Manchmal überkommt einen schon mal der Gedanke ans: Was wäre gewesen, wenn …? Die Überlegungen sind hypothetisch, lassen Raum für Spekulationen und für jede Menge Kaffeesatzleserei. So ein Gedanke überkam mich am Sonntag kurz vor Mitternacht, Portugal hatte gerade die Nations League für sich entschieden, etwas bei den Spaniern aber hatte mich in eine etwas andere Welt entrückt. Es war der Name eines Jokers, der nach sechs Jahren sein Comeback bei den Furien gab und bei der Entscheidung vom Elfmeterpunkt mit seinem Versuch auch noch erfolgreich war: Isco.
Ein 33-Jähriger aus einem Team, das viermal den EM-Titel gewonnen hat und 2010 Weltmeister geworden ist, als Teil des 1. FC Union – das hätte was gehabt. Zumindest auf den ersten Blick. Auch jetzt, da die Spanier mit ihrem Stil in der Welt weiterhin den Ton mit angeben, könnte man sich mit einem der ihren schmücken. Deshalb die nur im Stillen gestellte Frage: Was wäre gewesen, wenn Isco damals wirklich einer von hier geworden wäre?
Isco lässt Transfer zum 1. FC Union spektakulär platzen
Beim zweiten Blick aber sollte man überlegen, ob das alles einen Sinn ergibt. Ob einer wie er, bei Real Madrid groß und berühmt geworden, tatsächlich zu den Eisernen passt? Einer von den Galaktischen, die den Anspruch haben, etwas Göttliches zu verkörpern, bei denen auf den Rängen, die nicht im Zweireiher ins Stadion gehen? Wäre es früher oder später vielleicht doch zu jenen Irritationen gekommen, die schon vor zweieinhalb Jahren den unterschriftsreifen Vertrag haben platzen lassen? War es womöglich besser, dieses Abenteuer lieber nicht zu beginnen? Eine Antwort darauf kann es unmöglich geben.

Historisch gesehen halten sich spanische Fußballer von der Bundesliga eher fern. Natürlich gibt es einige Ausnahmekönner, die auch hierzulande gespielt haben. Raul gehört dazu und Xabi Alonso, Javi Martinez und Thiago, Dani Olmo und Juan Bernat, Marc Bartra und Daniel Carvajal. Die Vereine dazu allerdings passen nicht zu jenen, mit denen sich der 1. FC Union auf Dauer auf Augenhöhe sehen darf: Bayern München und Borussia Dortmund, Bayer Leverkusen, RB Leipzig und bei Raul ein Schalke, das inzwischen abgestürzt ist, damals aber den Ruhm der Eurofighter mit sich herumtrug.
1. FC Union: Mit Robin Gosens und Leonardo Bonucci passte es nicht
Weltstars oder solche, von denen man das behauptet, und der 1. FC Union – passt das überhaupt zusammen? Manchmal ja, öfter aber nein. Es kommt auf die Ansprüche hier wie da an, auf Erwartungen, auf den einen oder anderen Traum. Als mit dem Aufstieg in die Bundesliga Christian Gentner kam, war das durchaus spektakulär. Ein Meister mit Stuttgart und Wolfsburg – aber hallo! Dazu mit Neven Subotic ein Abwehrspieler, der mit Dortmund das Champions-League-Finale erreicht hatte – top! Gentner, schwäbisch-seriös, das passte. Subotic aber fremdelte und war nach nur einer Saison wieder weg.

Dass Robin Gosens nie ein Gefühl für Berlin, Köpenick und die Eisernen bekommen würde, war beizeiten ihm klar und auch anderen. Mit Leonardo Bonucci war Oliver Ruhnert der mit Abstand größte Coup gelungen – nicht erst nach nur vier Monaten mit lediglich sieben Einsätzen in der Bundesliga und dreien in der Champions League hatte der damals amtierende Europameister eine Ahnung, dass er sich den Abend seiner Karriere anders vorgestellt hatte.
Darum passte Max Kruse zum 1. FC Union
Den völligen Gegenentwurf dazu lieferte Max Kruse. Dabei hatte es selbst unter eingefleischtesten Anhängern Meinungen gegeben, die diesen Transfer kritisch sahen. Doch Kruse lieferte vom ersten Tag an. Er, Zockernatur gleichermaßen auf dem Rasen wie im Spielcasino, fand oft die richtige Balance und ziemlich häufig den richtigen Pass. Wahrscheinlich gelang ihm das aber auch nur, weil ein Freigeist wie er Mitspieler braucht, die für ein Gleichgewicht der Kräfte und Strömungen sorgen. Die hatte er beispielsweise mit Grischa Prömel und Robin Knoche, im zweiten (halben) Jahr mit Rani Khedira und immer vor allem mit Christopher Trimmel.