Immer mehr Trümmer tauchen auf

„Menschenleben gefährdet“: Lenkte Russland die Drohnen gezielt nach Polen?

In Polen wurden bisher die Trümmer von mindestens zwölf Flugobjekten gefunden. Politiker sind sicher: Der Zwischenfall war kein Versehen.

Author - Berliner KURIER
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Immer mehr Trümmerteile russischer Drohnen werden in Polen gefunden. Lenkte Russland die Flugobjekte mit absicht ins deutsche Nachbarland?
Immer mehr Trümmerteile russischer Drohnen werden in Polen gefunden. Lenkte Russland die Flugobjekte mit absicht ins deutsche Nachbarland?Eastnews/imago

Dieser Zwischenfall sorgt politisch für Zündstoff – denn er sorgt dafür, dass sich die NATO plötzlich mitten im Krieg zwischen Russland und der Ukraine befindet: Mehr als ein Dutzend Drohnen sind nach Angaben der polnischen Armee während Angriffen von Russland auf die Ukraine in den Luftraum über Polen eingedrungen. Die Armee suchte nach Trümmern – und Vertreter der NATO-Staaten berieten auf Antrag Polens in Brüssel über die Ereignisse. Derweil sind Experten sicher, dass Russland die Drohnen gezielt in Deutschlands Nachbarland steuerte.

Ermittler fanden bisher Reste von mindestens zwölf russischen Drohnen

Es gebe keinen Anlass zu vermuten, dass es sich um Kurskorrekturfehler handele, sagte etwa Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) im Bundestag. „Diese Drohnen sind ganz offenkundig gezielt auf diesen Kurs gebracht worden. Um in die Ukraine zu fliegen, hätten sie diesen Weg nicht fliegen müssen“, sagte er. „Sie waren offenkundig, so die Ansagen aus Polen, auch entsprechend munitioniert. Es hätte also auch jederzeit etwas passieren können.“

Darauf wies auch Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hin. „Russland hat Menschenleben in einem Staat gefährdet, der der NATO und der EU angehört“, sagte der CDU-Chef. „Die Bundesregierung verurteilt dieses aggressive russische Vorgehen auf das Schärfste.“ Merz sagte auch, das Vorgehen Russlands reihe sich ein in eine lange Kette aus Provokationen im Ostseeraum und an der Ostflanke der NATO.

„Diese Drohnen sind ganz offenkundig gezielt auf diesen Kurs gebracht worden. Um in die Ukraine zu fliegen, hätten sie diesen Weg nicht fliegen müssen“, sagt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius.
„Diese Drohnen sind ganz offenkundig gezielt auf diesen Kurs gebracht worden. Um in die Ukraine zu fliegen, hätten sie diesen Weg nicht fliegen müssen“, sagt Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius.Christian Spicker/imago

Bis zum Abend haben Ermittler laut Behörden die Trümmer von mehr als einem Dutzend Drohnen gefunden. Die Bezirksstaatsanwaltschaft in Warschau sprach von zwölf unbemannten Flugobjekten. Eines wurde in Korytnica östlich von Warschau gefunden, eine andere Drohne stürzte in Nowe Miasto ab, dicht an einer Kaserne im Südwesten der Hauptstadt. Weitere Fundstellen lagen in der Woiwodschaft Heiligkreuz und in den Gebieten von Lublin und Lodz. Regierungschef Donald Tusk sprach von 19 Verletzungen des Luftraums durch russische Drohnen.

Russische Drohnen über Polen: Bisher gibt es keine Berichte über Verletzte

Bisher gibt es keine Berichte über Verletzte. Im ostpolnischen Dorf Wyriki wurde das Dach eines Wohnhauses von Trümmern einer abgeschossenen Drohne getroffen. Verletzt wurde niemand. Der Generalstab rief die Bevölkerung auf, sich den gefundenen Trümmerteilen nicht zu nähern, sondern den Notruf zu wählen und die Polizei über den Fund zu informieren.

Das russische Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe zurück. „Es waren keine Objekte zur Zerstörung auf dem Territorium Polens eingeplant“, teilte das Ministerium bei Telegram mit. „Die maximale Flugreichweite der bei dem Angriff eingesetzten russischen Drohnen, die angeblich die Grenze zu Polen überquert haben sollen, beträgt nicht mehr als 700 Kilometer“, hieß es weiter. Dennoch sei man bereit, zu diesem Thema mit dem polnischen Verteidigungsministerium Beratungen zu führen.