Sonntag das letzte Saisonspiel, die letzte Auswärtsreise zum VfL Osnabrück (15.30 Uhr), die letzte Heimreise mit der Mannschaft zurück nach Berlin. Für Trainer Pal Dardai (48) ist bei Hertha BSC Schluss. Das bestätigte Sonnabend der Klub offiziell, obwohl es schon länger ein offenes Geheimnis war. Kein Aufstieg, trotzdem ist Dardai mit dieser Zweitliga-Saison zufrieden. Jetzt spricht er zum ersten Mal über seine größte Befürchtung in der Spielzeit. Es geht um die Abstiegsangst nach dem tragischen Tod des jungen Präsidenten Kay Bernstein (42) im Januar.
Dardai spricht es als Erster im Klub ganz offen an, was in den Wintermonaten viele Fans nach dem Tod Bernsteins und dem Schockzustand im ganzen Klub befürchteten. Er nennt nicht Bernsteins Namen, sondern sagt nur: „Und dann kommt so ein Schicksalsschlag. Da bin ich froh, dass wir nicht so abgekippt sind, dass du sogar gegen den Abstieg spielst.“
Vier Spiele unter Schock
Nach dem denkwürdigen Trauerspiel, dem 2:2 gegen Düsseldorf, dem 1:3 in Wehen Wiesbaden, dem 1:3 Pokal-Aus gegen Kaiserslautern und dem 1:2 gegen den HSV konnte Hertha wieder gewinnen. Nach einem 2:1 in Fürth war die Beklemmung, die Trauerarbeit im ersten Schritt im Team abgeschlossen. Es waren nur vier Spiele, nicht mal vier Wochen ohne Sieg.
Um die menschliche Tragweite zu begreifen, lohnt sich ein Vergleich: Hannover 96 erlitt im November 2009 durch den Freitod von Torwart Robert Enke genau den gleichen Schock. Das Team aus Niedersachsen war danach vier Monate wie gelähmt – zwölf Spiele ohne Sieg. Von Platz 10 runtergerutscht in Abstiegskampf. Erst am letzten Spieltag konnte Hannover den Klassenerhalt sichern.
Enkes Tod und die Hannover-Krise danach
Bei der Beurteilung dieser Hertha-Saison sollte das ein Faktor sein. Deswegen kommt auch Dardai zu seinem Fazit: „Ich bin sehr zufrieden mit der Saison. Die ersten zwei Monate waren fast für die Mülltonne. Dann musst du vieles umstellen im Team. Die Jungs haben sehr gut mitgemacht. Es hat funktioniert. Dann kommt die Winterpause, da haben wir uns auf einiges eingeschworen.“
Ja, Hertha wollte oben angreifen, im Aufstiegskampf mitmischen. Doch vor dem Rückrundenstart starb Bernstein. Der scheidende Coach geht jetzt mit einem guten Gefühl: „Ich habe im Sommer Teamgeist versprochen, eine Mannschaft, die läuft und nicht faul ist. Ich habe offensiven Fußball versprochen. Wir können jetzt in der Zweiten Liga am letzten Spieltag noch die meisten Tore holen und Haris Tabakovic bekommt vielleicht die Torjägerkanone dazu.“
Differenzen zwischen Dardai und Bossen wegen Defensivschwäche
68 Treffer, nur Düsseldorf hat vor dem 34.Spieltag ein Tor mehr geschossen. Tabakovic erzielte bisher 22 Treffer und führt die Torjägerliste an. Das große Manko war die Defensive: 57 Gegentreffer bisher. Dardai spricht es offen an: Die Defensive hat nicht geklappt. Für mich war das defensive Verhalten nicht gut. Es waren sehr viele individuelle Fehler, was man nicht coachen kann. Das ist die Qualität, die muss verbessert werden.“
Dardai-Kritiker sehen das anders und behaupten, dass der Trainer die Spieler in der Defensive hätte besser machen müssen. Für den Coach waren einige Spieler nicht gut genug. Besonders die Sechser vor der Abwehr. Die im Sommer geholten Andreas Bouachalakis und Bilal Hussein konnte nie richtig überzeugen, auch Winterzugang Aymen Barkok nicht.
Dardai bleibt dabei: „Wir im Trainerstab sind trotzdem mit unserer Arbeit sehr zufrieden. Wie die Führung das denkt, ist wieder eine andere Sache. Da sind vielleicht Differenzen. Ich sehe das so. Und ich halte dafür meinen Schädel hin.“ Ab nächste Saison dann nicht mehr… ■