Da verstehe einer die Berliner Welt! Erst waren es die Spatzen, die vor Gericht dazu dienten, den Abriss des legendären Jahnstadions zu stoppen. Und nun sind es ausgerechnet diese Spatzen, die jetzt vor Gericht dafür sorgen, dass der abrisswütige Bausenator Christian Gaebler (SPD) die einstige DDR-Arena teilweise weiter platt machen kann. Eine Bürgerinitiative spricht von „billigen Tricks“.
Wir erinnern uns: Ausgerechnet am 7. Oktober 2024 (dem 75. Jahrestag der DDR-Gründung) wurde alles für den Abriss der ostdeutschen Arena klargemacht. Erst zog man einen Bauzaun. Einen Tag später rückte der Abrissbagger an. Los legte er am Eingang zur Haupttribüne, auf der früher Stasi-Chef Erich Mielke saß, um Spiele des Fußballklubs BFC Dynamo zu sehen.
Das 20.000 Zuschauer fassende Jahnstadion im Friedrich-Ludwig-Jahnstadion im Berliner Stadtteil Prenzlauer Berg: Seit über zehn Jahren wollen SPD-Senatoren die Arena abreißen. Erst Bau- und Innensenator Andreas Geisel, jetzt ist es Bausenator Christian Gaebler, der das Stadion weg haben will.
Dafür soll ein Neubau her – koste es, was es wolle. Dieser würde plus Abriss der alten Arena insgesamt über 220 Millionen Euro teuer werden. Geld, das das Land Berlin nicht hat.
Eine Bürgerinitiative ist schon lange gegen den Abriss. Vereint mit dem Verein Berliner Naturfreunde wurde kurz nach Beginn des Abrisses Anfang Oktober 2024 ein Eilantrag vor dem Verwaltungsgericht eingereicht, um die Arbeiten zu stoppen. Denn die zerstörerischen Maßnahmen würden Fledermäuse, aber vor allem Spatzen schaden, die am alten Jahnstadion nisten.
Jahnstadion: Erst Abrissstopp, jetzt darf wieder gebaggert werden – alles nur wegen der Spatzen
Im November 2024 gab das Gericht den Naturschützern und der Bürgerinitiative recht. Der Senat musste den Stadion-Abrisswahn stoppen. Das Verwaltungsgericht begründete es damals damit, dass der Senat „die Aufstellung von Sperlingshäusern als Ausgleich für die Zerstörung von Brutstätten des Haussperlings nicht rechtzeitig vor Beginn der Abrissarbeiten gewährleistet“ hätte. Weiter hieß es, dass es „wegen der erfahrungsgemäß schlechten Annahme dieser Ersatzbrutstätten Zweifel an der Wirksamkeit der Ausgleichsmaßnahme“ gebe.
Und nun darf plötzlich der Senat das Jahnstadion weiter plattmachen. Denn jetzt teilte die Justizverwaltung überraschend mit: „Das Land Berlin darf die Abrissarbeiten am östlichen Tribünengebäude des Jahn-Sportparks fortsetzen. Das hat das Verwaltungsgericht in einem Eilverfahren entschieden.“

Auf Antrag der Verwaltung von Bausenator Gaebler hat nun das Verwaltungsgericht seinen Stopp-Beschluss „teilweise“ in einen Weiter-Abriss-Beschluss geändert. Dank der Spatzen – da staunt man.
„Denn die Senatsverwaltung habe durch zusätzliche Maßnahmen ihres Ausgleichskonzepts die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die Ersatzbrutstätten angenommen werden“, heißt es in der Erklärung der Justizverwaltung. So seien Ende November 2024 fünf dauerhafte Sperlingshäuser aufgestellt worden, zusätzlich zu den acht temporären Ersatzniststätten, die bereits im Februar 2024 errichtet worden waren.
Und in dem ganzen Prozedere hat nun der Spatz in Sachen Jahnstadion auch noch für den Senat und seinem Abrissplan gearbeitet. Denn durch ein Überwachungsverfahren sei nun sichergestellt worden, „dass die – in der vergangenen Brutperiode bereits durch den Haussperling genutzten – temporären Ersatzniststätten so lange erhalten blieben, bis die Annahme der Sperlingshäuser gesichert sei“, heißt es.
Bürgerinitiative Jahnstadion empört: Gerichtsbeschluss ist „billiger Taschenspielertrick“
Mit anderen Worten: Die Spatzen lieben die provisorischen „Eigenheime“, die ihm der Senat vorgesetzt hat. Pech für die Naturfreunde. Denn: „Die Funktionalität und Wirksamkeit dieser Maßnahmen habe der Naturschutzverein nicht erfolgreich infrage gestellt“, teilt das Gericht mit. Außerdem seien die Ausgleichsmaßnahmen für den Wegfall von Brutstätten des Stars und des Hausrotschwanzes nicht rechtlich zu beanstanden. Der Abriss des östlichen Tribünengebäudes darf damit fortgesetzt werden.
Auch wenn mit dem Gerichtsbeschluss vorerst nur die Haupttribüne abgerissen und der Rest des Jahnstadions noch stehen bleiben darf: Die Naturschützer sind sauer.
„Wir bedauern, dass mit der Entscheidung der wegweisende Beschluss des Verwaltungsgerichtes eingeschränkt wurde und die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der geschützten Arten aufgeweicht werden“, sagt Vize-Vereinschef Uwe Hicksch. Der Verein Naturfreunde Berlin will in den nächsten Tagen entscheiden, ob er Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen wird.






