Beschmiert, zugewuchert und zerkratzt: Viele von Berlins Denkmälern sind nur noch Denkmäler der Schande, der Respektlosigkeit. Von Graffitschmierern, die gar nicht darüber nachdenken, was sie dort talentlos entweihen. Aber auch von den Bezirken, die oftmals vor dem Kampf gegen den Vandalismus kapituliert zu haben scheinen. Unübersehbares Beispiel dafür: das Ernst-Thälmann-Denkmal am Eingang zum Thälmannpark.
Jeden Tag kommen Tausende an dem Monumental-Denkmal vorbei, das gut sichtbar an der Greifswalder Straße liegt. Mit dem Auto, mit dem Fahrrad, zu Fuß. „Es ist schlimm“, sagt Gerhard Lunke (76), der ganz in der Nähe vom Thälmann-Park wohnt. „Der ganze Platz sieht schmutzig und schmierig aus. Ich gehe hier nur noch sehr ungern lang.“ Ein Blick in unser Fotoarchiv zeigt: Auf allen Fotos aus den letzten Jahren wird das Denkmal mit immer neuen Schmierereien abgelichtet. Es gibt nur ein paar Bilder ohne in unserem Archiv – aus einem kurzen Zeitraum im August vergangenen Jahres, als das Denkmal für Filmdreharbeiten gesäubert wurde.
Thälmannpark: Bürger aus dem Kiez versuchen immer wieder das Denkmal zu reinigen
Immer mal wieder, vor allem vor Geburts- und Todestagen des KPD-Politikers, der am 18. August 1944 im Konzentrationslager Buchenwald ermordet wurde, versuchen Bürger aus dem Kiez, das Denkmal zu reinigen. Im Jahr 2021 zahlte der Bezirk Pankow 13.000 Euro für eine Grundreinigung. Vergebens. Wenige Tage später waren die ersten Schmierer am Sockel und der Skulptur wieder am Werk.

Aber das Ernst-Thälmann-Denkmal ist kein Einzelfall: Bei unserem Rundgang durch die Stadt zeigte sich am Donnerstag überall Verwahrlosung. Nur durch Zufall fanden wir im Park am Weißen See überhaupt noch das Denkmal für die antifaschistischen Widerstandskämpfer. Alles ist zugewuchert, wirkt ungepflegt – und ist natürlich mit Farbe beschmiert und bekritzelt.


Im Volkspark am Prenzlauer Berg sind nicht nur die Denkmäler, sondern ist die ganze Parkanlage ein Trauerspiel. Morsche Bänke, kaputte Treppenstufen, zugewucherte Wege und Bäume, von denen man nicht weiß, ob sie nicht beim nächsten etwas stärkeren Wind zusammenbrechen. Fast alle Denkmäler sind beschmiert – und das Relief für die Trümmerfrauen und die anderen Erbauer des kleinen Prenzlauer Bergs, der aus Trümmerresten des Zweiten Weltkriegs aufgeschüttet wurde, ist überhaupt nicht mehr zu erahnen. Man muss schon ganz nah herangehen, um unter der Farbschicht noch ein paar der historischen Bilder entdecken zu können.

Bei unserem Rundgang durch den Prenzlauer Berg sehen wir aber auch, dass an einigen Stellen versucht wird, die Denkmäler sauber zu halten. Die fünf Bronzetafeln auf der Brücke über die Gleise an der Schönhauser Allee (direkt an der Straßenbahn-Haltestelle) sind endlich wieder zu erkennen, gesäubert von dicken Farbschichten.
Die Bronzetafeln zeigen Szenen von Verfolgung, Widerstand und Befreiung vom Nationalsozialismus – und die Inschrift „Alle, die ihr hier vorübergeht, erweist jenen die Ehre, die gefallen sind, damit ihr leben könnt“. Leider können einige anscheinend nicht lesen. Auf der rechten Tafel sind schon wieder die ersten Farbspritzer eines neuen Graffitos zu sehen.
Das Kollwitz-Denkmal in Prenzlauer Berg ist schon wieder beschmiert
Ein paar Hundert Meter weiter stadteinwärts liegt ein anderes „Lieblings-Spielzeug“ von Graffiti-Schmierern. Auf dem Kollwitzplatz, die Bronzeplastik, die an die Malerin und Bildhauerin Käthe Kollwitz erinnert, die hier gleich gegenüber von 1891 bis 1943 lebte. Grüne Buchstaben wurden über die Figur gesprayt, der Sockel ist komplett beschmiert, die eine Seite von Sprayern, die sich für Hertha-BSC-Fans halten.

Schlagzeilen machte am Donnerstag auch eine weitere Hertha-Schmiererei. In einer Nacht- und Nebelaktion wurde die denkmalgeschützte U-Bahnstation Rathaus Schöneberg (entworfen von KaDeWe-Architekt Johann Emil Schaudt) bemalt – scheinbar von Sympathisanten der Ultra-Gruppe Hauptstadtmafia 03. Die BVG hat die großen Fenster des Gebäudes schon mit Holzplatten geschützt. Doch die Hertha-Schmierer haben nicht nur die, sondern weil sie stümperhaft gesprayt haben, gleich auch noch das Mauerwerk daneben mit besudelt.
„Leider ist der zuletzt 2019 sanierte, denkmalgeschützte Bahnhof immer wieder Opfer von Vandalismus“, erklärt die BVG. Das liege vorwiegend an der Lage und leichten Zugänglichkeit von der Parkseite her, provisorisch seien die Scheiben mit Holz verkleidet worden. Die BVG teilt bedauernd mit: „Dieses Provisorium permanent frei von Graffiti zu halten, ist leider mit vertretbarem Aufwand nicht möglich.“ Man strebe für die großen Fensterscheiben einen nachhaltigen Schutz im Einklang mit dem Denkmalschutz an.

Aber auch die Skulpturen auf der Brücke, die über den Bahnhof führt, sind beschmiert, ebenso wie die historischen Treppenaufgänge im benachbarten Rudolph-Wilde-Park. Mit Graffiti, die teilweise schon sehr alt aussehen – und anscheinend einfach so hingenommen werden.

Liebe Leser, wie sieht es bei Ihnen im Kiez aus? Verwahrlosen bei Ihnen auch Parks und Denkmäler? Schreiben Sie uns, was Sie dort erlebt und beobachtet haben. Und schicken uns dazu Ihre Fotos. Von heute und damals. Teilen Sie uns Ihre Meinung mit, kommentieren diesen Artikel oder schreiben uns eine Mail an leser-bk@berlinerverlag.com – wir sind gespannt auf Ihre Ansichten und Fotos! ■