Berlin ächzt unter der Hitze – wer gerade keinen Urlaub hat und zur Arbeit muss, kommt momentan ordentlich ins Schwitzen. Wer dann noch, wie es auch die KURIER-Reporter manchmal tun, in der Mittagszeit das klimatisierte Büro verlassen muss, der ist schnell platt. Und wer sich dann auf den Berliner Senat verlässt – tja, der ist aufgeschmissen. Überall wird momentan über die Karte der kühlen Orte gesprochen, die die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege im Netz anbietet. Sie soll alle, die nach einer Erfrischung suchen, zu den kalten Plätzen in Berlin fühlen. Aber: Klappt das wirklich? Wir haben es ausprobiert.
Ich weiß nicht, wie es Ihnen geht, aber ich würde aktuell am liebsten gar nicht das Büro verlassen. Schon beim ersten Schritt aufs heiße Alex-Pflaster bricht mir der Schweiß aus. Willkommen im Sommer 2025! Als ich am Donnerstag, dem bisher krassesten Hitze-Tag der Woche, in der Mittagszeit einen Termin in der Nähe habe, bin ich schon nach wenigen Schritten durchgeschwitzt. Gut, dass es die Senatsverwaltung für Wissenschaft, Gesundheit und Pflege gibt – von hier kommt die Karte der kühlen Orte, die angeblich hilft, eine Erfrischung zu finden.
Kühle Orte in Berlin: Für den Senat ist ein öffentliches Pissoir erfrischend
Ich befinde mich mit meiner Kollegin beim Lustgarten, wir steuern zuerst den Kolonnadenhof auf der Museumsinsel an. Denn: Die Karte zeigt unter anderem Orte, an denen sich viele Bäume befinden. Tatsächlich ist es vor allem im Schatten etwas kühler, der Effekt ist allerdings minimal, von Erfrischung kann keine Rede sein. Trotzdem machen es sich hier viele Berlin-Besucher in Liegestühlen bequem, lungern zwischen den Blumenrabatten und im Schatten der Säulen herum. Entspannte Sommer-Atmosphäre. Wir aber wollen es kühler. Der Weg führt über die Friedrichsbrücke zum James-Simon-Park. Denn hier befindet sich der nächste „kühle Ort“.
Es ist ein öffentliches Klo. Ja, Sie haben richtig gelesen: ein öffentlich Klo. Eines dieser Teile aus Beton. Etliche davon sind auf der Karte der kühlen Orte aufgelistet. Hier sind sogar die Vorzüge der erfrischenden Attraktion notiert: Zwei Pissoirs. Modelltyp Berliner Toilette 2. Barrierearm: ja. Barrierefrei: ja. Wickeltisch: Nein. Nutzungsentgelt: 0,0. Lust, mich hier zu erfrischen: nullkommanull. Die Klo-Kabine, aus deren Hahn ich auch kein Wasser trinken würde, wird gewartet. Ich kühle mich deshalb in den Wandausbuchtungen mit den Pissoirs ab.

Es stinkt so dermaßen heftig nach Urin, dass meine Kollegin würgen muss, als wir das Erinnerungsfoto schießen. Und ich frage mich voller Wut, wen der Senat hier eigentlich verarschen will. Ich kann mir förmlich vorstellen, wie hier aus den sowieso vorhandenen Geodaten der Stadt Berlin irgendwas zusammengekippt ... wurde. Das gehört nun zum Hitzeschutz in einer Stadt, in der sich die Nächte im Sommer nur auf 20 Grad abkühlen. Und in der es zwingend erforderlich wäre, wirklich etwas zu bieten. Aber ich möchte ungern meckern, vielleicht wird es ja besser.

Schnell weiter, ab in den Montbijoupark. Auch hier gibt’s Bäume, die meisten Plätze in ihrem Schatten sind in der Mittagszeit belegt. Wenn ein laues Lüftchen weht, ist es natürlich schön. Aber eine richtige Erfrischung gibt’s auch hier nicht. Also weiter. Ab um die nächste Ecke, schon stehen wir auf dem Jüdischen Friedhof in der Großen Hamburger Straße. Abgesehen davon, dass ich es etwas makaber finde, mich auf einem Friedhof abzukühlen: Probieren wir es aus! Im Schatten ist es auch hier natürlich etwas kühler, doch auf den etwas verschlungenen Pfaden ist es so zugewachsen, dass sich die Luftfeuchtigkeit wie im Dschungel hält. Der benachbarte Sophienfriedhof ist da nicht wirklich besser: Auch hier gibt’s Schatten, aber keine Abkühlung. Ironie der Senatskarte: Der einzige wirklich kühle Ort ist die Sophienkirche selbst, sie ist sogar offen. Das erwähnt die Verwaltung allerdings nicht.
Die „Erfrischungskarte“ führt uns zum Markthallenbrunnen mit kühlem Chlor-Wasser
Schnell geht es weiter über den Hackeschen Markt zurück in Richtung Alex. Auf dem Weg begegnen uns neben mehreren erfrischenden Toiletten keine kühlen Orte mehr. Die Suche führt uns deshalb zu einer anderen Karte, die es ebenfalls im Netz gibt: Die „Erfrischungskarte“ folgt einem ähnlichen Prinzip, ist aber nicht ergiebiger. Hier werden Sitzbänke aufgeführt, die aber auch in der prallen Sonne stehen können. Pluspunkt: die Karte zeigt anhand des Sonnenstands auch den Schatten an.


Hier werden wir außerdem zum Markthallenbrunnen an der Karl-Liebknecht-Straße 13 geführt. Erfrischend ist es, hier etwas im Wasser zu plätschern. Nur verdirbt hier der Chlor-Geruch die Freude. Und ein Schild weist deutlich darauf hin, dass es sich beim Wasser im Brunnen nicht um Trinkwasser handelt. Richtig abkühlen kann man sich auch hier also nur bedingt. Fazit: Die Karte der kühlen Orte ist eigentlich nur für zwei Dinge zu gebrauchen. Sie führt auch die Trinkbrunnen auf, die es in der Stadt gibt. Und sie zeigt größere Ansammlungen von Bäumen.

Bei Hitze in Berlin: Wer Abkühlung sucht, muss sich selbst kümmern
Verstehen Sie mich nicht falsch: Natürlich gibt's bestimmt auch herrlich erfrischende öffentliche Toiletten. Und natürlich werden hier auch vereinzelt Begegnungsstätten und Nachbarschaftstreffs angezeigt, in denen man sich kurz ausruhen kann. Aber: Wenn man sich durch die Karte durchprobieren muss, um wirklich Abkühlung zu finden, kann man es bei 35 Grad Außentemperatur auch besser gleich bleiben lassen. Wer wirklich Abkühlung will, ist aber besser beraten, wenn er sich selbst Gedanken macht.