Letztes Kaufhaus im Osten

Geheimtreffen: So will Berliner Senat Galeria Kaufhof am Alex retten

Zentrale Landesbibliothek plus Warenhaus: Hinter den Kulissen wird konkret an dem Senatsplan gearbeitet, der den Kaufhaus-Standort sichern soll.

Author - Norbert Koch-Klaucke
Teilen
Das Galeria-Warenhaus am Alexanderplatz: Es ist das letzte Kaufhaus im Ostteil Berlins.
Das Galeria-Warenhaus am Alexanderplatz: Es ist das letzte Kaufhaus im Ostteil Berlins.Joko/imago

Als Centrum-Warenhaus am Alexanderplatz war es 1970 einer der ersten Kaufhaus-Neubauten der DDR. Als Galeria Kaufhof ist es heute das letzte Kaufhaus im Osten Berlins. Wie berichtet, droht auch dieses zu verschwinden. Im Februar 2026 läuft der Mietvertrag für die Galeria mit dem neuen Gebäudeeigentümer aus. Die Verhandlungen scheinen zu stocken. Doch hinter den Kulissen arbeitet der Senat mit allen Beteiligten an einem Rettungsplan. Ein Treffen ist vereinbart. Es gibt auch schon erste Angebote.

Das Kaufhaus-Sterben im Ostteil Berlins: Der französische Luxus-Konsumtempel Galeries Lafayette schloss vor einem Jahr in der Friedrichstraße. Fast zeitgleich ging der deutsche Warenhauskonzern Galeria Karstadt Kaufhof pleite, der als Galeria neu startete. Von den Kaufhof-Filialen, die es einmal im Osten Berlins gab (Mitte, Friedrichshain, Lichtenberg) bleibt nur das Haus am Alex, das 2004 bis 2006 nach den Plänen des Architekten Josef Paul Kleihues umgebaut wurde.

Derzeit erhält das Gebäude einen 134 Meter hohen Büroturm als Anbau. Und schon jetzt steht fest: Das Haus am Alex wird nie wieder ein komplettes Warenhaus sein. Denn die Eigentümergesellschaft Commerz Real machte laut RBB vor wenigen Tagen klar: „Das Warenhaus in der bisherigen Form ist Vergangenheit.“

Das Kaufhaus am Alexanderplatz: So sah es zu DDR-Zeiten ursprünglich aus.
Das Kaufhaus am Alexanderplatz: So sah es zu DDR-Zeiten ursprünglich aus.C3 Pictures/imago

Die Eigentümer verfolgen zwei Pläne: Der erste wäre ein Umbau des Hauses zu einem „Warenhaus der Zukunft“, unter einer „möglichen Einbeziehung der Galeria“. Der zweite Plan der Commerz Real sieht eine Mischnutzung vor: In das Noch-Kaufhaus zieht die Zentrale Landesbibliothek (ZLB) als Hauptnutzer. Das Erdgeschoss und die erste Etage (ein Drittel der Gesamtfläche des Hauses) soll als Warenhaus Galeria bleiben.

Die Bibliothekslösung schlug 2024 schon der damalige Kultursenator Joe Chialo (CDU) vor. Seine ursprüngliche Idee, das leere Lafayette als neuen ZLB-Standort zu nutzen, war offenbar an den Kosten gescheitert, die sich das Land Berlin nicht leisten kann.

Das Kaufhaus am Alexanderplatz: So stellt sich der Hauseigentümer die Bibliothekslösung mit der Galeria vor.
Das Kaufhaus am Alexanderplatz: So stellt sich der Hauseigentümer die Bibliothekslösung mit der Galeria vor.Commerz Real

Um den Warenhaus-Standort am Alex und die Jobs der dortigen 350 Mitarbeiter zu sichern, setzt der Senat wieder verstärkt auf seinen Bibliotheksplan für das Galeria-Gebäude. Zwischen März und Juli führten die Wirtschafts- und die Kulturverwaltung Gespräche mit dem Hauseigentümer und der Galeria.

„Gegenstand der Gespräche waren immer die Weiterführung des Warenhausstandortes und eine mögliche Integration eines Bibliotheksbetriebs der ZLB“, teilte die Wirtschaftsverwaltung jetzt auf eine Anfrage der Grünen-Fraktion mit. Auch wenn es gerade Probleme bei der Mietvertragsverlängerung zwischen Hauseigentümer und Galeria gibt, treibt der Senat die Umsetzung seines Bibliotheksplanes dennoch immer mehr voran.

Rettungsplan für die Galeria am Alex: Treffen soll im September stattfinden

Es gab offenbar „Geheimtreffen“ zwischen der landeseigenen Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM) und der Eigentümergesellschaft. „Die Commerz Real AG hat der BIM ein indikatives Angebot (unverbindliches Angebot, d. Rd.) für die Liegenschaft am Alexanderplatz inklusive Bibliotheksherrichtung unterbreitet. Aufgrund bestehender Vereinbarungen (…) sind die Inhalte des Angebots vertraulich zu behandeln.“

Die Wirtschaftsverwaltung erklärt weiter: „Die Verlagerung der ZLB an den Alexanderplatz wird als möglicher Ansatz diskutiert. Sie steht unter dem Vorbehalt der finanziellen Machbarkeit und setzt voraus, dass ein Warenhaus in geeigneter Größe an diesem Standort erhalten bleibt.“ Ein weiteres Gespräch „unter Einbeziehung aller relevanten Akteure und Akteurinnen ist für Anfang September vorgesehen“.

Einzelhandelsverbandschef Nils Busch-Petersen
Einzelhandelsverbandschef Nils Busch-PetersenFunke Foto Services/imago

Einzelhandelsverbandschef Nils Busch-Petersen bezeichnet die Lösung mit der ZLB als optimal. „Diese Mischung mit dem Einzelhandel ist sehr vernünftig. Schon das KaDeWe hatte vor 100 Jahren eine öffentliche Leihbibliothek mit über 60.000 Büchern“, sagt er dem KURIER. „Allerdings muss bei der Lösung mit der ZLB auch das Warenhaus noch als solches erkennbar sein“, sagt Busch-Petersen.

Büchereien in Kaufhäusern gab es in Berlin schon vor 100 Jahren, wie dieser Ausriss aus einem KaDeWe-Katalog beweist.
Büchereien in Kaufhäusern gab es in Berlin schon vor 100 Jahren, wie dieser Ausriss aus einem KaDeWe-Katalog beweist.privat/Busch-Petersen

Der „Rettungsplan“ für den Kaufhaus-Standort am Alex funktioniere allerdings auch nur dann, wenn der Senat auch zu dessen Finanzierbarkeit stehe. Dazu gibt es bei Experten aber gehörige Zweifel.

„Bis heute hat der Senat dazu kein vernünftiges Konzept vorgelegt“, sagt der Grünen-Wirtschaftsexperte Christoph Wapler. „Das Hickhack um das letzte große Warenhaus im Ostteil der Stadt ist eine Zumutung – vor allem für die Beschäftigten. Wir nehmen Wirtschaftssenatorin Franziska Giffey beim Wort, den Kaufhaus-Standort zu sichern. Dazu braucht es aber die volle Rückendeckung des gesamten Senats.“