„Überall trieben Leichen“

Schock-Bericht von der Titanic: So erlebten Passagiere den Untergang

Genau 113 Jahre ist es her, dass das Schiff der Träume im Atlantik versank. Frank Prentice war an Bord der Titanic, als das Schiff den Eisberg rammte.

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In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 rammte die Titanic einen Eisberg und versank im Atlantik. Rund 1500 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben. Dieses Gemälde zeigt den Untergang des stolzen Passagierdampfers.
In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 rammte die Titanic einen Eisberg und versank im Atlantik. Rund 1500 Menschen kamen bei dem Unglück ums Leben. Dieses Gemälde zeigt den Untergang des stolzen Passagierdampfers.ZUMA Press Wire/imago

Es ist mehr als ein Jahrhundert vergangen, seit die Titanic bei ihrer Jungfernfahrt von Großbritannien nach Amerika mitten auf dem Atlantik einen Eisberg rammte und in den Fluten versank. In der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 ereignete sich die Tragödie, jährt sich also aktuell zum 113. Mal. Rund 1500 Menschen kamen ums Leben – die hohe Zahl der Toten macht das Unglück noch heute zu einem der tragischsten und populärsten in der Geschichte der Seefahrt. Die Zeitzeugen, die damals an Bord des Schiffes waren, sind inzwischen alle verstorben. Doch ihre Berichte leben weiter. Und geben noch heute Einblicke in die Nacht des Schreckens an Bord der Titanic. Der Titanic-Überlebende Frank Prentice berichtete beispielsweise immer wieder ausführlich davon, wie er die Nacht erlebte. Wir erzählen seine Geschichte.

Rätsel der Horror-Nacht: Wie erlebten die Passagiere der Titanic den Untergang?

Dass der Untergang der Titanic noch heute Millionen Menschen auf der ganzen Welt fasziniert – es liegt auch am berühmten Blockbuster „Titanic“ von Regisseur Jahres Cameron. Der Film erzählte von den Ereignissen an Bord des Schiffes: Bei klarer Nacht rammte die Titanic in der Nacht vom 14. auf den 15. April 1912 einen Eisberg, versank dann binnen kürzester Zeit im Atlantik. Rund 1500 Menschen kamen ums Leben, weil es an Bord des damals luxuriösesten Schiffes der Welt nicht ausreichend Rettungsboote gab. Nur: Wie erlebten die Menschen an Bord der Titanic den Untergang?

Frank Prentice gehörte zu denen, die auf dem Schiff arbeiteten: Er war 23 Jahre alt, als er auf dem Luxus-Liner anheuerte. Als Hilfszahlmeister war er für Geld und Vorräte an Bord zuständig. 67 Jahre nach dem Untergang wurde Prentice für eine Dokumentation der BBC interviewt – und berichtete eindringlich von der nackten Angst, die an Bord des Schiffes herrschte. Der Beginn der Katastrophe verlief dabei regelrecht friedlich. „Es gab keinen richtigen Aufprall“, sagte Prentice. „Es war, als ob man die Bremsen eines Autos betätigt hätte. Das war’s.“ Das Schiff habe einfach angehalten.

Frank Prentice erzählte in vielen Interviews, was er in der Nacht des Untergangs erlebte. Er arbeitete im Alter von 23 Jahren auf der Titanic.
Frank Prentice erzählte in vielen Interviews, was er in der Nacht des Untergangs erlebte. Er arbeitete im Alter von 23 Jahren auf der Titanic.Youtube

Frank Prentice war zum Zeitpunkt der Kollision unter Deck, schaute durch ein Bullauge. „Der Himmel war klar und die Sterne leuchteten, das Meer war totenstill und ich verstand nicht, was passiert war.“ Er ging an Deck, sah von dort etwas Eis. Doch einen Eisberg oder Schäden am Schiff seien im ersten Moment nicht erkennbar gewesen. Was er da noch nicht wusste: Die Titanic war am Eisberg entlang geschrammt, die Schäden am Rumpf des Schiffes waren katastrophal. Unaufhaltsam drang da bereits Wasser in den Rumpf des Schiffes ein. Und der Schiffsführung wurde schnell klar, dass das angeblich unsinkbare Schiff dem Untergang geweiht war – und dass Hunderte Menschenleben auf dem Spiel standen.

Passagiere glaubte in der Todesnacht nicht, dass die Titanic sinken kann

Viele Passagiere hätten allerdings nicht daran geglaubt, dass das Schiff untergehen konnte. Man hatte es zuvor als „unsinkbar“ beworben – und auch nach dem Aufprall zeichnete sich nicht ab, dass eine Tragödie bevorstehen sollte. Denn: Wer vom Deck der Titanic nach unten blickte, sah einen mehr als 20 Meter tiefen Abgrund. Trotz des Befehls, Frauen und Kinder in die Rettungsboote zu bringen, hielten sich viele Passagiere deshalb zunächst zurück.

Die Titanic war zum damaligen Zeitpunkt das luxuriöseste Passagierschiff der Welt, galt als unsinkbar. Doch bei der Überfahrt über den Atlantik kam es zur Tragödie.
Die Titanic war zum damaligen Zeitpunkt das luxuriöseste Passagierschiff der Welt, galt als unsinkbar. Doch bei der Überfahrt über den Atlantik kam es zur Tragödie.ZUMA Press Wire/imago

Doch den Menschen, die an Bord arbeiteten, wurde die Lage nach und nach klarer. Prentice und mehrere Kollegen seien angewiesen worden, möglichst viel Proviant zu holen. Sie stiegen hinab – und als sie wenig später wieder an Deck ankamen, hatte das Schiff bereits Schlagseite. Auch unter den Passagieren brach nach und nach Panik aus – auch, als die Menschen aus der dritten Klasse an Deck kamen. Der Untergang erreichte seinen schrecklichen Höhepunkt, als die Titanic in zwei Teile zerbrach. „Plötzlich hob sich die Titanic sehr schnell – und man könnte hören, wie sie zerbrach“, berichtete Prentice.

Untergang der Titanic: Überall trieben Leichen im eiskalten Wasser des Atlantik

Er habe sich zunächst an ein Brett geklammert, sei dann ins Wasser gesprungen. Mit einem fürchterlichen Knall sei er auf dem Wasser aufgeschlagen. Überall seien da bereits Leichen im eiskalten Wasser des Atlantik getrieben. Er schwamm weg, sah den Untergang des Schiffes. Er habe nicht sterben wollen, habe sich selbst aber keine großen Überlebenschancen ausgerechnet. Dann sein großes Glück: „Ich fror allmählich ein, aber durch Gottes Gnade stieß ich auf ein Rettungsboot, und sie zogen mich hinein“, sagte Frank Prentice. Dort traf er auf eine Passagierin, die er zuvor überredet hatte, in ein Rettungsboot zu steigen. Sie hüllte ihn in einen Mantel ein, was dem durchgefrorenen Prentice vermutlich das Leben rettete.

Eingefrorene Armbanduhr wurde zum schrecklichen Andenken an die Titanic

Die Erinnerungen an das Unglück gab er Zeit seines Lebens in Form von Interviews weiter, berichtete immer wieder von der Nacht des Schreckens. Richtig verarbeiten konnte er sie nie. „Man liegt nachts im Bett und die ganze Geschichte kommt wieder.“ Und auch ein Andenken hob er auf: Eine Armbanduhr, die er in der Nacht des Untergangs der Titanic getragen hatte. Die Zeit, die sie zeigte – 02.20 Uhr – blieb buchstäblich eingefroren, weil die Uhr im kalten Wasser den Geist aufgab. „Sie war eingefroren wie ich – ich glaube, sie hielt etwa 20 Minuten im Wasser durch“, sagte er. Auch nach der Tragödie heuerte Prentice außerdem weiter auf Schiffen an. Der Überlebende der Titanic starb 1982 im Alter von 93 Jahren. ■