."Veronika Hohenstein

Fassungslosigkeit nach Farb-Angriff auf Lichtenberger Friedhof

Die Wahl der Gräber wirkt planlos, das Symbol immer dasselbe. Warum gerade das „Z“ gesprüht wurde, ist unklar. Politische oder ideologische Motive sind bislang nicht bestätigt. „Das macht doch keinen Sinn“, sagt Schulze. „Ich denke, es waren Jugendliche, aber wer auch immer das war, das ist krank. Ich hoffe, die Angehörigen bekommen Hilfe, das zu säubern.“ Schulze betont: „Wenn ich wüsste, wie man das Graffiti von den Grabsteinen wegbekommt, würde ich helfen. Und ich bin sicher, viele hier aus dem Kiez auch.“ Die Polizei ermittelt nun wegen Störung der Totenruhe und Sachbeschädigung.

Willkürlicher Vandalismus: Über den Inschriften der Grabsteine prangt ein großes, gesprühtes „Z“. Mal in Pink, mal in Schwarz, mal in Weiß. Ganze Reihen wurden beschmiert, andere vereinzelt ausgelassen. Ein Muster ist nicht zu erkennen.
Willkürlicher Vandalismus: Über den Inschriften der Grabsteine prangt ein großes, gesprühtes „Z“. Mal in Pink, mal in Schwarz, mal in Weiß. Ganze Reihen wurden beschmiert, andere vereinzelt ausgelassen. Ein Muster ist nicht zu erkennen.Veronika Hohenstein