300 statt 100 Mio. Euro?

Alles viel, viel teurer: Experten warnen vor U3-Verlängerung in Berlin

Mit erwarteten Kosten von rund 300 Millionen Euro, die allein von Berlin zu tragen seien, drohe dem Land „finanzielles Harakiri“, sagt eine Bürgerinitiative, die gegen den Bau kämpft.

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Anwohner des Mexikoplatzes, wie hier in Lindenthaler Allee, protestieren gegen die Verlängerung der U3.
Anwohner des Mexikoplatzes, wie hier in Lindenthaler Allee, protestieren gegen die Verlängerung der U3.Emmanuele Contini

Am 30. April soll im Beisein von Verkehrssenatorin Ute Bonde (CDU) der erste Spatenstich gesetzt werden – für die Verlängerung der Berliner U-Bahnlinie U§ bis Mexikoplatz. Doch jetzt schlagen Experten Alarm: Alles würde viel teurer werden als bisher geplant, wie die Berliner Zeitung berichtet. Statt 104 Millionen Euro könnte die U-Bahnerweiterung sogar bis zu 300 Millionen Euro kosten.

In einer Analyse des Büros Interlink, die an diesem Donnerstag von der Bürgerinitiative „Rettet den Mexikoplatz“ vorgestellt wurde, heißt es: Eine neue Wirtschaftlichkeitsberechnung sei nötig, die bisherige sei „fehlerbehaftet“, die Bürger würden über die wahren Kosten von der BVG getäuscht. Mit erwarteten Kosten von rund 300 Millionen Euro, die allein von Berlin zu tragen seien, drohe dem Land „finanzielles Harakiri“, sagt die Bürgerinitiative.

Mexikoplatz: 800 Einsprüche der Anwohner gegen die U3-Verlängerung

Es geht um nur 800 Meter mehr Strecke und rund 1340 Meter Tunnel, die im Südwesten der Stadt die jetzige U3-Endstation Krumme Lanke bis zum S-Bahnhof Mexikoplatz verlängern soll. Der Vorteil für Anwohner und für Pendler aus Brandenburg: Sie kommen so schneller an das Berliner U-Bahnnetz. Die neue U-Bahn-Strecke soll 2030 oder 2031 ans Netz gehen, Ende 2026 soll das neue Tunnelstück fertig werden.

„Bis zu 12.000 Fahrgäste werden diese neue Anbindung täglich nutzen und von einer verkürzten Reisezeit sowie weniger Umstiegen profitieren“, erwartet laut Berliner Zeitung die BVG. Die Neubaustrecke „stärkt den Umweltverbund, reduziert den Straßenverkehr und setzt Standards für künftige Bauprojekte. Ein echtes Turboprojekt, das zeigt, mit welcher Geschwindigkeit wir Berlin nachhaltig voranbringen“, heißt es.

Doch viele Anwohner, die sich in der Bürgerinitiative „Rettet den Mexikoplatz“ versammelt haben, sind dagegen, rund 800 Einsprüche gegen die U-Bahnverlängerung gingen ein. Gegen das Abholzen von Bäumen, gegen Straßensperrungen während des Baus. Wichtigstes Argument: die Wirtschaftlichkeit. Denn für Berlin rechnet sich die Verlängerung nur, wenn sich der Bund an den Kosten beteiligt. Aber der Bund beteiligt sich nur, wenn die Wirtschaftlichkeitsprüfung einen Index von mindestens 1,0 ergibt. Nur dann wäre bewiesen, dass der errechnete Nutzen die erwarteten Kosten übersteigt, schreibt die Berliner Zeitung.

Der S-Bahnhof am Mexikoplatz soll an das Berliner U-Bahnnetz angeschlossen werden.
Der S-Bahnhof am Mexikoplatz soll an das Berliner U-Bahnnetz angeschlossen werden.Emmanuele Contini

Am Donnerstag legte die Bürgerinitiative „Rettet den Mexikoplatz“  eine Analyse vor, die die Nutzen-Kosten-Untersuchung (NKU) für die U3-Verlängerung infrage stellt. Eine Anwaltskanzlei verschaffte dem Büro Interlink Akteneinsicht nach dem Informationsfreiheitsgesetz, berichtet die Berliner Zeitung. „Hohen Investitionen und Betriebskosten“ ständen nur eine „geringe Nachfragewirkung“ entgegen. „Die Hauptrechnung im NKU-Bericht ergibt einen Nutzen-Kosten-Index von 0,8 und weist somit keine Förderfähigkeit nach“, analysieren die Experten.

Kosten wurden mit Daten von 2016 berechnet

Die Experten bemängeln unter anderem, dass die Kosten auf dem Stand des Jahres 2016 berechnet wurden – das soll sie vergleichbar machen. Die BVG spricht von 104 Millionen Euro. Bei der U3 ergab eine Hochrechnung von Experten dagegen Vergleichskosten von rund 170 Millionen Euro, heißt es am Donnerstag. Real lägen sie aber noch viel höher: Berechnet nach dem Stand von 2023 würden 260 Millionen Euro fällig. Bis zur Abrechnung des Projekts nach 2030, dem Jahr der geplanten Fertigstellung, würden sich die Kosten weiter in Richtung 300 Millionen Euro erhöhen, berichtet die Berliner Zeitung.

Rings um den Mexikoplatz sollen 176 Bäume den Bauarbeiten zum Opfer fallen. Ab 2030 sollen dann neue Bäume gepflanzt werden.
Rings um den Mexikoplatz sollen 176 Bäume den Bauarbeiten zum Opfer fallen. Ab 2030 sollen dann neue Bäume gepflanzt werden.Emmanuele Contini

Die Senatsverwaltung für Verkehr verteidigt die Berechnung. „Die Durchführung der NKU entspricht den Kenntnissen und Anforderungen, die zum Zeitpunkt der Erarbeitung vorlagen und ist damit nicht als dem Grunde nach falsch einzustufen“, heißt es aus dem Haus von Senatorin Ute Bonde (CDU).