Sie sorgen für bessere Luft, spenden in Hitzemonaten Schatten: Über 430.000 Straßenbäume sorgen für ein gutes Klima in Berlin. Dazu kommen Linden, Kiefern und Buchen, die in Wäldern, Parks, Gärten oder auf Friedhöfen stehen. So manche sind über 100 Jahre alt! Statt diese Leben spendenden Gewächse zu pflegen und zu hegen, droht nun ein Kettensägenmassaker. Über 500 gesunde Bäume sollen in Berlin gefällt werden.
Abholzen auf Ansage: Durch einen Zufall teilte die Senatsumweltverwaltung jetzt mit, dass wegen Baumaßnahmen so einige landeseigene Unternehmen massenhaft Bäume aus dem Berliner Stadtbild killen wollen. Grund war eine Anfrage der SPD-Abgeordneten Linda Vierecke. Sie wollte in ihrer parlamentarischen Anfrage im Grunde eigentlich nur wissen, warum im Februar 35 gesunde Bäume am Marx-Engels-Forum gefällt wurden.
Die Antwort lässt sich so zusammenfassen: Wegen der Umgestaltung der historischen Mitte Berlins sei dies notwendig gewesen. Geplant, genehmigt, abgeholzt. Aber für jeden gefällten Baum soll es eine Ersatzpflanzung geben.

SPD-Abgeordnete Vierecke fragte aber auch nach, ob weitere Fällaktionen seitens landeseigener Betriebe in naher Zukunft geplant sind. Und sie sind es! Laut der Senatsantwort laufen Verfahren, bei denen weit über 500 Bäume gefällt werden sollen – und das quer durch die Stadt. Einer der größten Holzfäller sind dabei die Berliner Verkehrsbetriebe.
Kettensägenmassaker: BVG wird zum größten Holzfäller in der Stadt
Insgesamt 252 Bäume stehen auf dem Plan, die in der nächsten Zeit gefällt werden sollen. Den Löwenanteil trägt dabei die Erweiterung der U-Bahn-Linie 3 von der Krummen Lanke zum S-Bahnhof Mexikoplatz. 176 Bäume sollen den Bauarbeiten zum Opfer fallen, die dieses Jahr an der Argentinischen Allee beginnen.
Der Protest der Anwohner ist groß. Da nützt es auch nicht, dass die BVG eine Neupflanzung von 228 Bäumen in Aussicht stellt. Man wolle diese 2030 beginnen, wenn die U3-Erweiterung fertig ist. Sie sollen an den bisherigen Baumstandorten gepflanzt werden, „um den Alleecharakter wiederherzustellen“, lässt die BVG erklären.

Weiter muss die BVG am Tempelhofer Damm (Höhe Ex-Flughafen Tempelhof) 76 Bäume wegen Sanierungsarbeiten am darunter liegenden U-Bahn-Tunnel fällen. „Die Gutachten zu den jeweiligen Bäumen sind derzeit noch in Bearbeitung. Die Fällungen sollen in der Winterperiode 2025/2026 erfolgen“, so die BVG.
Kettensägenmassaker: Auch die Berliner Wasserbetriebe holzen ab
Die Berliner Wasserbetriebe entpuppen sich auch als großer Holzfäller. In der Senatsantwort auf die Anfrage der SPD-Abgeordneten Vierecke wurden insgesamt 195 beantragte Baumfällungen aufgelistet.
Folgende Bezirke sind wegen Bauarbeiten an Anlagen der Wasserbetriebe betroffen:
- Pankow: im Bereich Sellheimbrücke (19 Bäume), Wolfgang-Heinz-Straße (11 Bäume, Fällperiode 2025/26)
- Treptow-Köpenick: Müggelbergallee (20 Waldbäume, Fällperiode 2025/26)
- Tempelhof-Schöneberg: Winterfeldtstraße (28, Fällperiode 2026/27), Tempelhofer Damm (85 Bäume, Fällperiode 2025/26)
- Lichtenberg: Landsberger Allee 230 (33 Bäume, Oktober 2025)
Nicht alle Bäume werden durch Neupflanzungen ersetzt. Die Berliner Wasserbetriebe leisten Ausgleichszahlungen für das Abholzen gesunder Bäume. Das Unternehmen erklärt, dass bei der Beantragung der Baumfällungen der „Gesundheitszustand der Bäume hierfür unerheblich ist“.
Und: „Die Festsetzung eines Ausgleichsbetrages ist derzeit der Regelfall.“ Nur in Einzelfällen wird eine Ersatzpflanzung durch Berliner Bezirke gefordert, so die Wasserbetriebe.
Baumfällen in Berlin: Wann darf man das überhaupt?
Das Baumfällen in Berlin: Abgeholzt werden dürfen nur solche, die einen Stammdurchmesser ab 80 Zentimeter haben. Und die Behörden müssen das Fällen genehmigen. Baumaßnahmen sind ein Grund. Aber auch Bäume, deren Standfestigkeit (z.B. wegen Krankheit) nicht mehr gegeben ist, dürfen gefällt werden. Und die Fällungen dürfen auch nur im Herbst und im Winter durchgeführt werden.
Auch auf Friedhöfen wird geholzt. Laut der Senatsantwort müssen auf dem Friedhof der Märzgefallenen in Friedrichshain 16 Bäume verschwinden – wegen des Neubaus des Besucherzentrums. Wann gefällt wird, ist unklar. Es laufe noch das Genehmigungsverfahren, so die Berliner Immobilienmanagement GmbH (BIM). Neupflanzungen soll es geben.
Die BIM will auch in Kreuzberg fällen. Im Januar 2026 sollen an der Kochstraße 23 Bäume für einen Erweiterungsbau einer Berufsschule weichen. Dafür soll es 39 Ersatzpflanzungen geben.

Auch der landeseigene Klinik-Konzern Vivantes muss Bäume fällen lassen. 10 bis 15 sollen es für den Neubau des Auguste-Viktoria-Klinikums sein.
Für die Energieversorgung der Hauptstadt müssen ebenfalls Baumopfer gebracht werden. Die Berliner Energiemanagement GmbH (BEW) teilt mit: Im Zuge der Umbaumaßnahmen an den Kraftwerksstandorten Reuter West und Klingenberg werden Baumfällungen „mit mehr als 10 Bäumen“ notwendig sein.
Damit ist unklar, wie vielen Linden, Buchen und Co. in der Hauptstadt auch noch ein Kreissägenmassaker droht. Nur die Örtlichkeiten stehen meist fest.
Etwa die Wissenschaftsstadt in Adlershof (WISTA): Perspektivisch soll es auch dort zu Fällungen von mehr als 10 Bäumen in der Bornitzstraße 101 (Gewerbehof 2.0) und am Clean Tech Business Park (etwa 6 Hektar Waldfläche) kommen, teilt die Senatsumweltverwaltung mit. ■