Millimeter-Wahnsinn

VAR-Ärger: Hat Union Berlin beim 0:1 in Bremen Pech oder Recht?

Beklaut oder berechtigt? Die Debatte um den Videobeweis kocht nach Köpenicker Pleite wieder hoch. Steffen Baumgart trifft mit seiner Kritik eine wunden Punkt.

Author - Sebastian Schmitt
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Union-Trainer Steffen Baumgart ärgert sich beim 0:1 gegen den SV Werder über Schiedsrichter Daniel Schlager und die Millimeter-Entscheidung des Videobeweises beim Bremer Siegtreffer.
Union-Trainer Steffen Baumgart ärgert sich beim 0:1 gegen den SV Werder über Schiedsrichter Daniel Schlager und die Millimeter-Entscheidung des Videobeweises beim Bremer Siegtreffer.IMAGO/Michael Taeger

Ein Schuss, ein Strich, ein Aufschrei. Beim 0:1 des 1. FC Union in Bremen sorgt der Videobeweis erneut für hitzige Diskussionen. Trainer Steffen Baumgart spricht von einer Millimeter-Entscheidung – und trifft damit einen wunden VAR-Punkt. Wurde Union wirklich benachteiligt, oder ist der Ärger über die Pleite einfach größer als der Abstand im Abseitsbild?

Es ist die 72. Minute, Bremen jubelt, Union verzweifelt. Marco Grüll zirkelt den Ball in den Winkel – Traumtor. Doch sofort gehen alle Blicke zum Schiri. War das Abseits? Die Fahne bleibt unten, der Videokeller schaltet sich ein. Dann: Entscheidung steht, Tor zählt. Sehr zum Ärger von Union und Baumgart.

Baumgart trifft mit VAR-Kritik einen wunden Punkt

„Bei der Abseitssituation möchte ich denjenigen sehen, der die Linie zieht. Das ist mutig, da nicht auf Abseits zu entscheiden“, erklärt  Baumgart nach Abpfiff. Unions Cheftrainer weiter: „Das sind vielleicht fünf, sechs Millimeter – das ist interessant. Vielleicht liegt’s an meiner Brille.“ Sarkasmus statt Zufriedenheit. Verständlich, denn für Union ist das Spiel durch die knappe Entscheidung verloren.

Union-Trainer Steffen Baumgart war mit der Leistung von Schiedsrichter Daniel Schlager nach dem 0:1 bei Werder Bremen alles andere als zufrieden.
Union-Trainer Steffen Baumgart war mit der Leistung von Schiedsrichter Daniel Schlager nach dem 0:1 bei Werder Bremen alles andere als zufrieden.IMAGO/Matthias Koch

Tatsächlich hält wohl Danilho Doekhis Ferse Grüll hauchdünn im Spiel. Hauchdünn – ein Wort, das inzwischen Symbol des VAR-Wahnsinns geworden ist. Denn das Problem liegt tiefer. Baumgart spricht also mit seinem Ärger über den Videobeweis nicht nur Millionen Fußballfans aus der Seele, sondern trifft auch tatsächlich einen wunden Punkt.

Videobeweis in der Bundesliga fehleranfällig

Denn das Problem liegt tiefer: In der Bundesliga werden die Linien nicht automatisch gezogen, wie etwa bei EM, WM oder Champions League, sondern von Hand. Der Video-Assistent im Kölner Keller stoppt das Bild beim Pass, setzt Punkte, zieht Linien. Menschlich, fehleranfällig – und somit alles andere als millimetergenau.

Bedeutet: Nur die kleinste Ungenauigkeit kann eine Entscheidung, womöglich, wie in Bremen, sogar ein ganzes Spiel kippen.

Ärger in Bremen: Union hadert immer wieder mit dem VAR

Die Szene an der Weser reiht sich ein in eine ganze Liste von VAR-Frustmomenten bei Union. Schon vergangene Saison fluchte Manager Horst Heldt nach einem aberkannten Siegtreffer gegen Frankfurt: „Peinlich und fassungslos!“ – jetzt also der nächste Aufreger.

Und ja: Vielleicht ist das alles kein Skandal und schon gar kein Betrug. Aber es bleibt das Gefühl, dass der Fußball sich mit jedem Videobild weiter von seiner Klarheit entfernt, dass Millimeter wichtiger geworden sind als Emotionen. Die Wahrheit liegt irgendwo zwischen Baumgarts Wut – und der Linie, die keiner so genau sieht.