Die Umbenennung der Mohrenstraße in Anton-Wilhelm-Amo-Straße: Noch immer streitet man sich in Berlin-Mitte darüber, ob die Änderung wirklich sinnvoll war und ist. Eins steht fest: Die Umbenennung wird auf jeden Fall den Steuerzahlern teuer zu stehen kommen. Der KURIER deckt die Kosten auf, über die man derzeit nicht gerne redet.
Nicht nur Ladenbesitzer wie Volodymyr Sytnik (55) müssen richtig blechen, der seine Wäscherei und Schneiderei an der ehemaligen Mohrenstraße hat. „Bis zu 3000 Euro sind es etwa für Änderungen von Werbematerialien und Dokumenten oder das Herstellen neuer Visitenkarten“, sagt er. Richtig blechen müssen auch andere.
Wie das Bezirksamt Mitte, das vor fünf Jahren mit Stimmen der Grünen und SPD die Umbenennung der Mohrenstraße beschloss. Auf KURIER-Anfrage teilt Bezirksamt-Sprecher Christian Zielke mit: „Das Anfertigen und das Anbringen der 30 neuen Straßenschilder kostet etwa 7500 Euro.“ Und die zahlt der Steuerzahler.

Dazu kommen weitere Kosten, etwa der Versand der Infopost. Rund 400 Anwohner, darunter auch Geschäftsinhaber, Behörden und Institutionen, bekamen einen Brief vom Bezirksamt, der im Vorfeld über die Umbenennung informierte. Das macht etwa 400 Euro – auch auf Steuerzahlerkosten.
Umbenennung Mohrenstraße: 7500 Euro für 30 neue Schilder auf Kosten der Steuerzahler
Der Arbeitsaufwand für die Adressenänderung in den Anwohner-Ausweisen entfällt, die das Bezirksamt jetzt gratis für Mieter der einstigen Mohrenstraße anbietet. Denn so eine Änderung ist in ganz Berlin gratis.
Anders ist es bei der Umschreibung des Kfz-Scheines. Sie kostet 10,80 Euro an Gebühren. Diese übernimmt im Falle der Bewohner der Ex-Mohrenstraße ebenfalls das Bezirksamt. Wie viele Kfz-Schein-Adressenänderungen es gibt, weiß die Behörde nicht. Dafür teilt sie mit, dass die Kosten dafür aus dem Bezirkshaushalt entnommen werden – also dem Geld der Steuerzahler.
Mit der Kostenabrechnung ist noch lange nicht Schluss. Schließlich gibt es an der einstigen Mohrenstraße noch Behörden und Institutionen, die auf Kosten der Steuerzahler auch die Umbenennung bezahlen mussten.

Das Bundesjustizministerium musste etwa Briefköpfe, interne Formulare, sämtliche Publikationen der Behörde mit der neuen Adresse Anton-Wilhelm-Amo-Straße versehen. Ein Großteil dieser Arbeiten konnte von Mitarbeitern im Rahmen ihrer regulären Aufgabenwahrnehmung erledigt werden. Aber für „Büromaterial (inklusive Dienst-/Adressstempel und Briefumschläge) sind bislang Kosten in vierstelliger Höhe angefallen“, sagt eine Ministeriumssprecherin.
Landesvertretung Thüringen: Kosten Umbenennung Mohrenstraße „nicht klar kalkulierbar“
Einige Tausende Euro dürfte die Mohrenstraßen-Umbenennung auch der Landesvertretung Thüringen und damit dem Steuerzahler kosten. Derzeit ist die Summe „nicht klar kalkulierbar“, sagt Katrin Bäßler, Referentin in der Staatskanzlei Thüringen.
Aber wie hoch der Arbeitsaufwand war, ist klar. „Bislang waren viele Kolleginnen und Kollegen in der Thüringer Landesvertretung damit beschäftigt, externe und interne Partner über die geänderten Erreichbarkeiten zu informieren und eigene systemische Dinge zu aktualisieren“, sagt Bäßler.

Sie sagt weiter: „Hinzu kommen in den folgenden Wochen die Änderungen von Genehmigungen und Verträgen. Grafische Arbeiten, wie die Änderung von Einladungsvorlagen, Anfahrtsskizzen bzw. Broschüren müssen zudem ebenfalls überarbeitet werden und sind kostenrelevant.“ Kostenrelevant auch für den Steuerzahler.
Sogar die Humboldt-Uni muss für die Mohrenstraßen-Umbenennung blechen. Ihr Osteuropa-Institut (ZOiS) liegt an der einstigen Mohrenstraße. Wie hoch die Kosten sind, wisse man auch nicht. Klar ist: Auch hier zahlt der Steuerzahler. „Die Humboldt-Universität geht davon aus, dass sie sich in einem niedrigen dreistelligen Bereich bewegen werden“, sagt eine Uni-Sprecherin dem KURIER.
Umbenennung Mohrenstraße: BVG trägt Löwenanteil der Kosten
Mit einigen Hundert Euro kommt die BVG mit der Mohrenstraßen-Umbenennung nicht weg. Vor einer Woche wurde der U-Bahnhof in Anton-Wilhelm-Amo-Straße umbenannt. 13 Scheiben und Tafeln tauschte man um. An den Tunnelwänden der Station steht noch Mohrenstraße. Dieser Schriftzug soll bis Jahresende verschwinden.

Bis zum Fahrplanwechsel Mitte Dezember sollen auch auf Streckentafeln auf den Bahnhöfen der Linie U2 (auf der die Station liegt) geändert werden. Auch die Streckenpläne in Zügen, auf allen 175 U-Bahnhöfen und an allen Wartehäuschen von Bus und Straßenbahnen müssen geändert werden.
Was das kostet? Dazu schweigt die BVG. Man bittet um „Verständnis, dass wir zu einzelnen Kostenpositionen keine Auskunft geben“. BVG-Sprecherin Franziska Ellrich: „Die Anpassungen im Zuge des Fahrplanwechsels gehören zu unseren regulären Aufgaben und sind im Budget eingeplant. Unsere eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter übernehmen den überwiegenden Teil der Arbeiten, sodass die Maßnahmen so effizient und kostenschonend wie möglich umgesetzt werden.“

Unglaublich findet das Alexander Kraus, der Berliner Chef des Bundes der Steuerzahler. „Als Landesunternehmen muss die BVG schon im Interesse der Steuerzahler die Kosten offenlegen, zumal sie den Löwenanteil an der Straßenumbenennung trägt“, sagt er dem KURIER.