Harold Bride und Jack Phillips

Horrornacht im Ozean: Die Funker der „Titanic“ kämpften bis zum Schluss

Vor 113 Jahren ging die „Titanic“ unter, 1500 Menschen starben. Die Funker Harold Bride und Jack Phillips kämpften bis zum bitteren Ende.

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Jack Phillips und Harold Bride waren die Funker der „Titanic“. Sie hielten bis zum Untergang des Schiffes die Stellung – und riefen Hilfe.
Jack Phillips und Harold Bride waren die Funker der „Titanic“. Sie hielten bis zum Untergang des Schiffes die Stellung – und riefen Hilfe.TT/imago, United Archives International/imago, Wikipedia

Vor 113 Jahren rammte die „Titanic“ bei ihrer Überfahrt von England nach Amerika einen Eisberg und versank im Atlantischen Ozean – rund 1500 Menschen kamen bei der Tragödie ums Leben. Im Verlauf der Katastrophe gehörten zwei Männer zu den wichtigsten Personen an Bord: Harold Bride und Jack Phillips arbeiteten als Funker auf dem Luxusdampfer. Sie waren es, die in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 Notrufe von der „Titanic“ absetzten. Bis zum Schluss blieben die beiden ein Team – und wurden erst zerrissen, als das Schiff sank. Wir erzählen die dramatische Geschichte der Funker der „Titanic“.

Rund 1500 Menschen kamen beim Untergang der „Titanic“ ums Leben

Noch heute fasziniert der Untergang der „Titanic“ viele Menschen auf der ganzen Welt – zahlreiche Mythen und Legenden ranken sich um das wohl berühmteste Schiffsunglück der Geschichte. Das liegt sicher auch an der Verfilmung von Regisseur James Cameron – er machte die Katastrophe, bei der im April 1912 rund 1500 Menschen starben, zum Blockbuster. Fakt ist: Jeder, der den schrecklichen Untergang des Schiffes erlebte, hätte eine eigene Geschichte zu erzählen. Nicht nur die Passagiere, sondern auch die Menschen, die bis zum Schluss um Rettung kämpften – wie Harold Bride und Jack Phillips.

Bei ihrer Jungfernfahrt befanden sich 1317 Passagiere und 891 Besatzungsmitglieder an Bord der „Titanic“ – insgesamt 1500 Menschen kamen beim Untergang des Schiffes ums Leben.
Bei ihrer Jungfernfahrt befanden sich 1317 Passagiere und 891 Besatzungsmitglieder an Bord der „Titanic“ – insgesamt 1500 Menschen kamen beim Untergang des Schiffes ums Leben.United Archives/imago

Sie waren als Funker an Bord der „Titanic“ beschäftigt, regelten den gesamten Funkverkehr des Luxusdampfers. Harold Bride war gerade 22 Jahre alt, als er auf der „Titanic“ als Funker im Einsatz war, sein Kollege Jack Phillips war 23. Die beiden arbeiteten in Schichten, wechselten sich regelmäßig ab. Laut Berichten arbeitete Harold Bride von 2 Uhr in der Nacht bis 8 Uhr am Morgen, außerdem übernahm er die Schicht von 14 Uhr bis 20 Uhr. Sein Kollege Jack Phillips übernahm die Zeiten zwischen diesen Schichten.

Funker der „Titanic“: Bei Harold Bride und Jack Phillips gingen Eiswarnungen ein

Bei den Funkern gingen im Verlauf der Fahrt der „Titanic“ unter anderem zahlreiche Eiswarnungen ein, die die Schiffsführung aber nicht ernst nahm. Man glaubte damals, die „Titanic“ sei unsinkbar. Einen Eisberg, der groß genug sei, um das Luxusschiff sinken zu lassen, müsse man rechtzeitig sehen und könne ihm ausweichen. Ein fataler Irrtum: Gegen 23.40 Uhr in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 kam es zum Crash mit einem Eisberg, der zur Folge hatte, dass sich der Rumpf des Schiffes rasch mit Wasser füllte.

Nicht nur für die Passagiere, auch für die Funker Harold Bride und Jack Phillips begann eine dramatische Nacht. Bride – er überlebte den Untergang der „Titanic“ – erinnerte sich später, dass er den Zusammenstoß mit dem Eisberg gar nicht gespürt habe. „Es gab überhaupt keinen Ruck“, sagte er später. „Ich stand neben Phillips und sagte ihm, er solle schlafen gehen, als der Kapitän den Kopf in die Kabine steckte.“ Er habe gesagt, die „Titanic“ sei mit einem Eisberg zusammengestoßen – und die Funker sollten sich darauf vorbereiten, ein Notsignal zu senden.

So sah es in der Funkerkabine der „Titanic“ aus. Hier arbeiteten Harold Bride und Jack Phillips, die beiden Funker der „Titanic“.
So sah es in der Funkerkabine der „Titanic“ aus. Hier arbeiteten Harold Bride und Jack Phillips, die beiden Funker der „Titanic“.United Archives/imago

Ab diesem Zeitpunkt waren beide gleichzeitig im Funkraum und versuchten, Kontakt mit anderen Schiffen im Umfeld aufzunehmen. Phillips nutzte dafür zunächst das bis dahin übliche Notsignal CQD. Doch Bride gab ihm einen Hinweis: Zu dem Zeitpunkt setzte sich nach und nach das neue Notsignal SOS durch. „Senden Sie SOS“, sagte ich. „Das ist der neue Notruf, und es könnte unsere letzte Chance sein, ihn zu senden.“ Lachend habe Jack Phillips daraufhin das Notsignal auf SOS geändert.

Den ersten Notruf sendeten die Funker der „Titanic“ um 0.27 Uhr

Die Funker der „Titanic“ sendeten den ersten Notruf laut Protokollen um 0.27 Uhr, es folgten zahlreiche Notrufe an Schiffe, die sich in der Nähe befanden. Einige erhielten die Notrufe und antworteten, doch die meisten waren zum Zeitpunkt des Untergangs der „Titanic“ zu weit entfernt. Die „Carpathia“ machte sich auf den Weg – das Schiff nahm nach dem Untergang die Rettungsboote mit den Überlebenden auf. Aber: Was wurde mit den Funkern, die in der kurzen Zeit nach dem Zusammenstoß mit dem Eisberg verzweifelt versuchten, Hilfe von anderen Schiffen zu organisieren?

Um 2 Uhr in der Nacht kam der Kapitän, entband die Funker der „Titanic“ von ihren Aufgaben

Laut Überlieferung soll der Kapitän der „Titanic“ gegen 2 Uhr in der Nacht noch einmal in die Funkerkabine gekommen sein, um Jack Phillips und Harold Bride offiziell von ihren Aufgaben zu entbinden. Sie blieben trotzdem vor Ort. Bride ging zwischendurch an Deck, sah sich dort um. „Wie der arme Phillips es durchhielt, weiß ich nicht. Er war ein tapferer Mann. Ich lernte ihn in dieser Nacht lieben“, sagte Bride später. Er werde Phillips’ Arbeit in den letzten schrecklichen 15 Minuten vor dem Untergang der „Titanic“ nie vergessen.

Nur rund 700 Menschen schafften es in eines der Rettungsboote. 1500 stürzten beim Untergang der „Titanic“ ins eiskalte Wasser und erfroren – auch Jack Phillips, einer der Funker der „Titanic“.
Nur rund 700 Menschen schafften es in eines der Rettungsboote. 1500 stürzten beim Untergang der „Titanic“ ins eiskalte Wasser und erfroren – auch Jack Phillips, einer der Funker der „Titanic“.Future Image/imago

Als Wasser in die Funkerkabine eindrang, mussten die Männer ihren Platz verlassen. Gemeinsam begaben sie sich an Deck. Sie sollen das Faltboot B erreicht haben, eines der letzten Rettungsboote – als das Wasser immer weiter stieg, wurde dieses Boot von seiner Position auf dem Dach der Offizierskabinen weggerissen. Bride konnte sich einen Platz auf dem Boot sichern, doch Phillips blieb im Wasser. Er überlebte den Untergang der „Titanic“ nicht, sondern erfror wie Hunderte andere Menschen im eiskalten Atlantik.

„Ich hatte das Gefühl, ich musste einfach weg vom Schiff“, sagte er später. „Es bot damals einen wunderschönen Anblick. Rauch und Funken schossen aus dem Schornstein. Es musste eine Explosion gegeben haben, aber wir hörten nichts. Wir sahen nur den großen Funkenstrom. Das Schiff drehte sich langsam auf die Nase, genau wie eine Ente, die zum Tauchgang übergeht.“ Gegen 2.20 Uhr in der Nacht versank die „Titanic“ im Atlantik. Harold Bride schaffte es mit dem Rettungsboot an Bord der „Carpathia“, zog sich allerdings schwere Verletzungen und Erfrierungen an den Füßen und Beinen zu. Alte Aufnahmen zeigen, wie er an Bord der „Carpathia“ von zwei Helfern beim Heruntergehen einer Treppe unterstützt wird. Bride leistete später noch einen wichtigen Anteil zur Aufklärung der Tragödie. Später lebte er in Schottland, starb 1956 an Lungenkrebs.

Die Geschichte der Funker der „Titanic“ ist nur eine von vielen

Die Geschichte der beiden Funker von der „Titanic“ ist nur eine von vielen, die sich in jener Nacht ereigneten – jeder der mehr als 2200 Passagiere hatte eine eigene Story, erlebte eine ganz eigene Version der Horrornacht. Wallace Hartley etwa, der Geiger der „Titanic“, nahm sein geliebtes Instrument mit in den Tod. Michel und Edmond Navratil wurden von ihrem Vater entführt, er wollte sie mit der „Titanic“ nach Amerika bringen. Und berühmt wurde auch die Geschichte der „Addergoole 14“ – 14 Menschen aus Irland, die gemeinsam in ein neues Leben reisen wollten. Nur drei von ihnen überlebten den Untergang der „Titanic“. ■