Kein Tag vergeht in Berlin, an dem es keine Störungen bei der S-Bahn gibt. Züge fallen aus oder kommen verspätet. Wie der KURIER berichtete, ist die marode Signal- und Stellwerkstechnik schuld, die vor allem auf der Stadtbahn den S-Bahn-Verkehr lahmlegt. Statt den Murks sofort austauschen zu lassen, soll das erst bis Mitte der 30er Jahre passieren. Ernsthaft? Die Bahn will uns jetzt weismachen, dass man für die Behebung des Technik-Problems fast zehn Jahre braucht!
Zu den Signal- und Stellwerkausfällen hat sich nun ein S-Bahn-Sprecher auf KURIER-Anfrage geäußert. „Besonders ist das System zur Gleisfreimeldung betroffen“, sagt er. Wie der KURIER berichtete, stehen Signale wegen „Dauerkurzschlüsse“ ständig auf Rot, sperren so eine Strecke, obwohl keine Züge auf der Strecke sind.
Die Probleme treten aktuell vermehrt an den Stationen Bellevue und Tiergarten sowie drei Nachbarbereichen des Abschnitts zwischen Hackescher Markt und Friedrichstraße auf. „Die Abschnitte selbst sind nur wenige Hundert Meter lang“, so der Bahn-Sprecher. „Jeder einzelne sei aber für einen reibungslosen Betrieb wichtig.“
Es gibt mehrere Ursachen, die systematisch erfasst und abgestellt werden, so der Sprecher. „Der Fehler tritt meist nur kurzzeitig auf, sodass das eindeutige Erkennen und Beheben nur schrittweise erfolgen kann“, sagt er. Daher habe man bei der S-Bahn jetzt eine Task-Force eingerichtet, um die Störungen in den Griff zu bekommen.
Das Hauptgrund sei gerade das Wetter, so der Sprecher. „Grundsätzlich lässt sich festhalten, dass hohe Temperaturen und insbesondere starke Temperaturschwankungen die Lebensdauer von Bauteilen stark beeinflussen und Defekte besonders dann auftreten“, sagt er dem KURIER.
Liegt es wirklich nur am Wetter? Die Berliner erinnern sich noch an das legendäre S-Bahn-Chaos vor über zehn Jahren, als Züge in Serie ausfielen. Der Grund waren technische Defekte an den Fahrzeugen. Die Folge einer damaligen Politik des Bundes und der Bahn, an Werkstattausrüstung und Personal zu sparen.
Nun sind es die Stellwerke und Signale, die bei der S-Bahn ausfallen. Warum die maroden Bauteile nicht sofort ersetzt werden? Der Bahn-Sprecher kommt mit einer langen Vorerklärung.
Elektronische Stellwerke bei der S-Bahn: 40 Jahr sollen sie halten
„Die Eisenbahninfrastruktur im Raum Berlin gehört zu den leistungsfähigsten im gesamten Bundesgebiet. In keiner anderen deutschen Stadt gibt es ein so dichtes und gleichzeitig flächiges Nahverkehrsangebot wie hier“, sagt er. „Seit den 90er Jahren wurden hier fast flächendeckend elektronische Stellwerke verbaut und bei der Berliner S-Bahn kommt ein besonderes Zugsicherungssystem zum Einsatz, welches eine einzigartige Taktdichte ermöglicht. Nach Inbetriebnahme des elektronischen Stellwerks Schöneweide im Jahr 2027 wird die Berliner S-Bahn vollständig durch elektronische Stellwerke gesteuert.“

Das Problem: Die ersten elektronischen Stellwerke geben gerade den Geist auf. Für die Anlagen „gibt es bereits seit einigen Jahren eine Ablösestrategie“, so der Bahn-Sprecher. Diese Stellwerke, „die für einen Betrieb von mindestens 40 Jahren ausgelegt sind, sollen „schrittweise ersetzt“ werden. „Für die wichtige Berliner Stadtbahn ist das bis Mitte der 2030er Jahre geplant.“
Das bedeutet, dass die Berliner noch fast zehn Jahre mit den Signalstörungen auf der Stadtbahn leben müssen. Aber warum braucht der Tausch solange?
Stadtbahn: Im nächsten Jahr wird sieben Monate gebaut
Die Antwort der Bahn: Man wolle die S-Bahn-Fahrgäste auf der Stadtbahn nicht noch mehr belasten. Denn der Austausch der veralteten Technik nehme viel Zeit in Anspruch und sorge für Mehrbelastung auf der Stadtbahn-Strecke.
„Um Auswirkungen der Baumaßnahmen auf die Reisenden möglichst gering zu halten, werden daher größere Bauvorhaben gebündelt“, sagt der Sprecher. Im Klartext: Man verlegt die Arbeiten in weite Zukunft, damit sie nicht in die Zeiträume anderer Baumaßnahmen der Bahn auf der Stadtbahnstrecke fallen.
Etwa im nächsten Jahr, wenn auf der Stadtbahn das nächste Mammut-Projekt ansteht. Dann wird von Juni bis Dezember 2026 an den Gleisen der Fern- und Regionalbahn zwischen Ostbahnhof und Bahnhof Zoo gearbeitet. Nur die S-Bahn fährt. Würde man dann noch die Stellwerk- und Signaltechnik austauschen, wäre anscheinend das Chaos perfekt.