Das Chaos bei der S-Bahn in Berlin macht keine Ferien. Es vergeht kein Tag, an dem Züge wegen Signalstörungen vor allem auf der Stadtbahn ausfallen oder verspätet fahren. Auch am Dienstag gaben die Anlagen ihren Geist auf, legten den Zugverkehr für Stunden lahm. Was steckt dahinter, dass ständig die Signale bei der S-Bahn ausfallen?
„Wegen Signalstörungen verläuft der S-Bahnverkehr nicht planmäßig. Wir bitten, dies zu entschuldigen!“ Diese Sprüche und Anzeigen auf den Bahnhöfen gehören mittlerweile zum Alltag der Berliner. Tagelang waren die Anlagen am Hackeschen Markt das Sorgenkind. Nun sind es die Signale nahe des S-Bahnhofes Bellevue.
Schon am Montag gab es dort an einem Signal Probleme. Am Nachmittag fuhren die S-Bahnen unregelmäßig, manche Fahrgäste brauchten für die Heimfahrt von der Arbeit mehr Zeit und vor allem viel Geduld.
Das Drama setzte sich am heutigen Dienstag fort. Im morgendlichen Berufsverkehr fiel wieder ein Signal in Bellevue aus. Bis zum Vormittag gab es auf den Linien S3, S5, S7 und S9 Verspätungen und Ausfälle. Kaum war die Reparatur erfolgt, stieg das Stellwerk an der Friedrichstraße aus.
Warum ständig die Signale ausfallen – dies wollte der KURIER von der S-Bahn am Dienstag wissen. In einem Telefonat bat man uns, eine schriftliche Anfrage zu stellen. Die Mail wurde kurz vor 11 Uhr gesendet. Die Antwort liegt noch immer nicht vor.
Warum fallen die Signale bei der S-Bahn in Berlin aus? Das ist der Grund
Dafür erklärte ein S-Bahn-Mitarbeiter dem KURIER, warum es ständig zu den Störungen kommt. Ursache ist ein Sicherheitssystem aus den 90er Jahren. Es ist ein Stromkreis-System, das sich in den Gleisen befindet. Fährt ein Zug darüber, schließt dieser den Stromkreis kurz. Die Signale stehen auf Rot. Ist der Zug weg, wird der Stromkreis „geöffnet“, die Signale stehen auf Grün, der nächste Zug kann fahren.
So sollte es im Normalfall sein. Ist es aber nicht. „Und das schon seit Jahren“, sagt der S-Bahn-Mitarbeiter. „Denn die Gleise bleiben auch kurzgeschlossen, wenn kein Zug darauf steht. Mit anderen Worten: Das Signal steht auf Rot, obwohl die Strecke frei ist.“
Was dann passiert? Ein Notfallprogramm startet, das die S-Bahnen auf der Stadtbahn nun in Taktzeiten bis zu 20 Minuten fahren lässt. Und es kommt zu zusätzlichen Streckensperrungen. „Denn es werden Mitarbeiter auf die Strecke geschickt, die die Kurzschlüsse aufheben oder die Ursache finden sollen“, so der Bahn-Mitarbeiter zum KURIER. „Um die Kollegen nicht zu gefährden, fährt keine S-Bahn, solange sie sich auf den Gleisen befinden.“

Das Problem: „Die Suche nach den Ursachen, die zu den Kurzschlüssen führen, gestaltet sich schwierig“, so der S-Bahn-Mitarbeiter. „Manchmal hat sich das Problem schnell in Luft aufgelöst.“ Die Technik sei sehr anfällig. „Auch Witterungseinflüsse könnten zu Kurzschüssen führen“, wenn etwa bei Wärme sich Metall ausdehnt oder Nässe für ungewollte elektrische Verbindungen sorgen. Darauf hatte vor einem Monat auch Alexander Klüe in einem Bericht des „Neuen Deutschlands“ hingewiesen, der Chef des Anlagen- und Instandhaltungsmanagements bei der Bahn in Berlin ist.
Deshalb wünscht sich Christfrid Tschepe, Chef des Berliner Fahrgastverbandes Igeb, „dass die Technik schnellstmöglich gegen eine zuverlässige Variante ausgetauscht wird“. Er fügt hinzu: „Und wie bei jeder Unregelmäßigkeit gilt auch hier, dass Fahrgastinformationen das A und O sind. Über alle Kanäle muss über eventuelle Störungen und alternative Fahrtmöglichkeiten so früh wie möglich unterrichtet werden!“