Die Grundsteuer-Wut auf den CDU-SPD-Senat wächst: Immer mehr Leser schreiben dem KURIER und berichten von den Briefen, die ihnen das Finanzamt in diesen Tagen geschickt hat. Den neuen Grundsteuerbescheiden, die ab kommendem Jahr gelten. Besitzer von Wochenendgrundstücken, Eigenheimen und Eigentumswohnungen müssen auf einmal zwei-, drei- oder viermal so viel zahlen wie bisher. Leser Stefan Koch spricht von „modernem Raubrittertum“, ein Rentner von „Betrug an den Ärmsten“.
„Als ich den Brief vom Finanzamt bekam, konnte ich vor Wut zwei Tage lang nicht mehr richtig schlafen“, erzählt Stefan Koch. Der 51-Jährige bewohnt mit seiner Frau ein Haus in Mahlsdorf. 115 Quadratmeter groß, ein gepflegter Garten auf einem 493 Quadratmeter großen Grundstück. Bisher musste er im Jahr 260 Euro zahlen. „Das war nicht viel“, gibt er zu. Mit dem Doppelten hätte er leben können. Zahlen muss er jetzt aber 816 Euro pro Jahr – mehr als das Dreifache.
Mahlsdorf: „Einer zahlt zukünftig weniger, sieben zahlen mehr.“
„Das ist modernes Raubrittertum“, sagt Stefan Koch. „Man kann sich ja gegen den Bescheid nicht mal wehren.“ 2004/2005 haben die Kochs ihr Haus gebaut. Kosten ohne Grundstück: 154.000 Euro. Doch im Grundsteuerbescheid wird der Wert des Hauses mit 257.000 Euro ausgewiesen. „Das verstehe ich nicht“, sagt der 51-Jährige. „Der Wert meines Autos sinkt von Jahr zu Jahr, doch der Wert des Hauses steigt?“
Koch glaubt auch nicht an die Rechnung des Senats, dass die neue Grundsteuer kostenneutral für die Berliner sei. Dass also Berlin, wie vom Finanzsenator versprochen, insgesamt nicht mehr einnehme als vor der Grundsteuerreform. „Ich habe mit acht Nachbarn gesprochen“, sagt der Mahlsdorfer. „Einer zahlt zukünftig weniger, sieben zahlen mehr.“
Nicht weit entfernt wohnt Familie Boltz. In einer Doppelhaushälfte in Biesdorf. „Unsere Grundsteuer beträgt zurzeit 192,52 Euro und steigt ab 2025 auf 729,92 Euro“, schreiben sie uns. Beide sind Rentner, zusammen kommen sie auf eine Nettorente von 2593 Euro. „Wir sind empört über die Erhöhung, weil sie ungerecht ist“, erklären sie.
Der zur Festlegung der Steuer herangezogene Grundwert von 501.000 Euro sei nicht realistisch. „Wir haben versucht, unsere Immobilie zu verkaufen und konnten so feststellen, wie unrealistisch der Grundstückswert vom Finanzamt festgelegt wurde“. Familie Boltz spricht von Betrug an den Ärmsten. „Wir hoffen auf ein Grundsatzurteil zur Herstellung der Gerechtigkeit und auf die nächste Bundestagswahl.“
Grundsteuer: Schreiben Sie uns über Ihre Erfahrungen!
Eva Seelmann schreibt uns aus Lankwitz: „Auch mich hat die Grundsteuer voll erwischt.“ Das Haus ihrer Eltern wurde 1927 gebaut. 100 Quadratmeter groß, dazu ein Garten mit rund 300 Quadratmetern. Das Finanzamt hat die Grundsteuer jetzt von 217 Euro auf 651 Euro erhöht – auf das 3-Fache. „Auch ich habe gegen den ersten Bescheid Widerspruch eingelegt, aber was nützt das?“
Seelmann ist sauer. „Die Politik glaubt, dass die Bürger mit Eigentum reich sind! Da kann wie in allen Bereichen schön abgeschöpft werden“, erklärt sie. „Für mich sieht es eher so aus, als wenn man auf legalem Wege eine Enteignung vorantreiben möchte!“