Der Berliner zählt zu den bekanntesten Ostdeutschen, tritt schon seit Jahrzehnten auf Bühnen in ganz Deutschland auf. Im Interview mit dem KURIER spricht er über seine ostdeutsche Identität, seine liebsten Showgäste und darüber, wann er von der Bühne treten will.
Herr Lippert, Sie blicken auf ein Leben sowohl in der DDR als auch in Gesamtdeutschland zurück. Wie war das Leben in der DDR für Sie?
Ich hab ganz normal angefangen mit einem Beruf, der damals für viele Jungs ein Traumberuf war: Kfz-Mechaniker. Da blieb ich aber nicht hängen. Mein zweiter Berufswunsch war Fotograf, das hab ich dann auch noch gemacht. Allerdings nur als Assistent von mehreren sehr bekannten Leuten wie Klaus Peter Fischer in Berlin.
Da waren Sie ja noch etwas weiter vom Fernsehen weg?
Weil mein Vater Musiker war, gab es immer eine Tendenz in Richtung Musik. Ich hatte eine Vorbildung und habe dann beim Gerd-Michaelis-Chor angeheuert und war eine Art Impresario. So was wie Hotel buchen, Ton aussteuern und so weiter. Und irgendwann gab es mal so einen Zufall, dass unser Tenor krank war. Und die Sängerinnen rieten mir dann dazu: „Mensch, mach du doch mal, du bist ja eigentlich so ein Typ für ’ne Bühne.“ Und dann hab ich statt des kranken Tenors gesungen – bei einer Schallplattenaufnahme sogar. Und so ging es los als Musiker – zunächst relativ einfach. Ich habe dann Musik studiert und wir durften nebenbei schon Mucken machen und haben einigermaßen Geld verdient.
Wir nannten uns Unterhaltungskünstler und bekamen unsere tolle Ausbildung – übrigens komplett kostenlos. Wir hatten Schauspielunterricht, Szenenstudium, Sprecherziehung, Psychologie. Jazzdance und so weiter. Da war auch Helga Hahnemann dabei. Mit der habe ich gesteppt. Dafür müssten wir heute viel Geld ausgeben. Also das war so klassisch DDR mit dieser tollen Ausbildung. Da kann ich mich über mein Leben nicht beschweren.

Wolfgang Lippert fand „Erna kommt“ zunächst gar nicht gut
Sind Sie in der DDR politisch angeeckt?
Ich war weitestgehend unpolitisch, muss ich sagen. Ich war weder in der Partei noch in der FDJ. Aber ich will darüber nicht richten, wenn jemand in der FDJ war. Wenn man so einen freiberuflichen Status hatte, dann wurde man weitestgehend in Ruhe gelassen. Wenn man in einem Betrieb gearbeitet hat, ging es schon nicht mehr so einfach. Dann musste man zur Mai-Demonstration oder zu irgendwas anderem. Da konnte man sich schlechter raushalten. Ich fand es bis zu einem gewissen Punkt, an dem ich dann eben auch mal rauswollte, wie viele andere Künstler oder andere Menschen sogar, für mich okay.
Der Durchbruch kam bei Ihnen dennoch eher plötzlich, oder?
Das ging dann los mit dem Hit „Erna kommt“. Dabei hatte ich da vor allem Glück gehabt. Wir waren bei einer Veranstaltung in Jena und da kam Arndt Bause, der Vater von Inka Bause, auf mich zu und sagte in herrlichem Sächsisch zu mir: „Horsche ma zu, du bist e feiner Kerl, aber du hast de falschen Lieder.“ Dann hat er mich zu sich nach Hause bestellt. Da wollten viele hin, weil er ja sehr erfolgreich war in der DDR. Und dann spielte er mir das Lied vor und ich war alles andere als begeistert!
Warum das?
Das war mir zu ruppig! Ich hab auch gar nicht erkannt, welches Potenzial in dem Lied lag und war musikalisch auch ganz anders unterwegs. Ich war frisch mit dem Studium fertig und wollte Kunst machen und nicht so ’nen Gassenhauer singen. Und es war meine damalige Freundin, die dann zu mir sagte: „Sing das! Das wird ein Hit!“ Und sie hatte recht. Das ist durch die Decke gegangen und ich war mit dem Lied dann überall. Da wurde ich, heute würde man sagen, ein Fernsehstar.

Weil Lippert nicht ausreisen durfte, sang Hugo Egon Balder „Erna kommt“
Wenn man „Erna kommt“ googelt, dann tauchen da mindestens genauso viele Ergebnisse mit Hugo Egon Balder auf. Wie hat das Lied den Weg in den Westen und zu Balder gefunden?
Es gab unglaublich viele Anfragen aus dem Westen, unter anderem von Rudi Carrell und Jürgen von der Lippe. Aber es gab nur eine Institution, die entsenden durfte – das war die Künstleragentur der DDR. Und die haben immer gesagt, dass ich keine Zeit habe. Als mir das zu Ohren gekommen ist, bin ich da hin und hab die gefragt, warum die mich nicht fahren lassen. Und da hieß es, dass sie mich erst überprüfen müssten. Kurz darauf fragte der Produzent Jack White an, bekam aber die gleiche Antwort und daraufhin schnappte der sich Hugo Egon Balder. Immerhin haben wir aber nach der Wende eine gemeinsame Fassung davon gemacht.
Sie sind sich aber nicht spinnefeind deswegen?
Ach nein! Im Gegenteil! Wir sind alte Kumpels. Jack White hatte ihm gesagt, der Lippert kann hier nicht rüber, hast du nicht Lust „Erna kommt“ zu singen? Dann hat er das eben gemacht. Im Westen lief das ja auch ganz gut, sodass die Leute gar nicht so genau wussten, ob das jetzt von ihm oder mir kommt. Aber die gemeinsame Fassung ist wirklich gut.
Würden Sie sagen, dass Sie sich in Gesamtdeutschland eigentlich angekommen fühlen als Ostdeutscher?
Ja, das würde ich sagen, und nach 30 Jahren sollte es auch so sein. Obwohl ich noch immer bedauere, dass die Zahl von ostdeutschen Menschen in Führungspositionen eher unbefriedigend ist: Dekane in Hochschulen, Chefs in Unternehmen und so, das finde ich nicht gut. Was mich selbst betrifft: Ich habe durch meinen Beruf einfach auch Glück gehabt und eine Menge Privilegien genossen. So viele Sendungen, wie ich machen durfte, und so viele, wie ich immer noch mache, in meinem doch einigermaßen erwachsenen Alter, das empfinde ich als ein Glück.

„Dass manche die DDR zurückhaben wollen, hat mir nie gefallen“
Dennoch hat man das Gefühl, dass gerade sehr viel über den Osten gesprochen wird und es so eine Art Ostalgie-Welle gibt. Wie sehen Sie das?
Diese Ostalgie-Welle, so nach dem Motto, dass sie die DDR wieder zurückhaben wollen, die hat mir nie gefallen. Aber sich seines Lebenslaufes zu erinnern und an Dinge zurückzudenken, die in der DDR passiert sind, die man erlebt hat, das finde ich gut. Dafür habe ich ja auch die Sendung „Damals war’s“, wo es auch um die Erinnerungen made in Ost-Germany geht. Ich schäme mich überhaupt nicht, aus dem Osten zu sein, und das würde ich auch nicht ändern wollen. Und was mir noch mehr gefällt, ist dieses ostdeutsche Lebensgefühl.
Was gehört da für Sie dazu?
Ehrlichkeit und Verlässlichkeit zum Beispiel. Wenn man hier jemanden fragt: Wie geht es dir? Dann kriegt man auch eine weitestgehend ehrliche Antwort. Auch wenn es schon über 30 Jahre her ist, sollen die Leute ihre eigenen Identitäten haben – egal ob man in Bayern geboren ist oder in Leipzig.
Wenn man sich aber die Situation und die politische Entwicklung im Osten, aber auch in Deutschland allgemein anschaut, macht Ihnen das Sorgen?
Das ist ja keine Entwicklung, die es nur in Deutschland gibt, sondern fast weltweit. Diese Sehnsucht nach etwas, das irgendwie alles löst. Irgendjemand, der alle Probleme, die wir heute haben, einfach beseitigt. Aber ich glaube nicht, dass es für alles so eine schnelle Lösung gibt. Da müssen wir aufpassen, davor habe ich auch Angst. Und das wird noch verstärkt, da sich über moderne Kommunikationswege so feste Meinungsblasen bilden, die immer meinen, dass sie jederzeit recht haben. Entweder du bist dafür oder dagegen. Mir fehlen die Zwischentöne und eine ernsthafte Auseinandersetzung. Aber durch das Internet und die Künstliche Intelligenz ist das nicht nur unser Problem.

Menschen sollten das Handy wieder öfter aus der Hand legen
Würde es vielleicht helfen, wenn Menschen wieder öfter das Handy aus der Hand legen?
Das würde ich gut finden. Es klingt ein bisschen naiv, ich weiß das. Aber es ist eine Tatsache, und da hat Corona einen ganz großen Anteil, dass wir uns an vielen Stellen wirklich auseinanderdividiert haben. Mitunter haben wir es so gar nicht richtig gemerkt oder gewollt. Aber wir dürfen keine Angst voreinander haben. Angst ist kein guter Berater. Aber es ist ein internationales Problem, dass man sich nach kurzen Lösungswegen sehnt. Aber die gibt es nicht, glaube ich. Wir dürfen auch nicht vergessen, dass wir das in der deutschen Geschichte schon einmal hatten, da haben sich die Leute auch nach kurzen Lösungswegen gesehnt.
Aber dieses Menschliche ist mein Wesen. Ich bin jemand, der versucht, zu verbinden. Das ist auch mein Beruf. Deswegen liebe ich meinen Beruf auch sehr. Ich will das jetzt nicht hochstilisieren. Ich bin einfach auch ein Clown, ein Moderator. Aber ich habe Freude daran, Menschen zu verbinden, und ich würde mir wünschen, dass die Leute nicht verlernen, miteinander zu sein, aufeinander zuzugehen, sich mal anzugucken, sich mal Guten Tag zu sagen, sich zuzuhören, mal die Meinung eines anderen sich wenigstens mal anzuhören und nicht sofort kategorisch zu sagen: Nee, der ist nicht meiner Meinung, der ist ja doof. Denn so kommt man, glaube ich, nicht weiter.
Lippi: Osten und Westen hätten erstmal „schmusen“ sollen
Das sind doch mal ein paar vereinende Worte.
Als es um die Vereinigung von unseren beiden „Deutschländern“ ging, da hab ich auch gesagt, wenn sich so ein Paar vereinigt, dann schmusen die ja vorher miteinander. Die küssen sich und dann, die Vereinigung ist so der Höhepunkt.
... stattdessen haben sie gleich geheiratet!
Ja, wir haben sofort geheiratet, aber weder den Ehevertrag bedacht noch uns daran erinnert zu schmusen. Deswegen habe ich gesagt, wir müssen das Schmusen nachholen. Ich meinte nicht, dass wir uns alle im Arm liegen, aber dass man wenigstens sein Gegenüber wahrnimmt und sich auch mal in sein Gegenüber versetzen kann. Das ist viel verlangt von Menschen, weil es eben viele Sorgen und Nöte gibt. Durchzukommen im Leben und generell. Aber trotzdem darf man das nicht vergessen. Wir sind soziale Wesen, wir brauchen uns.
(Wolfgang Lippert muss kurz ein Paket abgeben und eilt in einen Postshop. Kurz darauf kommt er zurück.)
Ich musste der Postfrau schnell ein Paket in die Hand drücken. Ich sagte so zu ihr: „Ich bin zwar hier nicht aus der Ecke, aber ich würd Ihnen gerne dieses Paket geben, weil ich schnell weg muss.“ Und sie sagte freundlich: „Na klar, Lippi!“
(Lippert lacht)

„Habe Publikum gerne, nicht nur wenn es klatscht“
Ist es für Sie eigentlich angenehm, dass Sie so viele Leute kennen, oder haben Sie damit auch schon negative Erfahrungen gemacht? Ja, immer mal. Es gibt auch Leute, die mich furchtbar finden. Dagegen kann man wohl nichts tun. Aber ich glaube, es sind mehr schöne Erlebnisse, wunderschöne Erlebnisse nach so vielen Jahren Beruf. Jetzt auch bei „Störtebeker“ werde ich abends beklopft und gestreichelt. Also ich kann mich nicht beklagen. Aber dass ich jetzt annehmen würde, dass mich alle prima finden, geht gar nicht - ich bin jemand, der Publikum gerne hat – nicht nur, wenn es klatscht.
Was waren in Ihrer Karriere als Entertainer, Musiker und Moderator die interessantesten und herausragendsten Gäste und Partner, mit denen Sie zusammengearbeitet haben?
Also interessant, wenn wir mal vorn anfangen, mal chronologisch bleiben, dann war die Zeit bei der Horst-Krüger-Band sehr interessant. Das war damals in der DDR so eine Art Talentschmiede. Dort waren fast alle Leute, die später irgendwie als Musiker oder Sänger solistische Karriere gemacht haben. Da war ich nicht nur Solist, sondern auch Chorsänger. Das ist ein brettharter Job. Da musst du vom Zettel singen, du bist nur nachts in den Studios und so weiter. Da gab es damals das erste Umwelt-Musical in der DDR. Das hieß „Rosa Laub“. Da ging es um Bitterfeld und das war irgendwie künstlerisch verbrämt. Wir haben den musikalischen Teil beigetragen. Auch meine Arbeit mit Franz Bartzsch war superinteressant und befruchtend für mich.
Der hat später unter anderem auch für Udo Jürgens und Roland Kaiser geschrieben – und eben auch für mich. Das war wirklich eine tolle Zeit. Wenn man noch die Fernseherlebnisse dazunimmt, die ja auch gleichsam musikalische waren, dann habe ich mit großer Begeisterung für Kinder gearbeitet. Meine Kindersendung „Hey du“ für die Altersgruppe der Acht- bis Zwölfjährigen – das waren fast meine schönsten Fernsehjahre. Die Arbeit für Kinder und die Arbeit für Erwachsene in der Samstagabendsendung „Glück muss man haben“ waren eine wunderbare Kombination.

Lippi im West-TV: „Für die war ich als Ostdeutscher genauso exotisch wie die für mich“
Hatten Sie auch Spaß als Ostdeutscher im Westfernsehen nach der Wende?
Da war ich der erste Ostmoderator, der im Westen eine eigene Sendung hatte, weil ich verbotenerweise in Frank Elstner‘s TV Show aufgetreten bin. Frank hat mir sehr oft geholfen und mit ihm bin ich bis heute befreundet. Das war für meine Generation der Guru. Oder auch Rudi Carrell oder Jürgen von der Lippe. Diese Personen, für die war ich als Ostdeutscher genauso exotisch wie die für mich. Das war politisch spannend, menschlich spannend. Nicht immer waren alle von dem Ossi begeistert. Aber in der Summe habe ich mich durchgearbeitet. Durch die Arbeit durfte ich auch Weltstars wie Montserrat Caballé, Paul McCartney oder Phil Collins treffen. Solche Leute nicht nur im Rahmen der Sendung, sondern auch hinter den Kulissen kennengelernt zu haben, empfinde ich als ein riesiges Geschenk.
Wer waren denn Ihre Vorbilder im Leben?
Ich habe mich damals immer für so freie Geister begeistern können. Mir haben die gefallen, die auch eine gewisse spielerische Komponente hatten, egal ob es nun Weltstars waren oder bei uns um die Ecke irgendwo. Mir gefallen Leute, die ironisch sind und trotzdem Herz haben und klug sind. So ein Mann wie Peter Ustinov, um mal in ein ganz großes Fach zu greifen. Den fand ich immer toll. Aber auch Frank Elstner, Alfred Biolek und Rudi Carrell. Helga Hahnemann war eine Frau, mit der ich auch befreundet sein durfte und die mich auch sehr inspiriert hat. Musikalisch vor allem Earth, Wind and Fire oder Stevie Wonder. Es passiert aber heute so oft, dass junge Leute zu mir kommen und sagen, hör mal, was für ein toller Song. Und dann sage ich: Ja, kenne ich. Das ist ein Cover von dem und dem. Die Musik scheint nicht unterzugehen. Und was mich auch freut, ist, dass wir mit den Störtebeker-Festspielen alte DDR Hits machen und immer noch so viel Anklang finden, neu entdecken. Ich habe aber eigentlich nie direkt jemandem nachgeeifert. Bei aller Freundlichkeit und Verbundenheit war ich so ein Knochen, der eigentlich sein Ding irgendwie durchgezogen hat.
Sie machen ja bis heute auch Musik. Was planen Sie als Nächstes?
Das mit der Musik ist gar nicht so einfach. Ich habe zwar Musik studiert, habe immer Musik gemacht und Musik geschrieben – für Kindersendungen, Theaterstücke. Aber in der Popmusikszene, in der ich mich jetzt bewege, da muss ich mich erst mal anstellen – gemeinsam mit denen, die eine Fanbase haben und mit ihrer Plattenfirma die Namen sind. Die neue CD heißt „Glücklich“ und ist von Norbert Endlich komponiert. Für den neuesten Song habe auch mit Dieter „Maschine“ Birr von den Puhdys zusammengearbeitet. Er heißt „Über uns die Sonne“. Bei der Musik kann ich aber die Popularität als Moderator leider nicht eins zu eins übernehmen. Das muss ich mir erarbeiten, und es erfordert Demut. Aber das stört mich nicht. Manche erinnern sich zwar noch an „Erna kommt“, aber ich mache jetzt etwas anderes. Ich habe auch mal Roland Kaiser vertreten, als er vor ein paar Jahren eine neue Lunge bekommen hat. Da hat er mich danach angerufen und gesagt: „Das hast du fein gemacht, mein Junge.“ (lacht) Der ist genauso alt wie ich. Aber dafür hat er mir einige Halb-Playbacks seiner Songs zur Verfügung gestellt.

Respekt für den West-Berliner Roland Kaiser
Sie sagten gerade schon, dass Sie ungefähr das gleiche Alter haben. Nun ist Roland Kaiser ein West-Berliner und sie kommen aus Ost-Berlin. Ist es für Sie interessant, sich mit ihm über Ihre Erfahrungen auszutauschen?
Unheimlich! Roland ist jemand, mit dem man sich wunderbar unterhalten kann, und er ist ein sehr politischer Mensch. Er hat auch den Mut, Dinge auszusprechen, und hat keine Angst, dass er da irgendwas aufs Spiel setzt. Ein ganz toller Kerl.
Meine Mutter ist ungefähr Ihre Generation und schon ein paar Jahre in Rente. Sie ist sehr froh darüber. Wie ist das bei Ihnen? Wollen Sie irgendwann mal aufhören?
Ich komme mir vor wie eine alte Rockband, die über längere Zeit immer wieder ihr letztes Konzert gibt. Die Familie sagt schon, dass ich mal ein bisschen weniger machen soll. Das versuche ich auch, aber ich habe noch so viel Freude an allem. Und es gelingt auch alles so gut. Man kann das aber auch mit einer normalen Arbeit gar nicht so vergleichen, wo sich die Leute jahrelang auf die Rente freuen und darauf, dass sie endlich mal Zeit für das haben, was ihnen wirklich Spaß macht. Unser Beruf ist so eine Mischung, sich zu pflegen, zu denken und fit zu bleiben – auch im Kopf. Wenn ich aber irgendwann merke, dass ich etwas nicht mehr bewältige, die Freude nicht mehr empfinde oder das Publikum mich nicht mehr will, dann würde ich mich ganz schnell verabschieden. Wenn es peinlich wird, sage ich Tschüss.
Wenn man Sie so auf der Bühne sieht, finde ich, haben Sie ein sehr freundliches Wesen und umarmen gerne die Gäste. Woran liegt das?
Weil man dadurch einfach ein schöneres Leben hat. Ich fange immer freundlich an mit den Menschen. Das heißt nicht, dass es immer freundlich enden muss. Aber ich finde, das ist der bessere Weg. Manche Leute sagen auch zu mir, dass ich immer so freundlich bin. Da antworte ich „Vorsicht, ich kann auch zynisch sein“. Aber darauf habe ich gar keine Lust. Und meistens blamieren sich diese Leute selbst am besten. Da muss man gar nicht helfen.