Neues Abriss-Urteil

Spatzen teilen Jahnstadion: Im Osten Abriss, im Westen bleibt alles stehen

Wieder hat das Verwaltungsgericht entschieden. Um Spatzen zu schützen, wurde das Stadion aus DDR-Zeiten nun in zwei Zonen geteilt. In der einen haben Abrissbagger bis zum Herbst Arbeitsverbot.

Author - Norbert Koch-Klaucke
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So wütete der Abrissbagger auf der Ostseite des Jahnstadions. Die Haupttribüne gleicht einer Ruine.
So wütete der Abrissbagger auf der Ostseite des Jahnstadions. Die Haupttribüne gleicht einer Ruine.zVg

Es ist schon verrückt, was die Spatzen mit dem Friedrich-Ludwig-Jahn-Stadion in Berlin-Prenzlauer Berg anrichten, das gerade abgerissen wird. Den frechen Piepmätzen ist es nun zu verdanken, dass die legendäre Arena wie einst die Stadt Berlin in Ost und West geteilt ist. Im Prinzip besagt dies das jüngste Urteil des Verwaltungsgerichtes. Danach darf die Osttribüne weiter dem Erdboden gleich gemacht werden. Aber an der Westtribüne herrscht wegen der Spatzen weiter Abrissstopp!

Geht es um Ost oder West in unserem Land, wird sich ja noch immer gerne gestritten. Nicht nur um Vorurteile und den Mauern in den Köpfen der Deutschen. Auch beim Abriss des Jahnstadions geht es derzeit wie einst nach der deutschen Wiedervereinigung zu. Im Ostteil der Arena wütet der Abriss, im Westteil bleibt vorerst alles wie es war.

Wir erinnern uns: Eigentlich sollte das gesamte Jahnstadion recht schnell platt gemacht werden. Seit 2014 arbeiten verschiedene SPD-Bausenatoren an dem Abriss, um ein neues, schönes und vor allem teures Jahnstadion zu errichten.

Natürlich wehrten sich Abgeordnete und Berliner. Muss das in den 50er-Jahren errichtete Jahnstadion wirklich weg, nur weil einige der Bauteile in die Jahre gekommen sind? Angesichts der Neubaukosten, die sich inzwischen auf 200 Millionen Euro belaufen, hielten Abrissgegner eine Sanierung der DDR-Arena für eher sinnvoll.

Dies sind die Holzgerüste für die Ersatznistplätze der Spatzen
Dies sind die Holzgerüste für die Ersatznistplätze der SpatzenzVg

Ja, und dann kam auch der Naturschutz jüngst ins Spiel, von dem man offensichtlich in der Senatsbauverwaltung nichts wissen wollte. Im Endergebnis siegten die Berliner Naturfreunde mit einem Eilantrag vor Gericht, weil die zuständigen Behörden wohl beim Vorbereiten des Abrisses den Naturschutz nicht genau beachtet haben.

Baustopp wegen an den Tribünen nistenden Spatzen war die Folge. Der dauerte aber nur drei Monate. Die Senatsbauverwaltung hatte nachgebessert.

Wie der KURIER berichtet hatte, wütet der Abrissbagger brutal an der Haupttribüne (Ostseite des Stadions). Von dem Bauwerk, auf dem sogar Stasi-Chef Erich Mielke seinen Stammplatz hatte, ist nur noch eine Ruine übrig geblieben.

Abriss Jahnstadion: Die Westtribüne der Arena bleibt bis Herbst 2025

Ein ähnliches Schicksal sollte nun auch die gegenüberliegenden Westtribüne ereilen. Zumindest war man sich in der Baubehörde des Senats sicher. Aber man sollte niemals die Rechnung ohne die Spatzen machen. Denn die Piepmätze schossen wieder einmal quer, erneut zu Gunsten der Berliner Naturschützer.

Die Westtribüne im Jahnstadion: Hier dürfen die Abrissbagger vorerst nicht ran.
Die Westtribüne im Jahnstadion: Hier dürfen die Abrissbagger vorerst nicht ran.zVg

Das Land Berlin dachte, es hätte bei der Westtribüne ebenfalls leichtes Spiel, beantragte beim Verwaltungsgericht, auch den Abrissstopp für diesen Teil des Jahnstadions aufzuheben. Aber das Vorhaben ging daneben.

Das Verwaltungsgericht lehnte diesen Antrag ab. Auch zwei Sanitärgebäude und zwei Trafohäuser auf dem Arenagelände dürfen vorerst nicht abgerissen werden. Denn diese Gebäudeteile nutzen die Spatzen zum Nisten – auch bald in wenigen Wochen.

Das Verwaltungsgericht sah es als nicht sicher an, dass die Vögel kurzfristig in die geplanten Ersatznistkästen umziehen würden, die der Senat dafür vorgesehen hat. Damit bleibt der Westen der Arena bis Oktober 2025 erhalten, während der Ostteil im Jahnstadion weiter abgerissen wird.

Der dicke Spatz: Er und seine Artgenossen sorgen beim Jahnstadion-Abriss für viel Rabatz.
Der dicke Spatz: Er und seine Artgenossen sorgen beim Jahnstadion-Abriss für viel Rabatz.Kira Hofmann/dpa

Da jubeln nicht nur die Spatzen von der Westtribüne, dass sie vorerst ihren Stammplatz für den Nestbau und dem folgenden Brutgeschäft behalten dürfen und nicht in ein für sie unbekanntes Quartier umziehen müsse. Auch die Naturschützer und die Bürgerinitiative Jahnsportpark sind glücklich über ihren Erfolg vor Gericht.

In einer Mitteilung schrieben sie: „Faktisch sind die von der Senatsverwaltung auf die Schnelle als Ersatzniststätten aufgestellten Bretterbuden für Vögel und Fledermäuse vollkommen ungeeignet, ein konsistentes artenschutzrechtliches Ausgleichskonzept fehlt nach wie vor. All das wäre mit sorgfältiger Planung möglich gewesen und es freut uns sehr, dass das Verwaltungsgericht diesem beschämenden Wirken Einhalt geboten hat.“

Nur wird dieses Urteil leider das Jahnstadion nicht retten. Die Haupttribüne im Osten der Arena ist genauso futsch wie das Geld der Steuerzahler, das dafür ausgegeben wurde.

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