In Berlin gibt es gleich mehrere Museen, die sich mit der Deutschen Teilung beschäftigen – wer sich dafür interessiert, wie es damals war, der kann eine der Ausstellungen besuchen. Was aber, wenn Sie wissen möchten, wie es sich ANGEFÜHLT hat, hinter dem Bollwerk aus Beton eingeschlossen zu sein? Dafür habe ich einen Tipp: Versuchen Sie es mal mit einem Escape Room! Nie gehört? Dann haben Sie einen der großen Freizeittrends der letzten Jahre verpasst. In Berlin können Sie damit sogar den Kalten Krieg und die DDR nachspielen – und kommen der Deutschen Teilung näher als in jedem Museum.
In Berlin wird auch die DDR zum Escape Room
Es ist ziemlich genau zehn Jahre her, dass ich zum ersten Mal mit Escape Rooms in Kontakt kam – die besonderen Spiele haben mich seitdem nicht mehr losgelassen. Falls Sie noch nie davon gehört haben, erkläre ich es Ihnen mal so, wie ich es schon vielfach erklärt habe: Ein Escape Room ist ein speziell präparierter Raum, der vollgestopft ist mit Rätseln. Die Spieler werden symbolisch eingesperrt und haben meist eine Stunde Zeit, um Schlüssel zu finden, Schlösser zu knacken, Aufgaben zu lösen und Gegenstände zu finden und richtig miteinander zu kombinieren. Das Ziel: Entkommen!
Das Ganze ist ein Trend, der vor etwas mehr als zehn Jahren nach Deutschland schwappte – und eigentlich aus der Welt der Computerspiele kam. Viele kennen noch „Point-and-Click-Adventures“ – Escape Rooms holen sie in die Realität. Und bringen uns damit vom Bildschirm weg. Denn was ist besser als ein Schloss aus dem Computer zu knacken? Ein echtes Schloss zu knacken! Tausende Räume gibt es inzwischen auf der ganzen Welt, jedes Jahr im Dezember wird sogar eine Weltrangliste bekanntgegeben, darauf die besten 100 Escape Rooms der Welt, gewählt von Tausenden Spielern.
Meist gilt es in Escape Rooms auch, eine bestimmte Geschichte zu erleben. Mal ist es die Aufgabe, aus dem Gefängnis zu entkommen, mal befreien die Spieler den entführten Hund aus der Wohnung der verrückten Nachbarin. Und auch die Deutsche Teilung kann man entdecken – so wie ich in meinem ersten Escape Room, den ich 2014 für den KURIER testete, als der Freizeit-Trend gerade nach Berlin kam. Den Raum gibt es noch heute: Erst kürzlich habe ich ihn ein zweites Mal gespielt. Er heißt „Go West“, befindet sich bei „The Room“ in der Ruschestraße in Lichtenberg.
Escape Room DDR: Wo ist der Tunnel in den Westen?
Die Story: In einer Silvesternacht in den 80er-Jahren wollen die Spieler aus der DDR in den goldenen Westen abhauen – im Trubel des Feuerwerks. In einer Wohnung im Osten soll es angeblich einen gut versteckten Fluchttunnel geben. Doch der ist nicht nur vor neugierigen Blicken verborgen, sondern auch mit Rätseln gesichert. Das Spiel ist auf der einen Seite ostalgisch und witzig, enthält aber auch echte Fakten aus der Zeit der Teilung. „Wir wollen nichts nachstellen, sondern an die Berliner Geschichte erinnern – auf eine eigene Art und Weise“, sagte mir Jochen Krüger, einer der Gründer von „The Room“, damals im Interview. Wo sich der Fluchttunnel verbirgt und was der Spieler auf dem Weg erlebt, bleibt natürlich mein Geheimnis.
Mehrere Escape Rooms machen die DDR in Berlin zum Spiel
Es ist nicht das einzige Spiel, das den Besuchern einen völlig neuen Blick auf den Kalten Krieg gibt. Auch in der Nähe vom Checkpoint Charlie findet sich ein solches Abenteuer – bei „House of Tales“. Der Anbieter hat den zur Location passenden Escape Room „Checkpoint Charlie“ im Programm, eine Agentengeschichte aus der Zeit der Deutschen Teilung.
Die Spieler sind hier als Spione unterwegs – und haben die Aufgabe, aus einem Gebäude Staatsgeheimnisse zu stehlen und an den Höchstbietenden zu verkaufen. Und in der Nähe des S-Bahnhofs Frankfurter Allee wartet das Unternehmen „Make A Break“ unter anderem mit dem Escape Room „Tear Down This Wall“. „Reißt die Berliner Mauer nieder: Erlebt Geschichte hautnah und befreit euch aus den Fesseln der Vergangenheit“, heißt es auf der Website des Spiels.
Vielleicht mache auch ich am 9. November eine kleine Zeitreise – denn das lohnt sich nicht nur, weil man damit dieses Kapitel der deutschen Geschichte spannender erkunden kann als in den meisten Museen. Ich habe seit meiner ersten Flucht in den Westen bei „The Room“ übrigens 170 Escape Rooms gespielt. Und habe noch immer nicht genug. Denn die Abenteuerspiele haben noch einen anderen Vorteil: In einem Escape Room muss man sich auch für eine Stunde auf seine Aufgaben konzentrieren – ohne Ablenkung durch Smartphones, E-Mails oder die Widrigkeiten des Alltags.