Es wird noch schlimmer

Update! Bezirk riegelt Wohnstraßen ab: Dieser Mega-Stau wird Jahre dauern!

Ab nächster Woche gibt es Stau auf beiden Seiten. Denn der Verkehr von der jetzt gesperrten Seite wird auf die andere umgeleitet. Deshalb macht Charlottenburg ganze Kieze dicht!

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Autos stehen auf der A100 in Richtung der gesperrten Brücke an der Messe im Stau. Die Ringbahnbrücke der A100 im Westen Berlins ist seit Mittwochabend aus Sicherheitsgründen in nördlicher Richtung voll gesperrt.
Autos stehen auf der A100 in Richtung der gesperrten Brücke an der Messe im Stau. Die Ringbahnbrücke der A100 im Westen Berlins ist seit Mittwochabend aus Sicherheitsgründen in nördlicher Richtung voll gesperrt.Sebastian Gollnow/dpa

Am Dreieck Funkturm ist der Verkehr am Morgen kollabiert. Seit Mittwochabend, 20 Uhr, ist die Autobahn A100 Richtung Berlin-Wedding komplett gesperrt. Grund: der Riss in der Ringbahnbrücke, der immer größer wird. Und es gibt keine guten Nachrichten für Autofahrer. Denn ab der kommenden Woche wird der Verkehr von der nun gesperrten Seite auf die Gegenfahrbahnen umgeleitet. Das heißt: Von ursprünglich sechs Fahrbahnen bleiben nur noch drei übrig. Schlimm ist das auch für die Anwohner von Charlottenburg. Der Bezirk macht deshalb jetzt ganze Kieze dicht. 

„Wir versuchen alles, um den Verkehr auf der Autobahn zu halten“, sagt Ralph Brodel, Pressesprecher der Niederlassung Nordost der Autobahn GmbH des Bundes und frühere SPD-Bürgermeister der sauerländischen Stadt Sundern. Es sei in Vorbereitung, den A100-Verkehr in Richtung Norden über die Gegenfahrbahn umzuleiten. Auf KURIER-Nachfrage, wie viele Spuren dann Richtung Berlin-Neukölln bleiben, erklärt Brodel: „Zwei!“ (statt bisher drei). Und das sorgt dann auch für Stau auf der A100 Richtung Süden? „Ja, das lässt sich leider nicht vermeiden.“

Über 3 Kilometer: Verkehr wird über die Gegenfahrbahn geleitet

Ein Riss im Tragwerk der Brücke hatte sich in den vergangenen Wochen überraschend ausgeweitet, sodass sie aus Sicherheitsgründen am Mittwochabend ohne Vorwarnung gesperrt wurde. Spätestens Anfang nächster Woche soll die neue Verkehrsführung ausgeschildert sein. Schneller ginge es nicht, weil erst Mittelstreifen-Querungen eingerichtet werden müssen, neue Fahrspuren eingezeichnet und Schilder aufgestellt werden müssen. Rund drei Kilometer lang soll die Verkehrseinengung mitten auf der Stadtautobahn werden.

Das wird natürlich auch für andauerndes Chaos in den umliegenden Kiezen sorgen. Viele Autofahrer werden sich Umfahrungen suchen, versuchen, der zugestauten Autobahn zu entfliehen. Schon heute Morgen brach der Verkehr ringsherum zusammen – in ganz Charlottenburg, Witzleben, Westend und Grunewald. Und in der kommenden Woche kommt dann auch noch der Verkehr in Gegenrichtung dazu.

Charlottenburgs Bezirksstadtrat Oliver Schruoffeneger (Grüne) ist sauer. „Die heutige Behauptung der Autobahn GmbH, der Bezirk sei für die Umleitungsplanung in den Stadtstraßen zuständig, ist eine pure Arbeitsverweigerung“, sagt der Grünen-Politiker. „Wir fordern die Autobahngesellschaft auf, umgehend ein sinnvolles Gesamtkonzept zur Führung des Umleitungsverkehrs vorzulegen. Deutlicher als das Bundesfernstraßengesetz in Paragraf 14 definiert, kann man die Rollen zwischen bezirklichem Straßenbaulastträger und Autobahngesellschaft nicht beschreiben.“

Der Bezirk Charlottenburg-Wilmersdorf reagiert. An mehreren Knotenpunkten wird ab sofort die Einfahrt in Wohnstraßen verboten, um ein Durchfahren zu verhindern, wie die Berliner Zeitung berichtet. Davon betroffen sind die Einfahrten vom Tegeler Weg in die Brahe- und in die Mindener Straße, vom Kaiserdamm in die Soor- und in die Meerscheidtstraße. Dazu kommen die Einfahrten zum Klausenerplatz-Kiez aus der Sophie-Charlotten-Straße und der Schloßstraße.

„Die Tragweite für Pendler sowie Anwohner der umliegenden Bezirke ist uns bewusst“, sagt Ralph Brodel. Doch mögliche Umleitungen und Umfahrungen sind bisher nicht ausgeschildert, erst in der kommenden Woche soll es ein Verkehrskonzept geben. Schruoeffeneger bestätigt, dass die zuständige Abteilung der Senatsverwaltung prüfe, ob und wie Ampelschaltungen anzupassen sind.

Autofahrern wird bisher nur empfohlen, auf den ÖPNV auszuweichen oder die Stelle weiträumig zu umfahren. Es soll aber schon außerhalb von Berlin an den Autobahnen sogenannte „Vorwarnungen“ gegen, die Autofahrer daraufhin weisen, möglichst nicht die Stadtautobahn zu nutzen, um Berlin zu queren.

Keiner Autos mehr: Die gesperrte Brücke der Stadtautobahn A100. Die Ringbahnbrücke der A100 im Westen Berlins ist seit Mittwochabend aus Sicherheitsgründen in nördlicher Richtung voll gesperrt.
Keiner Autos mehr: Die gesperrte Brücke der Stadtautobahn A100. Die Ringbahnbrücke der A100 im Westen Berlins ist seit Mittwochabend aus Sicherheitsgründen in nördlicher Richtung voll gesperrt.Sebastian Gollnow/dpa

Wie lange das Stau-Chaos dauern wird? Brodel sprach am Mittwoch von mindestens zwei Jahren. Heute orakelt der Pressesprecher: „Das kann kürzer sein, das kann länger sein.“ Klar ist: Die alte Ringbahnbrücke muss abgerissen werden, eine neue gebaut werden – und das alles bei laufendem Verkehr.

Gebaut wurde das Autobahndreieck Funkturm im Jahre 1963. Ausgelegt war es damals für 20.000 bis 30.000 Autos, heute werden hier 230.000 Autos pro Tag gezählt. Allein auf der A100 Richtung Norden, die jetzt gesperrt ist, waren Tag für Tag 95.000 Fahrzeuge unterwegs. Dass die Brücke irgendwann schlapp macht, sei absehbar gewesen – aber nicht, dass das so zeitig passiert. Der Neubau müsse jetzt vorgezogen werden.

Bisher kein Plan für eine Verkehrsumleitung

Und so scheinen die Autobahn-Behörde und der Senat etwas überrascht zu sein. Wann wird die neue Brücke gebaut? Wie teuer wird die neue Brücke? Wie wird der Verkehr abseits der Autobahn organisiert? Fragen, die bei der Pressekonferenz keiner beantworten konnte: Antworten soll es erst bei der nächsten Pressekonferenz am kommenden Mittwoch geben.

Die Ringbahnbrücke – benannt nach der S-Bahn-Trasse, über die sie führt – gehört zu den 4000 Bauten im Brückensanierungsprogramm des Bundes. Schon länger war ein Abriss und Neubau geplant. Das Planfeststellungsverfahren dafür läuft. Auch der Riss war den Angaben der Autobahn-Gesellschaft zufolge schon länger bekannt. Dass er sich nun vergrößerte, kam indes überraschend.

„Man wusste schon lange, dass dort etwas gemacht werden muss, aber es war eine Ersatzbrücke geplant. Insofern musste sich keiner Gedanken über eine Verkehrsumleitung machen“, sagt eine Sprecherin der Berliner Verkehrsverwaltung. „Der Vorwurf, ihr habt euch nicht vorbereitet, stimmt nicht. Es gab eine andere Variante. Das ist einfach die Situation.“■