Kohlenmunk-Peter, Schatzhauser und Holländer-Michel

DDR-Legende „Das kalte Herz“: Erinnern Sie sich an die Märchen-Stars?

Dieses Märchen ist wunderschön und gruselig zugleich: Erinnern Sie sich an „Das kalte Herz“, den ersten Märchenfilm der DEFA? Wir blicken zurück.

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Peter Munk und der Holländer-Michel in Das kalte Herz. Vor allem Schauspieler Erwin Geschonneck machte das DEFA-Märchen zu einem der gruseligsten aus der DDR.
Peter Munk und der Holländer-Michel in Das kalte Herz. Vor allem Schauspieler Erwin Geschonneck machte das DEFA-Märchen zu einem der gruseligsten aus der DDR.Prod.DB/imago

Na, haben Sie in diesem Jahr auch schon die ersten Märchenfilme gesehen? Immerhin: Der Herbst hat begonnen, es wird früher dunkel, die ersten verregneten Abende gab es bereits. Und wer in die Märchenkiste greift, der wühlt immer wieder auch in den eigenen Kindheitserinnerungen. Vor allem die DEFA hat viele Streifen hervorgebracht, mit denen ganze Generationen aufwuchsen. Ob „Das Zaubermännchen“ oder „Frau Holle“, ob „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ oder „Der kleine Muck“. Ein besonders gruseliges Märchen bleibt vielen in Erinnerung: „Das kalte Herz“. Aber: Was wurde aus den Stars, die der besonderen Geschichte Leben einhauchten? Wir blicken zurück.

„Schatzhauser im grünen Tannenwald“: Erinnern Sie sich noch an das Märchen „Das kalte Herz“?

„Schatzhauser im grünen Tannenwald, bist schon viel hundert Jahre alt. Dir gehört all Land, wo Tannen stehn, lässt dich nur Sonntagskindern sehn.“ Wem diese Worte beim Lesen in den Ohren klingen, der ist vermutlich auch mit einem der schönsten, aber auch gruseligsten Märchen der DEFA aufgewachsen. Die Rede ist vom Film „Das kalte Herz“, erschienen im Jahr 1950. Nicht irgendein Märchen ist es, an das sich viele gern erinnern, sondern ein sehr prägendes: Die erste Märchenverfilmung, die von der DEFA erschien. Gedreht unter der Regie von Paul Verhoeven – und nach dem gleichnamigen Märchen von Wilhelm Hauff.

Die Story von „Das kalte Herz“ spielt in den Tiefen des Schwarzwaldes, von ein junger Köhler namens Peter Munk lebt, bekannt als „Kohlenmunk-Peter“. Er wohnt ohne viel Geld und sehr zurückgezogen mit seiner Mutter in einer Hütte. Im nahe gelegenen Wirtshaus wird er nur ausgelacht – was dafür sorgt, dass er davon träumt, viel Geld zu haben und von allen respektiert zu werden. Doch er hat von einer Legende gehört: Tief im Wald soll das Glasmännchen leben, das Sonntagskindern, die den berühmten Vers aufsagen können, drei Wünsche erfüllt. Kohlenmunk-Peter macht sich also auf die Reise.

Er trifft den Schatzhauser, sagt seinen Vers, der „Das kalte Herz“ so berühmt machte, und bekommt zwei Wünsche erfüllt: Peter kann plötzlich besser tanzen als der Tanzbodenkönig und hat immer so viel Geld in der Tasche wie der reiche Geschäftsmann Ezechiel. Doch er hat nicht gut genug über seine Wünsche nachgedacht: Als er eines Tages Ezechiel im Wirtshaus bei einem Würfelspiel schlägt, ist er plötzlich selbst wieder arm, weil Ezechiel kein Geld mehr in der Tasche hat. Kohlenmunk-Peter begibt sich erneut in den Wald, trifft aber dieses Mal den Holländer-Michel. Er verspricht Peter Reichtum, bekommt im Gegensatz dazu aber sein Herz und ersetzt es durch ein Herz aus Stein.

Der Schritt macht Peter zu einem schrecklichen Menschen: Er hat nur noch das Geld im Kopf, erschlägt eines Tages sogar seine Frau. Als ihm klar wird, was aus ihm geworden ist, will er seinen letzten, noch offenen Wunsch beim Glasmännlein einsetzen. Er sucht erneut den Schatzhauser auf. Doch der will, dass Kohlenmunk-Peter zuerst sein echtes Herz zurückholt, denn das kalte Herz wird ihn nicht zu einem besseren Menschen machen. Er überlistet den Holländer-Michel, bekommt vom Glasmännchen den letzten Wunsch erfüllt – und wie bei vielen Märchen wendet sich am Ende alles zum Guten.

Diese Schauspiel-Stars aus der DDR hauchten dem Märchen „Das kalte Herz Leben“ ein

Leben eingehaucht wurde der Geschichte von „Das kalte Herz“ vor allem durch die tollen Schauspieler. Allen voran Lutz Moik, der die Rolle des Peter Munk spielte. Die Märchen-Verfilmung sorgte für seinen Durchbruch – und bescherte ihm danach etliche weitere Rollen in anderen Filmen. Moik wurde in Berlin geboren, spielte schon als Kind in Filmen mit. Nach dem Zweiten Weltkrieg arbeitete er, damals 15 Jahre alt, als Sprecher für Hörpiele, studierte später Kunstgeschichte und nahm Schauspielunterricht. Nach ersten Filmen wie „1-2-3-Corona“ (1948) und „Bürgermeister Anna“ (1950) bekam er die Rolle für „Das kalte Herz“. Damals war er 19 Jahre alt.

Peter Munk (Lutz Moik) und Lisbeth (Hanna Rucker) im DDR-Märchenfilm Das kalte Herz.
Peter Munk (Lutz Moik) und Lisbeth (Hanna Rucker) im DDR-Märchenfilm Das kalte Herz.United Archives/imago

Der Film machte ihn bekannt, denn: „Das kalte Herz“ war nicht nur der erste Märchenfilm der DEFA, sondern auch der erste deutsche Farbfilm der Nachkriegszeit. Es folgten etliche Rollen, die er für Filme oder im Theater übernahm. Zu sehen war er unter anderem in „Der eiserne Gustav“ (1958) mit Heinz Rühmann, in der Serie „Till, der Junge von nebenan“ und in Produktionen wie „Drüben bei Lehmanns“, „Ein Herz und eine Seele“ und „Timm Thaler“. In den 80er-Jahren erkrankte er an Multipler Sklerose, konnte dadurch seinen Beruf nicht mehr wie vorher ausüben. Er arbeitete als Synchronsprecher, spielte noch kleinere Rollen, für die er im Rollstuhl sitzen konnte. Lutz Moik starb am 4. Juli 2002 im Alter von 71 Jahren.

Hanna Rucker spielte Lisbeth in „Das kalte Herz“ – und verstarb mit nur 59 Jahren in England

An seiner Seite im Film: Hanna Rucker, die das Schwarzwaldmädchen Lisbeth spielte. Auch sie erlebte dank „Das kalte Herz“ ihren Durchbruch. Vorher hatte sie in den Münchner Kammerspielen, im Schloßpark-Theater und im Schillertheater in Berlin auf der Bühne gestanden. Außerdem spielte sie in mehreren Filmproduktionen mit. Es folgten Filme wie „Die Stimme des Anderen“ (1952), „Unter den Sternen von Capri“ (1954), der Fernsehfilm „Das heiße Herz“ und „Die Hochzeit des Figaro“ von 1956. Im gleichen Jahr beendete sie ihre Karriere in Film und Fernsehen. Hanna Rucker zog später nach England, starb dort im Juli 1982 im Alter von nur 58 Jahren.

Das kalte Herz gehört zu den großen Märchen-Klassikern der DEFA. Hier:  Peter Munk trifft das Glasmännchen im Wald.
Das kalte Herz gehört zu den großen Märchen-Klassikern der DEFA. Hier: Peter Munk trifft das Glasmännchen im Wald.DEFA Stiftung/Erich Kilian

Auch zwei andere Schauspiel-Stars waren für den Erfolg von „Das kalte Herz“ wichtig: Paul Bildt spielte das Glasmännchen – auch Schatzhauser genannt – und sein Kollege Erwin Geschonneck den gruseligen Holländer-Michel. Beide hatten zum Zeitpunkt der Produktion von „Das kalte Herz“ schon an etlichen Produktionen mitgewirkt. Paul Bildt schon ab 1910 in Stummfilmen, später in „Am seidenen Faden“ (1938), „Unser Fräulein Doktor“ (1940) und „Irgendwo in Berlin“. Auch nach „Das kalte Herz“ folgten viele Filme, darunter „Himmel ohne Sterne“ von 1955. Im Jahr 1957 starb Bildt in West-Berlin, ein Jahr nach seinem letzten Film. Er wurde in Dahlem beigesetzt.

Auch Erwin Geschonneck war und ist vielen ein Begriff, gehörte er doch zu den erfolgreichsten und bekanntesten Schauspielern der DDR. Er hatte 1931 im Alter von 25 Jahren seinen ersten Auftritt in „Kuhle Wampe oder: Wem gehört die Welt?“ Nach dem Zweiten Weltkrieg – Geschonneck war 1939 in Prag verhaftet und an die Gestapo ausgeliefert wurden, erlebte dramatische Zeiten in den Konzentrationslagern der Nazis – arbeitete er als Schauspieler an den Hamburger Kammerspielen und später am Berliner Ensemble. Mit dem Streifen „Der Biberpelz“ begann er seine DEFA-Karriere. Erliche Produktionen folgten, darunter „Nackt unter Wölfen“, „Karbid und Sauerampfer“ und „Jakob der Lügner“ – letzterer wurde als einziger Film der DEFA für einen Oscar nominiert. Bis zu seinem Tod lebte Geschonneck am Berliner Alexanderplatz, er starb im März 2008. ■