3:4-Krimi in Köpenick

Trotz irrer Aufholjagd: 1. FC Union auf dem Weg in die Zweite Liga

Das Team von Trainer Nenad Bjelica spielt erst unterirdisch und beweist dann Riesenmoral. Doch durch das 3:4 gegen den VfL Bochum wird die Luft im Abstiegskampf immer dünner. 

Author - Sebastian Schmitt
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Benedict Hollerbach und der 1. FC Union verlieren gegen den VfL Bochum 3:4 und rutschen damit immer weiter in den Tabellenkeller. 
Benedict Hollerbach und der 1. FC Union verlieren gegen den VfL Bochum 3:4 und rutschen damit immer weiter in den Tabellenkeller. Matthias Koch/imago

Irrer Krimi im Köpenick! Der 1. FC Union verpennt die erste Halbzeit, lässt beim Abstiegsgipfel gegen den VfL Bochum erst alles vermissen und spielt sich dann im zweiten Abschnitt in einen Rausch. Doch die eiserne Aufholjagd kommt zu spät. Durch das  3:4 (0:3) gegen Bochum wird die Lage im Abstiegskampf zwei Spieltage vor Saisonende immer dramatischer.

„Ich habe keine Erklärung für die erste Halbzeit. Eigentlich waren wir extrem motiviert. Vielleicht haben wir ein Stück weit überdreht und uns selbst den Stecker gezogen. In der Halbzeit hat uns der Trainer dann an der Ehre gepackt“, erklärt Vize-Kapitän Rani Khedira geknickt. Doch der Reihe nach. 

Einen Fingerzeig, wie Union der Klassenerhalt gelingen soll, liefert Chefcoach Nenad Bjelica bereits mit seiner der Startelf. Etwas defensiver als beim 0:0 in Gladbach stellt der Kroate sein Team ein. Die Devise: Mehr Sicherheit statt Vollgas nach vorne und vielleicht auch ins Verderben. Denn die Ausgangslage ist vor dem Abstiegsgipfel gegen den punktgleichen Konkurrenten klar: Verlieren verboten. Entsprechend verdrängen Andras Schäfer und Benedict Hollerbach Brenden Aaronson und Yorbe Vertessen.

1. FC Union mit desolater erster Halbzeit

Das Problem: Der eiserne Matchplan ist bereits nach einer Viertelstunde dahin, nachdem Maximilian Wittek die Gäste in Führung schießt (16.). Danach läuft beim 1. FC Union, der in den ersten zehn Minuten noch dagegenhielt, nichts mehr zusammen. Die Gäste sind in jeder Aktion wacher, somit schneller und gefährlicher.

Die Fans wissen dagegen bereits vor dem Anpfiff wie die Serie von nur einem Sieg aus den vergangenen neun Spielen und vor allem die Torflaute gebrochen werden sollen: „Alle zusammen. Schulter an Schulter. Dreimal alles geben, dreimal zerreißen“, steht als Aufforderung auf einem großen Banner, das beim Aufwärmen auf der Gegengeraden hängt. Bjelica nimmt vor dem Anpfiff wegen der Torkrise nicht nur die Stürmer in die Pflicht: „Die Mannschaft muss es zusammen richten. Alle sind gefordert.“

Bochum zieht Union früh den Stecker

Doch davon ist nichts zu sehen. Vielmehr spürt man in jeder Ballaktion, dass mächtig Druck auf dem Kessel ist und der Rückstand alles noch viel schwerer macht. Entsprechend läuft beim 1. FC Union immer weniger zusammen, während der VfL mit der Führung im Rücken immer mutiger wird. Es kommt also, wie es kommen muss: Wittek tanzt im Strafraum Danilho Doekhi und Diogo Leite aus und schiebt lässig zum 0:2 ein (31.). Und während die Fans in der Alten Försterei noch „Aufwachen“ skandieren, trifft Keven Schlotterbeck zum 0:3 (37.).

Fassungslosigkeit auf den Rängen und auf dem Platz macht sich breit. Bjelica und sein Trainerteam versuchen, von der Seitenlinie die völlig verunsicherten Profis aufzumuntern. Doch außer einem Fernschuss von Josip Juranovic und einem harmlosen Kopfball von Leite springt vor dem Pausenpfiff nicht mehr heraus. 

1. FC Union startet irre Aufholjagd

Was seinen Profis in den ersten 45. Minute nicht gelingt, macht Bjelica in der Halbzeitpause: Er setzt ein Zeichen. Mit Brenden Aaronson, Yorbe Vertessen und Chris Bedia bringt er drei Stürmer. Abwehrchef Kevin Vogt, Lucas Tousart und Kevin Volland haben dafür Feierabend. 

Und siehe da: Union kommt mit viel mehr Schwung aus der Kabine, ist aggressiver und kommt durch einen strammen Distanzschuss von Vertessen zum Anschlusstreffer – 1:3 (59.). Die Fans und Spieler wittern Morgenluft. Von den Rängen angepeitscht spielen sich die Unioner in einen Rausch und verkürzen nur drei Minuten später durch Bedia auf 2:3 (62.). 

1. FC Union: Torhüter Rönnow mit der letzten Chance

Das Ballhaus des Ostens wird zum eisernen Tollhaus. Die Stimmung kocht, der 1. FC Union geht weiter voll ins Risiko  - und kassiert durch VfL-Stürmer Philipp Hofmann die kalte Dusche - 2:4 (70.). Doch vorbei ist das wilde Spiel noch lange nicht. Die Eisernen geben nicht auf, schlagen nur vier Minuten später durch Hollerbach erneut zurück und treffen zum 3:4. 

Das vierte so wichtige Tor zur Punkteteilung liegt in der Luft. Die letzten Minuten sind ein offener Schlagabtausch, bei dem Union-Torhüter Fredrik Rönnow in der Nachspielzeit sogar zum Kopfball kommt. Doch es reicht nicht mehr. Klar ist aber trotz des brutalen Dämpfers: Eine Entscheidung im Kampf um den Klassenerhalt wird frühestens am kommenden Wochenende fallen, wenn der 1. FC Union beim 1. FC Köln gefordert ist. ■