Urs Fischer hat sich lange rar gemacht. Doch jetzt meldet sich der ehemalige Union-Coach eindrucksvoll zurück – und spricht aus, was viele denken, aber nur wenige sagen: Frauen im Fußball verdienen mehr Anerkennung, mehr Struktur, mehr Unterstützung. Mitten im Berliner Sommer trifft seine Botschaft mitten ins Herz des 1. FC Union.
Seit November 2023 ist Urs Fischer (59) raus aus dem Tagesgeschäft. Doch der Kult-Trainer bleibt ein Mann mit Haltung. Jetzt mischt er sich wieder ein – und das laut und deutlich. Nicht in Sachen Bundesliga, sondern mit einem klaren Bekenntnis zum Frauenfußball. Der Schweizer kritisiert im Interview mit dem Tagesspiegel die schleppende Entwicklung der Strukturen, den fehlenden Willen zur Gleichstellung – und das Verharren vieler Klubs in alten Denkweisen.
„Die Denkweisen der Klubs sind oft noch veraltet“, sagt Fischer. „Sie müssten versuchen, mehr Gelder in die Hand zu nehmen, um Frauen zu fördern. Jede Fußballerin sollte ihren Lebensunterhalt vom Sport bezahlen können.“ Worte, die nachhallen – vor allem in Berlin. Denn genau hier hat Fischer mit dem 1. FC Union Geschichte geschrieben. Und genau hier hat man längst verstanden, dass Frauenfußball keine Nebensache ist.
Urs Fischer wirbt wie Union für Frauen-Fußball
Schon vor Wochen hatte Klubpräsident Dirk Zingler nach dem Durchmarsch der Union-Frauen in die Bundesliga Klartext gesprochen. Auch er zielte auf das Geld – oder besser gesagt: auf das, was fehlt. „Wenn in der Bundesliga nur vier oder fünf Vereine ihre Frauen-Teams professionell bezahlen, ist das ein jämmerliches Armutszeugnis für den deutschen Fußball“, wetterte Zingler. In Köpenick zahlt Union marktorientierte Gehälter, schuf Strukturen, in denen Leistung zählt – nicht das Geschlecht.

Was sportlich wie ein Märchen wirkt, ist Ergebnis harter Arbeit. Und das zieht Kreise. Fischer kennt die Realität – auch privat. Seine Tochter Riana wurde achtmal Meisterin mit dem FC Zürich, bekam wenig Applaus, kaum Anerkennung. „Ich habe gesehen, was die Frauen auf sich nehmen – und wie wenig sie dafür bekommen“, so Fischer. „Fußballerinnen wie meine Tochter arbeiten zu einhundert Prozent und haben darüber hinaus noch vier oder fünf Trainingseinheiten die Woche. Am Wochenende stehen dann Spiele an. Dieser Aufwand muss endlich honoriert werden und dafür möchte ich mich einsetzen.“
Urs Fischer hat 1. FC Union geprägt
Dass mittlerweile Millionentransfers wie der geplante Wechsel von Olivia Smith zu Arsenal die Schlagzeilen prägen, sieht er als Hoffnungsschimmer. „Es kommt Bewegung rein.“ Und auf die Frage, ob er sich ein Traineramt bei einem Frauenteam vorstellen könnte? Da sagt Fischer nur einen Satz, der in Köpenick besonders viel wiegt: „Sag niemals nie.“