Wer wird neuer Präsident?

Hertha vor Boss-Wahl! Konkurrenten sind Fabian Dreschers Wahlhelfer

Am Sonntag wählen Herthas Mitglieder den Nachfolger des verstorbenen Präsidenten Kay Bernstein. Favorit ist Interimsboss Drescher.

Author - Wolfgang Heise
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Fabian Drescher ist seit dem Tod Kay Bernsteins im  Januar kommissarischer Präsident von Hertha BSC. Sonntag will er sich offiziell zum Boss wählen lassen. Ob es klappt?
Fabian Drescher ist seit dem Tod Kay Bernsteins im Januar kommissarischer Präsident von Hertha BSC. Sonntag will er sich offiziell zum Boss wählen lassen. Ob es klappt?Imago Images/nordphoto/Engler

Hertha BSC sucht einen neuen Präsidenten. Nach dem Tod Kay Bernsteins im Januar wird der neue blau-weiße Boss am Sonntag auf der Mitgliederversammlung im City-Cube gewählt. Favorit ist Interims-Präsident Fabian Drescher (42). Vier Konkurrenten hat der Rechtsanwalt, doch in den vergangenen Wochen wurden die anderen Kandidaten eher zu seinen Wahlhelfern.

Dreschers größter Vorteil: Nach dem tragischen Tod Bernsteins übernahm er als Vize die kommissarische Leitung des Vorstands. In den zehn Monaten im provisorischen Amt hielt er den Hertha-Dampfer auf Kurs. Er und seine Kollegen haben gemacht, keiner tauchte in Fettnäpfchen. Als Freund Bernsteins will er dessen Weg weiterführen – gemeinsam und friedlich mit allen Herthanern. Die Stimmung im Verein ist einfach so: Hertha soll nach turbulenten Jahren endlich unaufgeregt arbeiten. Dafür steht Drescher. Er ist kein lauter Boss, sondern Stratege. Sein Wahlkampf ist seine Arbeit.

Seine Konkurrenten mussten die Wahltrommel anrühren. Sie wurden in den vergangenen Wochen laut – mal mit Vorwürfen, mal mit Visionen, mal mit Versprechungen. Verständlich ist es, aber damit helfen sie nur Drescher. Die Hertha-Seele will gerade solide Ruhe.

Bernstein-Witwe kritisiert Kandidat Dinnebier: „Pietätlos!“

Hauptkonkurrent Uwe Dinnebier (61), ein Autohausbesitzer, griff Drescher direkt an: „Fabian ist so weit weg von unternehmerischem Denken, wie man nur weg sein kann.“ Dann plauderte er beim RBB-Podcast „Hauptstadtderby“ aus, dass es vor Bernsteins Wahl 2022 Überlegungen gab, dass er eine Doppelspitze mit Bernstein bilden sollte. Es war eine Halbwahrheit. Bernstein und Dinnebier hatten ein Gespräch, doch Bernstein wollte keine Doppelspitze.

Daraufhin meldete sich Bernstein Witwe Eileen Bernstein-Rose im Tagesspiegel mit einem Interview: „Bei allem Respekt vor der unternehmerischen Leistung Herrn Dinnebiers: Ich bin eher fassungslos und finde es ein Stück weit pietätlos, auf dem Rücken meines verstorbenen Mannes Unwahrheiten zu verbreiten, um sich damit in ein besseres Licht zu rücken und sich besser zu positionieren.“

Sie ging dann sogar noch weiter und griff Dinnebier direkt an: „Ich finde es auch geschmacklos, wenn Herr Dinnebier sein Herzblut für Hertha mit dem von Kay vergleicht. Jeder weiß doch, wie lange und aufrichtig Kay dem Verein verbunden war und sich für diesen engagiert hat, während Herr Dinnebier Hertha gerade schlechtredet – ich finde das verantwortungslos.“ So denkt nicht nur die betroffene Witwe, so denken viele Herthaner.

Timoshin nennt Hertha einen Saustall

Brachial schimpfte auch der jüngste Kandidat, Stepan Timoshin (23), der junge Sneaker-Millionär: „In den vergangenen Jahren wurde sehr viel Geld verbrannt. Das geschah in unauffälliger Intransparenz und teilweise mit krummen Deals und alten Seilschaften. Deshalb verspreche ich: Ich werde aufräumen und diesen Saustall ausmisten.“ Damit kommt er aber zu spät angelaufen.

Die Aufräumarbeiten sind seit Sommer 2022 in vollem Gange. Der „Saustall“ ist schon ausgemistet. Vollmundig verspricht er: „Ich würde mein ganzes Vermögen in den Verein investieren, wenn es der Hertha hilft. Das Problem ist nur: Aktuell würde das Geld einfach verbrannt werden. Deshalb brauchen wir erst einmal bessere Strukturen.“ Andere Führungshierarchien und Abteilungen wurden aber auch schon seit 2022 installiert und nebenbei Herthas Insolvenz abgewendet und die Lizenz gesichert.

Brandt ist der Mann der vielen Sorrys

Dann versucht es noch Imbissbesitzer Olaf Brandt (56). Er ist beliebt bei den Fans in der Kurve, doch er hat ein schwerwiegendes Problem. Seine Kommunikation produziert immer wieder Missverständnisse. Er legte sich schon mit den Ultras an, um sich dann wieder zu entschuldigen. Vergangenes Wochenende gab er ein Video-Statement ab, weil ihm immer wieder nachgesagt wurde, dass er im Dunstkreis der Reichsbürger-Bewegung zu finden war. Glaubhaft versichert er, dass dieses nicht der Fall ist. Er war nur in einer Bürgerinitiative, die gegen die Corona-Maßnahmen protestierte. Das Video hat viele Sorrys. Ein Präsident, der sich permanent entschuldigt? Wie soll das gehen?

Am cleversten verhielt sich noch Herthas Ex-Profi Wolfgang Sidka (70). Nach der vereinsinternen Kandidaten-Vorstellung am 16. Oktober in einem Neuköllner Kino-Saal hielt er sich vornehm zurück. Das könnte ihm Sympathiepunkte bringen. ■