Hauptausschuss sagt Ja!

Berlin gibt grünes Licht für Super-Flüchtlingsheim in Familien-Kiez

Die geplante Unterkunft für Geflüchtete in der Soorstraße in Berlin-Westend kann wohl kommen. Anwohner laufen weiter Sturm dagegen.

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Das riesige Bürogebäude in der Soorstraße im Berliner Ortsteil Westend soll unter anderem ein Flüchtlingsheim werden.
Das riesige Bürogebäude in der Soorstraße im Berliner Ortsteil Westend soll unter anderem ein Flüchtlingsheim werden.Norbert Koch-Klaucke

Die geplante Unterkunft für Geflüchtete in der Soorstraße in Berlin-Westend sorgt weiter für hitzige Debatten. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses gab jetzt grünes Licht für die Anmietung des Gebäudes.

Konkret geht es um ein ehemaliges Bürohaus, das ab kommendem Jahr Platz für 950 Geflüchtete bieten soll – ein Projekt mit einem finanziellen Umfang von 118 Millionen Euro. Ursprünglich waren 1500 Plätze geplant, doch nach mehrfachen Verschiebungen der Entscheidung wurde nun ein Kompromiss gefunden.

Auf Druck der CDU soll ein Teil des Gebäudes künftig als Beherbergungsbetrieb genutzt werden. Wer genau dort untergebracht werden könnte – etwa Auszubildende oder Studierende – bleibt allerdings unklar. Der Vermieter soll vertraglich verpflichtet werden, diesen Bereich entsprechend zu gestalten.

Doch trotz der Anpassungen bleibt die „Initiative Westend“ bei ihrer vehementen Ablehnung, schreibt der „Tagesspiegel“. In einem offenen Brief an den Regierenden Bürgermeister Kai Wegner (CDU), der am Montag als Anzeige erschien, kritisiert die Nachbarschaftsinitiative das Vorhaben scharf.

Sie spricht von einer hoch problematischen, rechtswidrigen und nicht nachhaltigen Entscheidung. Besonders die CDU gerät ins Visier: Warum man eine Partei wählen solle, die eine durch Ideologie getriebene, zerstörerische Politik betreibe, fragen die Verfasser und weisen auf die bereits überlasteten Schulen im Stadtteil hin. Zudem werfen sie dem Regierenden Kai  Wegner vor, mit diesem Projekt Wähler in die Arme extremer Parteien zu treiben.

Anwohner kritisieren Senat für Flüchtlingsheim

Von offizieller Seite gibt es keine direkte Reaktion auf den Brief. Regierungssprecherin Christine Richter erklärte auf „Tagesspiegel“-Nachfrage, dass die Senatskanzlei grundsätzlich nicht auf offene Briefe reagiere, vor allem nicht, wenn diese bereits öffentlich gemacht worden seien.

Allerdings stößt der scharfe Ton der „Initiative Westend“ nicht überall auf Zustimmung. Der Verein „Interkulturanstalten Westend“ schlägt eine andere Richtung ein. In einer Stellungnahme betont er die Verantwortung der Stadtgesellschaft, menschenwürdige Unterkünfte bereitzustellen.

Am ehemaligen Berliner Flughafen Tegel stehen Flüchtlinge vor einer Leichtbauhalle an. Die Bedingungen dort sind unzumutbar.
Am ehemaligen Berliner Flughafen Tegel stehen Flüchtlinge vor einer Leichtbauhalle an. Die Bedingungen dort sind unzumutbar.Christophe Gateau/dpa

Dabei verweist der Verein auf die derzeitigen Bedingungen in der Großunterkunft in Tegel, die für längere Aufenthalte unzumutbar seien und jegliche Integrationsbemühungen erschwerten. Angesichts dessen sei die geplante Unterbringung in der Soorstraße das kleinere Übel.

Nachbarschaft in Flüchtlingsheim-Planung einbeziehen

Ohne die „Initiative Westend“ direkt zu nennen, distanziert sich der Verein klar von den Gegnern des Projekts. Er kritisiert, dass viele falsche Zahlen und Informationen verbreitet und Ängste geschürt würden, ohne dabei alternative Lösungen anzubieten.

Langfristig seien kiezferne Unterkünfte problematisch, da sie zur Isolation führten und Hoffnungslosigkeit begünstigten. Daher plädiert der Verein dafür, die Unterkunft so zu gestalten, dass sie sich für einen längeren Aufenthalt eignet. Wichtig sei zudem, ausreichend Begegnungsräume sowie Kapazitäten für Schulen und Kitas zu schaffen und die Nachbarschaft in die Planungen einzubeziehen.

Um den Prozess voranzutreiben, fordern die „Interkulturanstalten Westend“ die sofortige Einsetzung einer Arbeitsgruppe mit Vertretern der Senatsverwaltungen, des Bezirks und zivilgesellschaftlicher Organisationen. Ein erstes Format zum Austausch gab es bereits: Im vergangenen November hatten sich bei einer Akteurskonferenz Vertreter des Bezirks, von Schulen und Vereinen getroffen, um gemeinsam die Bedarfe für eine solche Unterkunft zu ermitteln. ■