Das macht fassungslos

Schock im Altenheim! Bericht zeigt: SO werden demente Omas behandelt

In Deutschland gibt es einen Notstand in der Pflege, der sich weiter verschlimmert. Ein Bericht zeigt, was manche Bewohner in Altenheimen erleben.

Author - Florian Thalmann
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Eine an Demenz erkrankte Frau liegt in ihrem Bett in einem Pflegeheim (Symbolfoto). In vielen Altenheimen gibt es zu wenig Personal, weil Tausende Pflegekräfte fehlen.
Eine an Demenz erkrankte Frau liegt in ihrem Bett in einem Pflegeheim (Symbolfoto). In vielen Altenheimen gibt es zu wenig Personal, weil Tausende Pflegekräfte fehlen.Chromorange/imago (Symvolfoto)

Dass es in Deutschland große Probleme in der Pflege gibt, ist schon lange kein Geheimnis mehr. Doch die ganze Dimension zu erfahren tut vielen Menschen weh. Sie sehen, wie die Zustände in manchen Pflegeheimen sind – und kommen zugleich darüber ins Grübeln, wie sie wohl selbst untergebracht sein werden, wenn sich die Situation in den kommenden Jahren und Jahrzehnten verschärft. Ein Bericht der „Berliner Zeitung“ gibt nun Einblicke in den Alltag einer demenzkranken Frau in einem Pflegeheim: Eine Frau beschreibt in einem Beitrag für die Zeitung (gehört, wie der KURIER, zum Berliner Verlag), was sie bei der Unterbringung ihrer 84 Jahre alten Oma erleben musste.

84-Jährige musste wegen Demenz ins Pflegeheim: DAS erlebte sie dort

Ihr Leben lang habe die Frau für sich und andere gesorgt – doch im Alter erkrankte sie an Demenz. Die Krankheit habe erst schleichend begonnen, schreibt die Autorin in dem Beitrag in der „Berliner Zeitung“. Doch später sei sie immer schlimmer geworden. Weil sich die Familie nicht auf Dauer um sie kümmern konnte, wurde die 84-Jährige nach einem Aufenthalt im Krankenhaus in ein Pflegeheim gebracht.

Sie seien erleichtert darüber gewesen, einen Platz im Pflegeheim bekommen zu haben, heißt es im Artikel weiter. Doch schnell kam der Schock über die Zustände, die dort herrschten. Etwa der Personalmangel: Eigentlich sollte es in dem Haus mit drei Etagen, auf denen jeweils 20 Bewohner untergebracht sind, jeweils zwei bis vier Pflegekräfte geben. Die Realität: Oft sei nur eine Pflegekraft vor Ort gewesen. Sogar der Nachtdienst war häufig allein – in einer Pflegeheim-Etage mit vielen bettlägerigen Patienten.

Bei einer Protestaktion vor dem Schweriner Landtag hält eine Teilnehmerin ein Schild. Immer wieder gehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegen den Notstand in der Pflege auf die Straße.
Bei einer Protestaktion vor dem Schweriner Landtag hält eine Teilnehmerin ein Schild. Immer wieder gehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gegen den Notstand in der Pflege auf die Straße.Jens Büttner/dpa

Manche Erinnerungen, die in dem Bericht geschildert werden, sorgen für Kopfschütteln. So sei, wenn es Kaffee und Kuchen gab, das Tablett mit Getränk und Speise auf den Nachttisch der 84-Jährigen gestellt worden. „Ein Tisch, der zum einen hinter ihr stand und zum anderen aufgrund ihrer Bewegungseingeschränktheit für sie nicht zu erreichen war“, schreibt die Betroffene in der „Berliner Zeitung“. „Waren wir gerade nicht im Haus, konnte man davon ausgehen, dass die Sachen so auch vollständig wieder mitgenommen wurden, ohne dass davon gegessen oder getrunken wurde.“

Demente Oma im Pflegeheim: Kaffee und Kuchen waren für sie unerreichbar

Bei einer anderen Gelegenheit habe die Schnabeltasse mit dem Getränk der Oma bei einem Besuch noch an der gleichen Stelle gestanden wie am Tag zuvor, die Lippen der Pflegeheim-Bewohnerin seien ausgetrocknet gewesen. Die Haare der Bewohnerinnen des Pflegeheims seien oft nur alle drei bis vier Wochen gewaschen worden – das Pflegepersonal begründete dies damit, dass man keine Kapazitäten habe. Und: auch die Aufsichtspflicht wurde offenbar verletzt.

Weil in vielen Pflegeheimen Personalmangel herrscht, können sich die Mitarbeiter nicht überall um die Bewohnerinnen und Bewohner kümmern.
Weil in vielen Pflegeheimen Personalmangel herrscht, können sich die Mitarbeiter nicht überall um die Bewohnerinnen und Bewohner kümmern.ZoonarII/imago (Symbolbild)

So sei die 84-Jährige, die Pflegestufe drei bekam, zu Beginn des Aufenthaltes oft nur allein in einen Sessel gesetzt worden. Als sie einmal aufstand, weil sie glaubte, allein laufen zu können, sei sie gestürzt, habe sich eine Beule zugezogen. Und die Vorwürfe werden noch heftiger: Manchmal sei die Oma in eine Decke eingewickelt worden – wohl, damit sie sich nicht so gut bewegen könne. Pfleger hätten sie außerdem aus Zeitdruck oft grob behandelt, was zu Hämatomen an den Handgelenken oder der Hüfte führte. Um welches Pflegeheim es sich handelt, wird in dem Bericht der „Berliner Zeitung“ nicht thematisiert.

Tausende Pfleger fehlen: Pflegenotstand wird sich immer weiter verschärfen

Es sind Beispiele, die verdeutlichen, wie schlimm der Pflegenotstand in Deutschland inzwischen ist. Fakt ist: Es gibt natürlich zahlreiche Altenheime, in denen die Bewohner und Bewohnerinnen vernünftig behandelt werden. Doch die Zahlen zeigen, dass sich die Situation immer weiter verschärft. Christine Vogler vom Deutschen Pflegerat warnte etwa davor, dass bis zum Jahr 2034 voraussichtlich 500.000 Pflegekräfte fehlen werden. Der Grund: Die Bevölkerung wird immer älter, sodass von Jahr zu Jahr mehr Pflegekräfte benötigt werden. 2049 könnten laut Statistik schon bis zu 700.000 Pflegekräfte fehlen.

Hinzu kommt: Der Beruf ist zu unattraktiv. „Gleichzeitig gibt es aufgrund des demografischen Wandels immer weniger Menschen, die arbeiten oder eine Ausbildung in der Pflege beginnen“, sagt Vogler. Auf immer mehr pflegebedürftige Menschen kommen also immer weniger Pfleger. Schon jetzt fehlen demnach rund 115.000 Pflegekräfte. Die Regierung müsse dringend mehr Anreize schaffen, damit Menschen den Beruf ergreifen.

Haben auch Sie schlechte Erfahrungen in Pflegeheimen gesammelt? Erzählen Sie uns davon! Wir freuen uns über Ihre Zuschriften an leser-bk@berlinerverlag.com.