Straßenbahn-Pläne gekillt

Millionen versenkt: Hier stellt der Berliner Senat die Tram aufs Abstellgleis!

Berlin bleibt auf der Strecke, denn viele Straßenbahnprojekte werden nicht mehr angefasst. Um diese Strecken geht es.

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Eine neue Straßenbahnlinie vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz wurde auf Eis gelegt.
Eine neue Straßenbahnlinie vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz wurde auf Eis gelegt.Rüdiger Wölk/imago

Es hätte so schön sein können: eine direkte Straßenbahnverbindung vom Alexanderplatz zum Potsdamer Platz oder eine neue Strecke von Johannisthal in die Gropiusstadt. Doch statt Fortschritt gibt es Stillstand – und das nach Millioneninvestitionen.

Die Hauptstadt kämpft seit Jahren mit einer chaotischen Infrastrukturpolitik. Erst wird geplant, dann gestoppt, dann wieder begonnen – nur um erneut alles auf Eis zu legen. Jüngstes Beispiel: Die schwarz-rote Koalition hat der Verlängerung der Straßenbahn zum Potsdamer Platz den Stecker gezogen, berichtet die Berliner Zeitung (Bezahlschranke). Das bedeutet: Jede Menge Planungskosten – und am Ende nichts vorzuweisen.

Die Idee einer Straßenbahnverbindung von der Leipziger Straße zum Kulturforum geistert schon seit den 90ern durch die Stadtpolitik. Bereits 1996 gab es erste Planungen, die aber ebenso im Sand verliefen wie Neuauflagen in den Jahren 2001 und 2013. Sogar erste Schienen wurden verlegt: 530 Meter in der Leipziger Straße – für stolze 1,85 Millionen Euro. Doch sie rosten seit Jahren ungenutzt vor sich hin.

Die ursprünglichen Pläne sahen eine 3,95 Kilometer lange Ost-West-Trasse mit zusätzlichen Abzweigungen vor, so die Berliner Zeitung. Hochrechnungen erwarteten bis zu 40.000 Fahrgäste täglich. Doch selbst konservative Schätzungen gingen zuletzt noch von 10.000 bis 15.000 Fahrgästen aus – ein Zeichen, dass der Bedarf vorhanden wäre. Trotzdem bleibt die Strecke ein Phantomprojekt.

Nur, wie viel Geld ist bereits versenkt worden? Diese Frage stellte der Linke-Verkehrspolitiker Kristian Ronneburg dem Senat – und bekam ernüchternde Antworten. Schon seit der Vorplanungsphase wurden externe Planungskosten von 2,1 Millionen Euro fällig. Insgesamt summieren sich die Kosten auf rund sechs Millionen Euro – für eine Strecke, die wohl nie gebaut wird.

Empörung über den erneuten Tram-Stopp ist groß

Auch die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) haben kräftig investiert: Bis 2022 flossen 1,7 Millionen Euro in das Projekt, 2023 kamen fast 800.000 Euro hinzu, 2024 noch einmal knapp eine Million. Endsumme: 3,5 Millionen Euro – für eine Straßenbahn, die nicht kommt.

Die Empörung über den erneuten Stopp ist groß. „Die Leidtragenden sind die Fahrgäste in Berlin“, sagt Kristian Ronneburg in der Berliner Zeitung, „die von beiden Strecken profitieren würden, denn dadurch würden überlastete Buslinien ersetzt werden und es wären weitere sinnvolle Netzerweiterungen möglich.“

Nicht alle Straßenbahnprojekte sind erwünscht. Anwohner in der Sonntagstraße am Ostkreuz in Berlin protestieren gegen die geplante Tram 21.
Nicht alle Straßenbahnprojekte sind erwünscht. Anwohner in der Sonntagstraße am Ostkreuz in Berlin protestieren gegen die geplante Tram 21.Benjamin Pritzkuleit

Die Grünen-Abgeordneten Oda Hassepaß und André Schulze werfen der CDU vor, Luftschlösser zu bauen. Statt realistische Projekte umzusetzen, würden utopische Ideen wie eine Magnetschwebebahn oder eine Güterstraßenbahn diskutiert – während bereits durchgeplante Strecken auf Eis liegen.

Auch Ostkreuz-Tram nicht sicher

Und nicht nur die Potsdamer-Platz-Strecke ist betroffen. Auch die geplante Tram M11 von Johannisthal in die Gropiusstadt wurde qualifiziert beendet, wie es Staatssekretärin Britta Behrendt formulierte. Kostenpunkt für die bisherige Planung: 238.828,43 Euro. Ursprünglich sollten die Arbeiten längst laufen, doch nun ist auch dieses Projekt Geschichte.

Dabei hatte das Land Berlin der BVG zugesichert, die Planungskosten von 2,2 Millionen Euro für 2024 zu übernehmen. Doch auch hier bleibt es bei einer reinen Konzeptidee – ohne Umsetzung.

Völlig unklar ist auch, ob die seit Jahren geplante Tram-21-Trasse durch die Friedrichshainer Sonntagstraße zum Ostkreuz gebaut werden kann. Denn Berlin hat nicht nur klamme Kassen, bei dem Projekt gibt es auch gut anderthalbtausend Einwendungen von Anwohnern. Der Protest dagegen ist so groß wie bei keinem sonstigen Straßenbahnprojekt in Berlin. ■